Ende Gelände

PROZESS UM FARBATTACKE AUF JUSTIZGEBÄUDE

Das Drama des 4.9.: Versuchte Manipulation


1. Vor dem ersten Termin: Anklageschrift, Verteidiger-Beiordnung
2. Vorab ... 4. Dez. 2003: Staatsschutz und Polizei in der Projektwerkstatt
3. 4.9.2006: Der erste Prozesstag
4. Das Drama des 4.9.: Versuchte Manipulation
5. Das absurde Gutachten: Schlechte Bilder besser zur Erkennung des Gewünschten!
6. 11.9.2006: Der zweite Prozesstag
7. 25.9.2006: Der dritte Prozesstag
8. Der vierte Verhandlungstag
9. 2.11.2006: Der fünfte Prozesstag
10. 20.11.2006: Der sechste Prozesstag
11. 20.11.2006, Urteil erster Instanz: Einzelauszüge und Gesamttext
12. Auf dem Weg zur zweiten Instanz
13. Die spannenden Fragen des Prozesses
14. Am 4. August 2008 sollte die Berufung starten ... aber es wurde nix!
15. Die Justiz gibt auf ... Einstellung - politisch brisant, juristisch spektakulär!

Legal, illegal, scheißegal: Richter erklärt Frage, ob sich Gerichte/Polizei an Gesetze halten, für unwichtig!

Der Hintergrund
Bei einem justizkritischen Anschlag auf Amtsgericht und Staatsanwaltschaft Gießen werden Personen gefilmt, die an den später beschädigten Orten agieren. Was sie genau machen, ist auf dem Video gar nicht zu sehen - auch wenn der Staatsschutz Gießen schon am Tag der Sichtung des Videobandes einfach behauptet, es sei eine Person beim Sprühen von Parolen zu sehen ... an der Stelle werden aber später gar keine Parolen gefunden. Für die gewünschte Hausdurchsuchung reicht es aber, weil RichterInnen am Gießener Amtsgericht meistens machen, was die Polizei will. Das Video wird später zum wichtigsten Beweis im Prozess gegen die Person, die ständig angeklagt wird in Gießen, weil wie eben sehr offensiv justizkritisch auftritt. Nun hat die Videoüberwachung aber einen Haken gehabt: Eine solche muss beschildert sein. Das war sie aber nicht. Daher hat der Angeklagte am 4.9.2006 beim ersten Prozesstag ein Beweisverwertungsverbot beantragt. Der dann folgende Ablauf zeigt, was Rechtssprechung in Gießen bedeutet ...

Der Antrag
Vor der Ansicht des Überwachungsvideos beantragte der Angeklagte:


Aus dem Antrag

Antrag
Die Videoüberwachung am 3.12.2003 verstieß gegen geltendes Recht. Eine Verwertung der dadurch gewonnenen Beweise ist daher ausgeschlossen.

Begründung:
Die Wege auf dem Gelände der Gießener Justizbehörden sind als Fußwegverbindungen auch für die allgemeine Öffentlichkeit gedacht. Daher ist dieser Bereich als öffentlicher Raum zu werten. Eine Videoüberwachung darf nach dem Wortlaut des HSOG, § 14, Abs. 3 nur „offen“ erfolgen. Der Wortlaut des Paragraphen: „Die Polizeibehörden können zur Abwehr einer Gefahr oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten drohen, öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung offen beobachten und aufzeichnen.“
Üblich ist dafür die Beschilderung auf den videoüberwachten Bereichen. Diese hat es im Falle des Amtsgerichtes nicht gegeben. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Hessen hat diese Pflicht zur Kennzeichnung so formuliert: „Wesentlicher Bestandteil einer der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung dienenden Videoüberwachung ist, dass der betroffene Personenkreis die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Aufnahme erhält, z.B. durch ein Hinweisschild.“ (Quelle: www.datenschutz.hessen.de/tb29/K4P1.htm). Das ist keine Sondermeinung, denn auch auf den korrespondierenden Seiten z.B. des Landes Nordrhein-Westfalen heißt es: „Die Tatsache, dass ein Ort videoüberwacht wird, muss für die betroffenen Personen stets erkennbar sein. Das kann durch das Aufstellen entsprechender Hinweisschilder, die zum Beispiel ein Piktogramm und Angaben zur überwachenden Stelle enthalten, erreicht werden.“ (Quelle: www.ldi.nrw.de/pressestelle/presse_7_1_03.html). Als drittes Beispiel aus gleicher Behörde, aber in Baden-Württemberg: „Die polizeiliche Videoüberwachung muss offen erfolgen. Wer einen kameraüberwachten Ort betritt, muss erkennen können, dass er einer polizeilichen Videoüberwachung ausgesetzt ist. Darauf ist durch Schilder hinzuweisen, die leicht verständlich und gut erkennbar sein müssen und in ausreichender Zahl anzubringen sind.“ (Quelle: www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/lfd/tb/2001/tb2.htm). Und schließlich noch Schleswig-Holstein: „Es besteht ein allgemeiner Konsens darüber, dass Videoüberwachung offen durchgeführt werden muss. Verdeckte Überwachung ist nur nach dem Recht für Sicherheitsbehörden in besonderen Situationen zulässig. So sieht das Gesetz vor, dass der Umstand der Überwachung öffentlich bekannt gemacht werden muss, z.B. durch Hinweisschilder.“ (Quelle: www.datenschutzzentrum.de/material/themen/video/vidgoett.htm)
Die Videoüberwachung des Geländes am Amtsgericht Gießen am 3.12.2003 war daher rechtswidrig und gewonnene Beweismittel unterliegen dem Verbot der Verwertung.

Beweismittel:
  • Auf Blatt 1 der Akte ist „videoüberwachter Bereich“ nicht angekreuzt. Das bedeutet, dass auch dem vor Ort die Lage aufnehmendem Beamten die Überwachung nicht bekannt war – weil diese eben weder rechtsmäßig vorgenommen noch beschildert war.
  • Nach Aktenlage ist die Videoüberwachung spontan und innerhalb weniger Stunden vorgenommen worden. Es ist unwahrscheinlich, dass in dieser Zeit überhaupt Schilder besorgt und angebracht wurden.
  • Vernehmung von ZeugInnen und Auswertung des Bildmaterials der wegen der Farbattacke fotografierten Außenwände

Hilfsantrag

Hilfsweise stelle ich für den Fall, dass vom Gericht fälschlicherweise behauptet wird, dass die Videoüberwachung gekennzeichnet war und die erst nachträglich angebrachten Schilder schon vorher dort gehangen haben sollen, folgende Anträge:
  • Alle Angestellten des Amtsgerichtes sollen vorladen und zu dieser Frage vernommen werden.
  • Die Akten des Amtsgerichts sind zu durchsuchen nach den Quittungen für den Kauf der Schilder zur Videoüberwachung und nach weiteren Belegen für die Vorgänge.

Der Beschluss von Amtsrichter Wendel
  • Entscheidung am 4.9.: Keine, d.h. verschoben.
  • Entscheidung am 11.9.: Das Video kann im Prozess weiter verwendet werden, weil es auf die Frage, ob Schilder gehangen haben oder nicht, nicht ankommt.

Damit formuliert Richter Wendel in einem formalen Beschluss, dass es egal ist, ob mensch sich an Recht und Gesetz hält oder nicht. Eher unwahrscheinlich ist, ob er dass in Zukunft auch in seinen Urteillen berücksichtigt. Vielmehr kommt der Verdacht auf, dass er meint, das würde für Gerichte, Polizei und sonstige Verfolgungsbehörden gelten - vielleicht auch für den Staat allgemein. Allerdings hat er dabei auch gleich das Grundgesetz mit übersehen (was er ja gerne macht). Das lautet nämlich:

Grundgesetz, Artikel 20, Abs. 3:
Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Ganz neu ist das Verhalten von Richter Wendel nicht. Am 15.12.2.003 hatte er den Angeklagten schon mal verurteilt. Dabei ging es im Hauptanklagepunkt um die Frage, ob die Polizei eine Demonstration illegal angegriffen hat. Die Formulierung von Wendel damals:

"Die Diensthandlung des Zeugen Walter (Verbringung zum Polizeibus) war rechtmäßig. Dabei kann dahinstehen, ob die Versammlung des Angeklagten und seiner Anhänger als Spontandemonstration erlaubt war oder nicht." (Auszug Urteil 15.12.2003)

Richter Wendel verneint also systematisch die Frage, ob sich Angehörige der Obrigkeit an Recht und Gesetz zu halten haben. Offenbar schweben diese für ihn über dem Gesetz und dürfen dieses schadlos übertreten.

Dann der Skandal: Gericht organisiert selbst eine Falschaussage!
Offenbar haben hinter den Kulissen wichtige Figuren Gießener Repressionsstrukturen ständig an der Frage gearbeitet, wie der Videofilm zu retten ist. Sie entschlossen sich zu einem dreisten und riskanten Manipulationsversuch des Prozesses. Der sah so aus: Eine widerliche Figur (sieht aus wie ein Wichtigbulle, der als Beobachter da ist - siehe Foto) stürmt in den Saal und ruft (im laufenden Prozess) den Staatsanwalt raus, wird von Richter Wendel gebremst, entschuldigt sich, aber zieht die Nummer weiter durch. Vaupel steht auf und geht raus, Wendel unterbricht dafür. Vaupel und der Komisch-Typ draußen. Wendel wird vom Angeklagten attackiert, was das denn gewesen sei: Andere Zuschauis, die mal was dazwischenfragen, werden rausgeschleppt und der Knalli könnte jetzt den ganzen Prozess stoppen ... Verteidiger ergänzt, dass sei schon sehr untergeschickt gewesen ++ Prozess geht kurz weiter, dann klärt sich die Sache: Die Anklage präsentiert den Hausmeister, der eigenhändig die Schilder angebracht haben will "Dieses Gebäude wird videoüberwacht". Zweifelnde Blicke im Publikum und auf der Angeklagtenbank. Der Hausmeister sagt auf Nachfrage, dass die am Tag drauf auch noch hingen. Dann müssten sie auf den Fotos drauf sein, die von den Tatfolgen gemacht wurden. Der Richter scheint auch zu zweifeln und schlägt selbst vor, sich diese Fotos anzugucken. Eine der Stellen, die der Hausmeister benennt, ist zu sehen - es hängt kein Schild. Debatten, wie zu verfahren sei. Der Angeklagte sagt dem Hausmeister (der eher wie ein armes Würstchen rüberkommt, der instrumentalisiert wurde von der Lügenmafia Gießener Repressionsstrukturen), dass er kein Interesse hätte, nun gerade ihm mit Meineid und Falschaussage eine reinzubrettern und will wissen, mit wem er darüber geredet hat, wer ihn zu was angewiesen hat. Das lässt sich nicht klären. So endet der Prozess mit einem möglichen dicken Paukenschlag: Einem so dummen Manipulationsversuch des Prozesses, dass er auffliegen kann. Das wird zwar nicht zu Anklagen führen (schließlich ist hier Vaupel der Staatsanwalt - und der schützt solche Leute), aber das wird trotzdem noch hochinteressant.

Die Beweise für Manipulation und Falschaussage
Der Wachtmeister gab vier Stellen an, wo er die Schilder aufgehängt haben wollte. Von drei dieser Stellen existieren am 3.12.2003 aufgenommene Fotos in den Gerichtsakten oder im Internet. Erstere betrafen den Hintereingang des Amtsgerichts, Gebäude A, und den Eingang zum Gebäude B. Auf beiden Bildern war kein Schild zu sehen.

Im Internet und in der Projektwerkstatt verfügbar sind folgende Bilder. Gezeigt werden nur die Stellen, wo das relativ ältere Videoüberwachungsschild zu sehen ist. Eine andere Variante mit fetteren, serifenlosen Buchstaben, ist erst kurz vor dem Prozess um die Farbattacken im Sommer 2006 an sehr viel mehr Stellen aufgehängt worden. Offenbar wurde da die Kamera wieder aufgestellt.

Hintereingang Amtsgericht, Gebäude A: Foto 3.12.2003: Kein Schild


Fotos der gleichen gleichen Front am 11.9.2006: Beschildert (Gesamtsituation und größeres Bild von Schild)



Foto von der Ecke zur Ostanlage des Gebäude B am 3.12.2003: Kein Schild erkennbar


Foto der gleichen Ecke mit dem Bild im zweiten Fenster, aufgenommen 11.9.2006:


Foto Eingang des Amtsgerichts, Gebäude B, aufgenommen am 4.9.2006 - nur das ganz neue Schild:

Auf Fotos in der Gerichtsakte war dieser Eingang gut zu sehen - und hatte keine Schilder.


Zudem gibt es ZeugInnen, die am 3.12.2003 das Gelände besucht haben, um die Fotos zu machen. Auch sie können sehr genau bezeugen, dass keine Schilder vorhanden waren. Schließlich hatten sie die Farbe entdeckt, dann extra einen Fotoapparat geholt und alles Interessante fotografiert. Solche Schilder wären ihnen nicht entgangen.

Hinweis: Eine Gegendarstellung ist eine nochmalige Betonung des Antrag mit einer Kritik an dem Beschluss (in der Regel also an der Ablehnung des Antrags). Das Gericht muss dann nochmal darüber entscheiden.

Gegendarstellung zur Abweisung des Antrags auf Nichtverwertung des illegal aufgenommenen Videos
Die Abweisung des Antrags ist rechtlich zu beanstanden aus mehreren Gründen.

1. Es fehlt dem Beschluss eine Begründung
Richter Wendel hat darauf verzichtet, seine Rechtsauffassung, dass es für die Verwertung eines Videos ohne Bedeutung ist, ob dieses Beweismittel legal oder illegal entstanden ist, zu begründen. Dieses überrascht, denn die Fragestellung ist für den laufenden Prozess von erheblicher Tragweite. Ein derart schnodderiger Beschluss in nicht nur in der Sache zweifelhaft, sondern lässt auch Zweifel aufkommen, ob das „Fairplay“ im Prozessverlauf gesichert ist.

2. Die Rechtsauffassung von Richter Wendel ist abwegig
Der Beschluss ist, wie im Punkt 1 schon gerügt, nicht begründet. Daher bleibt nur die Entscheidung als solches. Diese ist offensichtlich rechtsfehlerhaft. Nach geltender Rechtsauffassung darf ein illegal erworbenes Beweismittel nur dann verwendet werden, wenn es überwiegende Gründe gibt, die für eine Verwendung sprechen. Insbesondere kommt es auf die Verhältnismäßigkeit an. Diese kann aber nur geklärt werden, wenn eben die verschiedenen Aspekte gegeneinander abgewogen werden. Dass hätte dann eine Begründung der Entscheidung zur Folge gehabt. Richter Wendel hat diese Abwägung offensichtlich gar nicht gemacht, sondern aus anderen Gründen entschieden. Naheliegend ist, dass er prinzipiell der Meinung ist, dass Beweismittel auch illegal erworben werden dürfen. Damit verstößt Wendel gegen die bestehende Rechtsprechung.

3. Rechtsprechende Organe sind in besonderer Weise zu legalem Handeln verpflichtet
Bei der Abwägung, die ersichtlich aber gar nicht stattgefunden hat, hätte berücksichtigt werden müssen, dass die illegale Handlung, mit der das Beweismittel entstanden ist, unter anderem vom Amtsgericht selbst ausging. Die Aufstellung des Videos erfolgte mit Wissen, mit Unterstützung und teilweise auch im Auftrag des Gerichts. Gerichte sind nach Artikel 20, Absatz 3 aber in uneingeschränkt auf die Einhaltung von Gesetzen verpflichtet. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass insbesondere in Gießener Justizbehörden Gesetzesverstöße zum Alltag gehören, aber fortgesetzte und systematische Straftaten befreien die TäterInnen gerade nicht von den Verpflichtungen des Grundgesetzes. Dort heißt es im besagten Artikel: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“
Ein Gesetzesverstoß bei der Entstehung eines Beweismittels ist deshalb noch höher zu bewerten, wenn diejenigen, die den Gesetzesverstoß begehen, vom Grundgesetz in besonderer Weise zur Einhaltung der Gesetze verpflichtet sind. Das heißt: Die Illegalität eines Beweismittels wiegt schwerer, wenn der Rechtsbruch von der rechtsprechenden Gewalt selbst ausgeht.

4. Abwägung muss zu Verwertungsverbot führen
Die gültige Rechtsprechung verlangt bei der Prüfung eines eventuellen Beweisverwertungsverbotes eine Abwägung der Rechtsinteressen. Diese ist von Richter Wendel, wie schon benannt, gar nicht vorgenommen worden. Sie hätte meines Erachtens auch ein klares Ergebnis. Denn auf der einen Seite steht ein Gesetzesbruch, ein Verstoß gegen die gesetzlichen Normen der Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Dieser Verstoß ist verschärft und von größerer Bedeutung, weil die Verantwortlichen (hier: das Amtsgericht) durch die verfassungsmäßige Verpflichtung des Art. 20, Abs. 3 im besonderem Maße auf Recht und Gesetz zu achten haben – und dieses nicht taten. Diesem Gesetzesbruch mit Verfassungsbedeutung steht auf der anderen Seite eine vom Schaden her und strafrechtlich eher bedeutungslosen Tat einer einfachen Sachbeschädigung gegenüber, die nur aus politischen Interessen aufgebauscht wurde. Wer diese beiden Seiten vergleicht, kann nur zu dem Ergebnis kommen, dass ein Beweisverwertungsverbot folgerichtig gewesen wäre und weiterhin ist.

5. Verdacht der Verfahrensmanipulation
Der Beschluss von Richter Wendel ist in der Form, wie er vorgebracht wurde, unbegründet. Als Ergebnis einer Abwägung wäre er abwegig. Richter Wendel steht aber im Verdacht, seinen Beschluss aus einem ganz anderen Grund gefällt zu haben. Am 4.9.2006, dem ersten Verhandlungstag dieses Prozesses, versuchte ein noch unbekannter Personenkreis, durch eine gezielte Manipulation des Verfahrens über eine inszenierte Falschaussage die weitere Verwertung des Videos sicherzustellen. Eine Überprüfung der Frage, ob die Videoüberwachung rechtmäßig erfolgte, hätte nicht nur ergeben, dass das nicht der Fall war, sondern auch die Falschaussage offen gelegt. Damit wäre ein Verfahren wegen dieser Falschaussage notwendig geworden. Der Beschluss, dass die Frage der Legalität irrelevant sei, dient allein dem Interesse, den Manipulationsversuch zu vertuschen. Es besteht der Verdacht, dass Richter Wendel in diesem Prozess nicht mehr nur das Ziel verfolgt, die Sachfragen der Verhandlung aufzuklären (falls er das überhaupt noch tut), sondern gleichzeitig auch noch, offensichtliche Falschaussagen und Rechtsbrüche aus seinem eigenen Amt und weiteren verbundenen Personen zu decken. Fraglos stellt ein solches Nebeninteresse eine Befangenheit dar.

Gestellt am 25.9.2006 (3. Verhandlungstag)

In einer Anlage zur Gegendarstellung fügte der Angeklagte Aus Urteilen zum Thema an (siehe hier ...).

Richter Wendel dazu:
Auf Nachfrage teilte Wendel am 5. Prozesstag (2.11.2006) mit, dass er bei seiner Rechtsauffassung bleibe, dass der Video unabhängig von seiner Rechtsmäßigkeit verwendet werden dürfe - dafür kassierte er den zweiten Befangenheitsantrag.


Antrag zu fehlender Beschilderung
Am 3. Prozesstag stellte der Verteidiger den Antrag auf Vernehmung von ZeugInnen zum Beweis, dass es keine Schilder gab. Am 5. Prozesstag gab Richter Wendel bekannt, dass er diesen Beweisantrag zurückweisen würde, weil das zu Beweisende schon bewiesen sei. Sprich: Es ist als geklärt anzusehen, dass die Schilder NICHT da waren und der Zeuge Weiß eine Falschaussage machte und zu dieser von bisher unbekannten Personen plus dem bereits namentlich gemachten Polizeibeamten Zacharias gedrängt worden war.

Im Original: Illegale Beweismittel und ihre Verwendung vor Gericht
Aus "Zweifelhafte Amtshilfe" (über Steuerhinterziehungsskandale), in: Fr, 20.2.2008 (S. 6)
Der Informant, der nach Recherchen des Wall Street Journal Heinrich K. heißt, habe sich die Daten rechtswidrig von der Liechtensteiner LGT beschafft. Deshalb dürften sie in einem Strafprozess nicht verwertet werden. Unter Juristen ist dies umstritten, denn eine " fehlerhafte Erhebung" eines Beweises bedingt nicht zwangsläufig ein Verwertungsverbot. Vielmehr wird in jedem Einzelfall das Interesse des Staates an der Aufklärung von Straftaten mit dem Schutzinteresse des Bürgers abgewogen. 1989 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass rechtswidrig entstandene Videoaufnahmen eines Privatmannes genutzt werden durften, um einen Fall von gefährlicher Brandstiftung aufzuklären. Je schwerwiegender die aufzuklärende Straftat ist, um so eher dürfen rechtswidrig zustande gekommene Beweise verwertet werden.

Am folgenden Verhandlungstag passierte das zu Erwartende: Richter Wendel verkündete (siehe oben), dass die Frage der Schilder nicht weiter untersucht wird, weil es keine Rolle spiele, ob der Film legal oder illegal zustandegekommen sei. Diese Rechtsauffassung ist nicht nur skandalös, weil sich Richter und Gerichte sehr wohl auch an Gesetze halten müssen (auch wenn sie oft glauben, es wäre anders), sondern auch deshalb, weil die Nicht-Untersuchung auch der Vertuschung dient. Der Wachtmeister, der am ersten Tag die Falschaussage machen musste, wurde vom Geschehen komplett ferngehalten, damit er keinen weiteren Kontakt zu Angeklagten, Verteidigung oder ZuschauerInnen hat.

Falschaussage bleibt ohne Folgen ...
Sind Falschaussagen und Anstiftung zu Falschaussagen Straftaten? Eigentlich wohl schon - und so eindeutig wie in diesem Fall war eine Falschaussage wohl selten. Doch bei Gerichtsbediensteten gelten andere Regeln ...
Eigentlich ist es ja die Aufgabe einer Staatsanwaltschaft, selbst zu ermitteln, wenn sie Informationen von Straftaten erhält. Sie bedient sich dazu in der Regel ihrer Hilfstruppe, der Polizei. Mitunter (siehe "Fiese Tricks von Polizei und Justiz") wird aber gar nicht ermittelt, sondern erfunden - das ist auch weniger anstrengend. Eine Handlung, die es nie gab, lässt sich widerspruchsfreier zur Anklage bringen ...
Bei der uneidlichen Falschaussage des Gerichtsbeamten Weiß und der Verleitung dazu war es nun einfacher: Staatsanwalt Vaupel war selbst anwesend, als das geschah. Ja - er war wahrscheinlich sogar höchstpersönlich in der Runde dabei, die den ganz unten in der Gerichtshierarchie stehenden Beamten dazu überredeten, die Falschaussage zu machen. Da ist es ja schon absurd, wenn der Verdächtige selbst zum Ermittler wird - aber auch das ist nicht wirklich eine Ausnahme.

Nun - Vaupels Ermittlungsarbeit begann nicht am 4.9.2006, nachdem er die uneidliche Falschaussage live miterlebte - sondern seine Akte beginnt am 23.11.2006. Da erst legt Vaupel einen handschriften Vermerk über den Vorgang an:



Dann wurde Vaupel richtig aktiv. Er schrieb am 12.1.2007 einen Brief an den Beschuldigten - ganz formal mit Rechtsbelehrung und allem. Auszug mit der Anfrage zur Sache:



Und der Beschuldigte antwortete brav. Dabei schrieb er gar nicht, dass er sich geirrt hätte - nein: Er wiederholte seine Falschaussage, behauptete weiter, dass er recht hätte und dass er sich gar nicht erklären könne, warum das Gericht ihm nicht glauben würde. Sein Briefumschlag trägt einen Eingangsstempel vom 26.1., der Brief im Umschlag vom Tag davor - auch lustig. Kompletter Text seines Schreibens:



Und Vaupel? Hatte seine Pflicht getan und beendete das Verfahren. Null Ermittlungsarbeit - und selbst das der Tatverdächtige seine Tat noch zugibt, ändert nichts am vorher feststehenden Ausgang: Am 5.2.2007 stellte Staatsanwalt Vaupel heimlich das Verfahren ein. Viel Mühe gab er sich nicht. Komplettes Schreiben:



Klar ... der ganze Vorgang dürfte höchstpeinlich für Justiz und Polizei sein, denn da wurde sehr offensichtlich hinter den Kulissen ein Gerichtsverfahren manipuliert. Das darf nicht aufgeklärt werden. Also betätigte sich Vaupel wieder als Strafvereitler - wie üblich, wenn es gegen Uniform- und RobenträgerInnen geht. Erst auf Nachfrage im November 2007 rückte Vaupel mit der Information raus, dass das Verfahren ziemlich schnell eingestellt wurde. Und schrieb nun auch ein paar Zeilen mehr. Sein Schreiben trug trotzdem das Datum vom 5.2.2007 - also dem Tag der heimlichen Einstellen.



Gegen diese Einstellung legte der von der Falschaussage Betroffene Widerspruch ein:

Widerspruch gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens 501 Js 29840/06

Sehr geehrte Damen und Herren,
am 5.2.2007 hat die Staatsanwaltschaft Gießen ein Ermittlungsverfahren eingestellt. Das Schreibe an mich mit der Mitteilung der Einstellung datiert von diesem Tag, ist aber nicht an mich abgeschickt worden. Erst auf meine Nachfrage wurde es übersandt. Es erreiche mich am 29.11.2007 mit entsprechendem Begleitbrief, der diese Übersendung zu diesem Datum dokumentiert.
Gegen die Einstellung lege ich Widerspruch ein. Aus meiner Sicht ist unübersehbar, dass der seit Jahren aus politischen Interessen und befangen agierende Staatsanwalt Vaupel hier erneut mit einer Strafvereitelung im Amt tätig wird. In diesem Sinne möchte ich auch zugleich Strafantrag gegen ihn stellen.
Der Zeuge Achim Weiß hat am 4.9.2006 in einer Zeugenaussage behauptet, er hätte Schilder aufgehängt, die eine Videoüberwachung auf dem Gelände gekennzeichnet hätten. Diese Aussage stellte sich als falsch heraus. Staatsanwalt Vaupel behauptet nun, dass es durchaus nachvollziehbar "erscheint" (welch eine Formulierung - offenbar hat er den Sachverhalt nicht ermittelt), dass der Zeuge die Falschaussage aus Versehen machte.
Nun wäre das durchaus denkbar, wenn die Rahmenbedingungen unberücksichtigt bleiben. Wer diese einbezieht, kommt zu anderen Bewertungen. Die Zeugenaussage von Achim Weiß nämlich war Teil einer bis heute unaufgeklärten Verfahrensmanipulation. Es ist inzwischen gerichtlich geklärt, dass Gießener Gerichte und Polizeieinheiten mit Fälschungen, Lügen und Manipulationen die Strafverfolgung ihnen unbequemer Personen betreibt (OLG-Beschluss 20 Ws 221/06). So war es auch an jenem 4. September 2006. Ein politisch motiviertes Verfahren gegen mich drohte zu scheitern, weil das Hauptbeweismittel illegal erworben wurde. Es war eine Videoaufzeichnung, die ohne Beschilderung erfolgte. Der Zeugenauftritt von Achim Weiß wurde durch Führungspersonen aus der Polizei, u.a. KHK Zacharias, inszeniert. Zudem ist davon auszugehen, dass die Führung des Gießener Amtsgericht in den Vorgang involviert war, da Zeuge Weiß nicht ohne Aussagegenehmigung aufgetreten wäre. Daher handelte es sich um eine auf Führungsebene durchdachte Maßnahme. Neben der uneidlichen Falschaussage kommt nämlich auch noch die Anstiftung zu dieser bei den weiteren Personen in Frage.
Da die Aufdeckung des Sachverhaltes weitreichende Konsequenzen für bedeutende Personen der Gießener Justiz hätte, ist klar, dass Staatsanwalt Vaupel diese zu schützen versuchte durch die Einstellung der Ermittlungen. Dieses hat er in den vergangenen Jahren bereits mehrfach so gemacht. Den Verdacht der systematischen Strafvereitelung erhärtet die Nichtübersendung der Ermittlungseinstellung.
Ich widerspreche daher der Einstellung und fordere die Wiederaufnahme von Ermittlungen. Zudem stelle ich, wie beschrieben, Strafantrag gegen Staatsanwalt Vaupel wieder erneuter Strafvereitelung im Amt.

Aber klar: Völlig sinnlos. Der Generalstaatsanwalt lehnte den Widerspruch ab. Aus seinem Schreiben vom 5.2.2007:


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