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ÜBERWACHUNG, OBSERVATION

Telefonüberwachung


1. Texte zum Thema
2. Rechtsgrundlagen der Observierung
3. Telefonüberwachung
4. Konkrete Fälle von Überwachungen und Folgestreitereien
5. Wie erkennt mensch Observierung?
6. Gegenmaßnahmen bei Wanzen, Richtmikrofonen und Co.
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Auskünfte von Verbindungsdaten

Aus den Leitsätzen zum Urteil des Ersten Senats vom 12. März 2003 - 1 BvR 330/96 und 1 BvR 348/99 -
Richterliche Anordnungen gegenüber Telekommunikationsunternehmen, im Rahmen der Strafverfolgung Auskunft über die für Abrechnungszwecke bereits vorhandenen oder in Durchführung einer Zielwahlsuche zu ermittelnden Verbindungsdaten zu erteilen, greifen in das Fernmeldegeheimnis des von der Auskunft Betroffenen ein.
Derartige Eingriffe sind nur gerechtfertigt, wenn sie zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich sind, hinsichtlich der ein konkreter Tatverdacht besteht und wenn eine hinreichend sichere Tatsachenbasis für die Annahme vorliegt, dass der durch die Anordnung Betroffene mit dem Beschuldigten über Telekommunikationsanlagen in Verbindung steht.


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Aus dem Urteil des Ersten Senats vom 12. März 2003 - 1 BvR 330/96 und 1 BvR 348/99 -
Vom Schutz des Fernmeldegeheimnisses sind nicht nur die Kommunikationsinhalte, sondern auch die näheren Umstände der Telekommunikation erfasst, die hier Gegenstand der Auskunftserteilung nach § 12 FAG, § 100 a StPO gewesen sind. Das Fernmeldegeheimnis schützt zwar in erster Linie den Kommunikationsinhalt, umfasst aber ebenso die Kommunikationsumstände. Dazu gehört insbesondere, ob, wann und wie oft zwischen welchen Personen oder Endeinrichtungen Telekommunikationsverkehr stattgefunden hat oder versucht worden ist (vgl. BVerfGE 67, 157 (172); 85, 386 (396)). Auch insoweit darf der Staat grundsätzlich keine Kenntnis nehmen. Das Grundrecht will die Bedingungen einer freien Telekommunikation aufrechterhalten. Die Nutzung des Kommunikationsmediums soll in allem vertraulich möglich sein (vgl. BVerfGE 100, 313 (358)). Mit der grundrechtlichen Verbürgung der Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses soll vermieden werden, dass der Meinungs- und Informationsaustausch mittels Telekommunikationsanlagen deswegen unterbleibt oder nach Form und Inhalt verändert verläuft, weil die Beteiligten damit rechnen müssen, dass staatliche Stellen sich in die Kommunikation einschalten und Kenntnisse über die Kommunikationsbeziehungen oder Kommunikationsinhalte gewinnen (vgl. BVerfGE 100, 313 (359)).
Art. 10 Abs. 1 GG begegnet Gefahren für die Vertraulichkeit von Mitteilungen, die aus dem Übermittlungsvorgang einschließlich der Einschaltung fremder Übermittler entstehen. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 GG umfasst sämtliche mit Hilfe der Telekommunikationstechniken erfolgenden Übermittlungen von Informationen, unabhängig davon, wer Betreiber der Übertragungs- und Vermittlungseinrichtungen ist (vgl. BVerfG, NJW 2002, S. 3619 (3620)). ...
Gerichtliche Entscheidungen, die es den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, sich auf Grund des vorhandenen umfassenden Datenmaterials detaillierte Kenntnis von den Umständen der Telekommunikation eines Betroffenen zu verschaffen, greifen in den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses ein. Solche Verbindungsdaten werden bei der digitalisierten Kommunikation automatisch und generell festgehalten und müssen deswegen nicht speziell für Zwecke der Strafverfolgung erfasst werden. Durch die Übermittlung solcher Daten erlangen die Strafverfolgungsorgane Kenntnis von den Umständen der Telekommunikation. Dies ermöglicht - sofern die Daten sich wie vorliegend auf ISDN- oder Mobilfunkanschlüsse beziehen - ein detailliertes Bild über die erfolgten Kommunikationsvorgänge. Umfasst sind unter anderem die Rufnummer des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung, Beginn und Ende der Verbindung nach Tag und Uhrzeit sowie sonstige zum Aufbau, zur Aufrechterhaltung und Abrechnung der Verbindung notwendigen Informationen. Da sich Auskunftsverlangen nach § 12 FAG nicht darauf zu beschränken haben, ob ein bestimmter als verdächtig angesehener telefonischer Kontakt stattgefunden hat, werden regelmäßig sämtliche in dem betreffenden Zeitraum angefallenen Verbindungsdaten, die der Zielperson zuzuordnen sind, übermittelt. Werden Verbindungsdaten von Mobilfunktelefonen herausgegeben, zählt zu den Verbindungsdaten auch die Funkzelle, über die eine Verbindung abgewickelt wird. Damit lässt sich rekonstruieren, an welchem Ort der Teilnehmer sich zum Zeitpunkt der Herstellung der betreffenden Verbindung aufgehalten hat. ...
Die gemäß § 12 FAG und §§ 100 a, 100 b StPO angeordneten Auskünfte über die Verbindungsdaten des Telekommunikationsverkehrs verfolgten den legitimen öffentlichen Zweck der Aufklärung und Verfolgung schwerer Straftaten. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung hervorgehoben, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet (vgl. BVerfGE 29, 183 (194); 77, 65 (76); 80, 367 (375); 100, 313 (388 f.)).


Aus dem Urteil des BVerfG, 2 BvR 2151/06 vom 30.4.2007, Absatz-Nr. (1 - 25)
1. a) Mit dem angeordneten Zugriff auf die Inhalte der Kommunikation ist der Schutzbereich von Art. 10 Abs. 1 GG betroffen. Das Fernmeldegeheimnis schützt die unkörperliche Übermittlung von Informationen an individuelle Empfänger mit Hilfe des Telekommunikationsverkehrs (vgl. BVerfGE 67, 157 (172); 106, 28 (35 f.); 115, 166 (182)). Mit der grundrechtlichen Verbürgung der Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses soll vermieden werden, dass der Meinungs- und Informationsaustausch mittels Telekommunikationsanlagen deswegen unterbleibt oder nach Form und Inhalt anders verläuft, weil die Beteiligten damit rechnen müssen, dass staatliche Stellen sich in die Kommunikation einschalten und Kenntnisse über die Kommunikationsbeziehungen oder Kommunikationsinhalte gewinnen (vgl. BVerfGE 100, 313 (359); 107, 299 (313)).
b) Mit der angegriffenen Anordnung der Abhörmaßnahme wurde in das Fernmeldegeheimnis eingegriffen, weil sich staatliche Stellen ohne Zustimmung des Beschwerdeführers und sonstiger Beteiligter Kenntnis von dem Inhalt und den Umständen der fernmeldetechnisch vermittelten Kommunikationsvorgänge verschafft haben.


Kriterium: Intensität der Straftat
Aus dem Urteil des Ersten Senats vom 12. März 2003 - 1 BvR 330/96 und 1 BvR 348/99 -
Hinsichtlich der Schwere der Straftat hat der Gesetzgeber nunmehr in § 100 g StPO eine Konkretisierung vorgenommen, die dem rechtsstaatlichen Anliegen einer Begrenzung der Erhebung von Verbindungsdaten dient. Das Vorliegen einer Katalogtat im Sinne von § 100 a Satz 1 StPO ist danach zwar nicht unbedingte Voraussetzung der Anordnung, aber als bedeutsamer Anwendungsfall für eine Straftat von erheblicher Bedeutung hervorgehoben worden und gibt deshalb einen Anhaltspunkt für die rechtliche Bewertung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Offenlegung von Verbindungsdaten ein detailliertes Bild über Kommunikationsvorgänge und Aufenthaltsorte ermöglicht. Das Gewicht des Eingriffs bleibt zwar hinter dem der auf die Kommunikationsinhalte bezogenen Telefonüberwachung zurück, ist aber dennoch groß. Die Orientierung an dem Begriff der Straftat von erheblicher Bedeutung und die Angabe von Regelbeispielen werden auch sonst in der Rechtsordnung als Begrenzungsmerkmal für Ermittlungsmethoden eingesetzt (vgl. BVerfGE 103, 21 (33 f.); BGHSt 42, 139 (157)). Damit wird verdeutlicht, dass derartige Eingriffe nur bei Straftaten gerechtfertigt sind, denen der Gesetzgeber allgemein ein besonderes Gewicht beimisst. Ferner muss die Straftat im konkreten Fall erhebliche Bedeutung haben (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2001, S. 2320 (2321); VerfG des Landes Brandenburg, StV 2002, S. 57 (58)), etwa auf Grund des angerichteten Schadens und des Grads der Bedrohung der Allgemeinheit (vgl. Welp, GA 2002, S. 535 (539)). Dieser Maßstab verweist auf eine Vergleichsmöglichkeit, die auch im Rahmen des § 12 FAG zur Beurteilung herangezogen werden kann, ob eine Straftat von solchem Gewicht ist, dass die Übermittlung von Verbindungsdaten gerechtfertigt sein kann.

Kriterium: Grad des Tatverdachts
Aus dem Urteil des Ersten Senats vom 12. März 2003 - 1 BvR 330/96 und 1 BvR 348/99 -
Entscheidend für das Gewicht des verfolgten Anliegens ist auch die Intensität des gegen den Beschuldigten bestehenden Verdachts (vgl. BVerfGE 100, 313 (392)). Voraussetzung der Erhebung von Verbindungsdaten ist ein konkreter Tatverdacht. Auf Grund bestimmter Tatsachen muss anzunehmen sein, dass der Beschuldigte mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen hat (vgl. auch BVerfGE 100, 313 (394)).

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