Im Namen des Volkers

PROTOKOLL EINER BEZIEHUNG ... ZUM BUNDESAMT FÜR VERFASSUNGSSCHUTZ

Das Protokoll ...


1. Vorab ...
2. Das Protokoll ...
3. Resümee nach einigen Monaten Debatte
4. Weitere Fälle

(Seit neuestem mit Foto ... denn der gute Mann - nun unter anderem Namen - wurde andersorts fotografiert. Gute Aktion!)

Unverhofft kommt oft ... so wurde aus dem szenetypischen Lästern und Gerede über Konspirativität oder Frechheit, VS-Lumpen und Bullenspitzel Ernst - oder auch: Realsatire als Kombination von Spaßfaktor und Bedenken. Der folgende Bericht soll möglichst genau wiedergeben, wie und warum ich mich für eine Zeitlang auf ein Techtelmechtel mit einem filmreifen Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (mit Akzent: "man nennt mich Toni ... weil: Ich rieche jedes Tonbandgerät" oder "hier ist der Bundesadler") eingelassen habe.
Die Debatte über Sinn und Unsinn solchen Einlassens kann der Text wahrscheinlich leider nur wenig voranbringen. Dennoch war von Beginn an auch ein Faktor, sich nicht schon wieder nur an Regeln zu halten, sondern kreativ bis frech reagieren zu wollen. Ob es irgendwas gebracht hat, steht in den Sternen oder irgendwo. Ob ein Schaden entstand, ist ungewiß. Wichtig erscheint mir, daß solch ein Versuch nur in Diskussion und Reflexion mit anderen möglich ist - und auch nur dann sinnvoll, wenn dadurch ein klares Ziel verfolgt wird, welches auch immer (Informationsbeschaffung, antistaatliche Aktion, parallele Aktivitäten im Schutz des Kontaktes). Wer sich unsicher ist oder keine Menschen hat, mit denen das eigene Verhalten zu reflektieren ist, sollte es lieber lassen. Selbst wenn keine Infos weitergegeben werden, der VS auch nichts interpretieren konnte (was schwer kalkulierbar ist) - es besteht die Gefahr, selbst Schaden zu nehmen, wenn FreundInnen irritiert oder verärgert reagieren oder der VS nach mißlungener Anwerbung eine Diffamierung organisiert.

Alle konkreten Orts-, Projekt- und Namensbezeichnungen (mit Ausnahme der VS-Leute selbst) sind im folgenden verändert.

1.
Nun denn: Der Beginn des ganzen ist gut dokumentiert - direkt nach dem ersten Akt habe ich den Kontakt breit bekanntgemacht. Hier die entsprechende Mail.

Hallo,
die ... ist jetzt amtlich als "geldbeduerftig" eingestuft ... und der folgende Bericht duerfte ein bisschen unterhaltenden Charakter haben. Morgens um kurz nach 10 Uhr (ich war schon wach, jaja) fuhr ein metallic-grauer Benz 230E mit dem Kennzeichnen K-AE 223 auf das Grundstueck. Da ich gerade am geoeffneten Fenster im Erdgeschoss stand, sahen mit die zwei dem Wagen entsteigenden Maenner sofort. "Sie sind Herr ...?", was ich bejahte. "Wir wuerden gern mit ihnen reden". Dann liessen sie sich laenger darueber aus, dass das Haus hier ja wohl Geld gebrauchen koenne und machten mir dann ein Angebot fuer einen lukrativen Job. Geredet hat nur der aeltere der Herren, der als Namen Gilden und als Telefonnummer 0172/2430341 angab. Er stellte den anderen als seinen Beschuetzer vor - "koennen Sie sicher verstehen bei unserem Job". Er wuerde mich gerne einstellen, weil ich ja Schriftsteller sei und er jemanden brauche, der seine Texte redigieren (sprich: durchsehen und korrigieren) wuerde. Und ueber das noetige Wissen zu seinen Themen wuerde ich ja wohl auch verfuegen. Naja ... usw. Sollte es noch Menschen geben, die das alles gerade nicht kapieren, noch den Eintrag auf seinem Dienstausweis, denn er in sicherer Entfernung vor mir hinhielt: Bundesamt fuer Verfassungsschutz. Leider hat er nicht besonders viel erzaehlt, warum sie jetzt zu mir/uns kamen oder was speziell ein Auftrag sein wuerde, meist versuchte er vergeblich, mir klar zu machen, dass Geld uns weiterbringen wuerde und (als er sah, dass irgendwie Geld wohl nicht so der Hit war), dass auch ich sicher mal aelter werden wuerde, darueber dann anders daechte und Geld dann doch nuetzlich sei. Ach ja, und: "Sie koennten ihre Arbeitszeit selbst gestalten ... ueber das Geld, da brauchen wir wohl nicht zu reden, da werden wir uns schon einig". Schliesslich gab er mir seine Telefonnummer und die beiden verschwanden wieder (ob noch andere im Auto sassen, weiss ich nicht ... waere ja sonst auch gefaehrlich gewesen - so ein Reifenwechsel auf unserem Hof von einem Verfassungsschutz-Benz waere sicher auch keine schlechte Unterhaltung gewesen ...).
Also - lieber an Besuch von Schlapphueten als ueberhaupt keinen Spass ;-)
(Falls noch nicht bekannt: Das Landeskriminalamt ist zur Zeit etwas aehnlich mit einer weiteren Person hier aus der ... "beschaeftigt")
Wir sehen uns auf Ibiza ... Gruss ...

Auch alle weiteren Schritte habe ich immer etlichen Menschen direkt erzählt, vor allem in den betroffenen Städten ... und ... - wobei allerdings leider nicht alle zu erreichen waren, weil in einigen Zusammenhängen Aversionen gegen die ... und/oder mich bestehen. So erreichte diese die Information möglicherweise nicht. Die Spaltungen in der Linken haben auch hier ihre Wirkung ...

2.
Einen Tag nach dem Versand der Mail riefen zwei Menschen an: Einmal VS-Mann Gilden selbst und eine weitere Person, die von Gilden in einer anderen Stadt angeworben werden sollte - allerdings sah Gilden dort anders aus und fuhr ein anderes Auto. Offenbar ist der Name und die Telefonnummer von mehreren Personen benutzt.
VS-Mann Gilden rief offenbar an, weil er meine Veröffentlichung mitbekommen hatte. Allerdings sprach er mich nicht direkt darauf an. Stattdessen erwähnte er den Namen einer Person aus dem Umfeld der ..., die ihn kontaktet und sich ihm als Informant angeboten haben soll. Er bat mich, dieser Person zu sagen, daß er kein Interesse hätte. Ich sagte ihm, er solle das selbst machen, ich würde die nicht kennen. So blieb es.

Schnitt:
Ca. zwei Wochen vergingen und ich habe zum einen mit sehr vielen Leuten über den Anwerbeversuch geredet, zum anderen entstand das Problem, mit der Namensnennung der Person aus unseren Zusammenhängen umzugehen. Machte der VS einen Spaltungsversuch oder ist die Person doch mit dem VS in Verbindung? So entwickelte ich Überlegungen, wie mit beiden Fällen umzugehen ist. Gegenüber dem VS wollte ich mich zunächst zeitschindend verhalten, auch um die andere Sache klären zu können. In der Sache des Spitzelverdachtes informierten wir (Leute aus der ...) verschiedene linke Gruppen in der Umgebung (jeweils uns bekannte Einzelpersonen aus ihnen), weil die unter Spitzelverdacht stehende Person gleichzeitig in verschiedene Gruppen hineingegangen war. Außerdem suchten wir Kontakt zu Antirepressionszusammenhängen in den Städten ... und ... Diese Kontaktaufnahme erwies sich als unbefriedigend: Kooperationen wurden abgelehnt ("wer angequatscht wird, ist meist persönlich labil" und ähnlicher Schrott war zu hören) bis hin zu der Denunzierung, daß die ganze Geschichte ausgedacht sein soll (Hintergrund sind Spaltungen und Streitereien um politische Strategien). So war auch von dort keiner Hilfe zu erwarten. Daher organisierten wir selbst eine "Überprüfung" der von Gilden erwähnten Person: Wir organisierten selbst einen Anquatschversuch, um die Person für den VS zu werben.

3.
VS-Mann Gilden rief ich nach ca. zwei Wochen an (auf Handy-AB gesprochen, der sich mit "Hallo, hier ist Lothar") meldete. Sein Rückruf begann mit "Na, haben sie Sehnsucht nach mir" (das alles mit filmreifer Betonung) und er wollte ein Gespräch vereinbaren. Ich vertröstete ihn wegen einer Veranstaltungsreihe meinerseits um zwei Wochen. Danach wolle er dann gerne ein Treffen mit mir. Filmreifer Satz auch da: "Man nennt mich auch Toni ... weil, ich jedes Tonband genau rieche".
Gilden bekommt aber noch einen weiteren Auftrag von mir. Ich erwähne meinen Laptop (geklaut auf der Anti-Atom-Konferenz in ...) und mein Reisegepäck (geklaut in ... im Zeitraum der Expo-Vorbereitungen), die sich im Besitzstand des VS befinden. Gilden wehrt ab, das könne nicht sein. So endet das Gespräch.

4.
Am 7.2. ruft mich Gilden wieder an. Das Gespräch ist kurz: Er hätte diese Woche keine Zeit für ein Treffen, die Sache mit dem Laptop "sieht nicht schlecht aus" und er meldet sich nächste Woche wieder.
Zeitlich parallel verfolgen wir die Prüfung des Spitzelverdachts in ... Leider vergeht mehr Zeit als erwünscht, weil es technische Probleme gibt. Die müssen wir schließlich selbst beheben, damit es dann endlich klappt (siehe unten).

5.
Am Beginn der folgenden Woche kommt dann der erwartete Anruf und eine Verabredung auf Dienstag zum Treffen. Am Dienstagmorgen meldet sich Gilden verabredungsgemäß. Jemand anders nimmt das Telefonat entgegen, das war verabredet, um klarzustellen, daß der Kontakt stattfindet (und weder erfunden noch verheimlicht ist). Etwas später ruft Gilden nochmal an, meldet sich als "Regierungsbeamter XY" (Name nicht in Erinnerung) und behauptet, im Auto in Köln zu sitzen, jetzt loszufahren, in ... "noch was zu erledigen" und dann zu kommen.
Um 13.15. Uhr klingelt das Telefon. Gilden schlägt als Treffpunkt den Bahnhof in ... vor. Da ist grad zu tun habe, vertröste ich ihn um eine halbe Stunde und mache mich dann auf zum Bahnhof. Auf dem Weg dahin und am Bahnhof erkenne ich nix weiter Verdächtiges. Der mir bekannte Mercedes (siehe oben) mit gleichem Kennzeichen und gleichem Fahrer (Gilden sitzt auf der Rückbank, der Beifahrersitz ist frei - warum auch immer in diesem Moment, beim letzten Mal kamen sie zu dritt) fährt vor. Gilden steigt aus und auf den Beifahrersitz wieder ein. Ich sitze hinten. "Nun, wo waren denn die zersägten Schienen genau?" fragt er. Meine Antwort: "Wie Sie in der Zeitung lesen konnten, zwischen Lüneburg und Dannenberg." Seine zweite Bemerkung: "Das waren aber Profis". Meine Antwort: "Wie sie in der Zeitung lesen konnten, haben die nicht Sägen, sondern Spezialwerkzeuge benutzt". "OK, war ein Scherz", meinte Gilden. Der Weg führte in die Pizzeria am Ortsausgang von ... Daneben ist eine Autobahnabfahrt. Entsprechend das Publikum: Lauter Einzelgäste mit Wichtig-Utensilien (Handy, Laptop usw.). Schwer zu erkennen, ob noch mehr VSler da waren. Auch der Fahrer taucht kurz nach uns dort auf, hat offenbar den Wagen abgestellt (unbewacht?). Er sitzt aber an einem anderen Tisch. Gilden führt ein völlig belangloses Gespräch. Offenbar will er noch nichts Konkretes, sondern mich abchecken. Er spricht das Verhältnis zu den Nachbarn und die Sexismusdebatte an. Ich bemühe mich, aussagelos zu antworten (verweise ihn auf Internetseiten u.ä.). Beim Stichwort Sexismusdebatte denke ich mir, daß ihnen die sicher in den Kram paßt ... vielleicht hoffen sie darauf, daß ich aus Wut über linke Zusammenhänge mit dem VS kooperiere. Vielleicht mischen sie ja sogar irgendwo mit. Naja. Eine politische Debatte über den Sinn und Unsinn des VS schließt sich an. Ich bin da redseliger, indem ich selbst Fragen stelle. Gildens Antworten (Wahrheitsgehalt könnte knapp unter Null liegen): VS hat 1500 Leute in Köln, dann gibt es noch die ganzen Landesämter für VS, das Bundes- und das Landeskriminalamt. Es ist normal, daß da die Daten abgefragt und hin- und hergereicht werden. IdealistInnen gibt es wohl nicht beim VS. Die Leute agieren mit ihren richtigen Namen (jaja, ist schon gut ...), ich könne auch gerne seinen Personalausweis sehen (was ich ablehne und ihn frage, ob er wirklich meine, die Glaubwürdigkeit würde dadurch steigern). Und immer zwischendurch kommen noch ein paar Einschleimer der Marke "Sie sind ein interessanter Mensch" & Co. Weitere Themen bzw. Ankontakt-Themen: Die 68er und Joschka Fischer, die Frage nach der Legalität des VS (Gilden behauptete, der VS würde nur legale Dinge machen) und die Frage nach Observierungen und deren Umfang (Gilden behauptete, die "Linken" würden mit ihrer Angst vor Observierung übertreiben, soviele Leute hätte der VS gar nicht, um alle zu überprüfen).
Das wichtigste Gesprächsthema aber ist der Laptop. Gilden behauptet, Landes-VS, BKA und LKA durchgefragt zu haben. Niemand wüßte etwas, also sei es wohl ein normaler Diebstahl gewesen. Als er merkt, daß mich das nicht überzeugt, sagt er irgendwann: "Ist es Ihnen eigentlich wichtig, Ihren Laptop oder überhaupt einen zu bekommen?" Auf all das bekommt er keine besonderen Antworten. Schön noch der Satz "3000 DM sind für den Bundeshaushalt sicher nicht sonderlich viel". Etwas überraschend ist für mich (ich mache das ja nicht täglich ...), daß das Gespräch danach zuende ist. "Jetzt ist erstmal Fasching, ich melde mich danach wieder", sagt Gilden und kündigt dann an: "Das mit dem Laptop bringen wird erstmal über die Bühne, ich will nicht, daß es so aussieht, als wäre daran irgendeine Bedingung geknüpft".
Als wir aus der Pizzeria kommen, rollt der metallicgraue Benz schon wieder vor. Ausstieg wieder am Bahnhof in ...

6.
Was nervt ist, daß die Prüfung des Spitzelverdachts in ... nicht vorwärtskommt. Schließlich ist das der Grund, die andere Sache mit Gilden überhaupt so hinzuzögern. Ich erfahre, daß es technische Probleme gegeben hat. Die lösen wir am 21./22.2. Absprachestand ist nun, daß bis zum nächsten Gilden-Kontakt alles geklärt sein soll.
Es geht nun auch alles sehr schnell. Die verdächtigte Person A erhält einen Anruf mit Bezug auf das Gespräch mit Gilden (der folgende Verlauf stammt aus den Schilderungen beider Gesprächspartner - die Berichte waren deckungsgleich, zudem machte A einen Telefonmitschnitt). Doch die Reaktion ist eindeutig - Gilden sei A unbekannt. Während des Gesprächs kommt das Gespräch auf mich. Erst jetzt begriff A, was es mit dem Anruf auf sich hatte und begann einen Tonbandmitschnitt, was dem Anrufer auch auffiel. A lehnte sofort jegliche Zusammenarbeit ab. Das Gespräch kam dadurch auch zum Ende, wobei am Ende A wiederum am Schwanken war, ob es schlau war, einfach abzubrechen. Aber der Anrufer zeigte kein Interesse mehr.
Kurz nach dem Telefonat bekam ich von beiden Seiten die Information über den Verlauf. A berichtete sehr ausführlich. Damit war der Verdacht, soweit das beurteilbar war, ausgeräumt.

7.
Am gleichen Tag (Donnerstag nach den Faschingsgelagen), aber noch vor der endgültigen Klärung der Spitzelverdachts-"Prüfung" meldete sich Gilden wieder. "Jaaa, hier ist der Bundesrechnungshof - sie haben da eine Pizza gegessen, noch dazu eine nicht billige" begann er in typischer Manier das Gespräch. Er wollte einen neuen Termin haben und wir einigten uns auf den Dienstag drauf, 14 Uhr. Er würde sich kurz vorher nochmal melden und einen Treffpunkt durchgeben. Zudem erwähnte er den Laptop - offenbar ist jetzt geplant, mir einen neuen zu vermachen. Gilden wollte das als großzügige Tat gesehen haben und verglich alles mit einem Auto, wo nur der Zeitwert gelten würde. Ich habe gekäme den Neuwert. Und schließlich begann er von Don Camillo und Peppone zu erzählen, um mich zu überzeugen, daß auch er und ich zwar unterschiedliche Ziele hätten, aber doch auch an Punkten einander bräuchten (ich kannte die Geschichte nicht so gut und mußte sie mir hinterher erst von anderen erzählen lassen, um zu begreifen, was Gilden eigentlich genau wollte).
Nach diesem Telefonat gab es verschiedene Gespräche, wie die ganze Sache nun zu beenden sei und dabei auch noch verschiedene Dokumentationen (Fotos der VSler usw.) möglich wären. Entsprechendes wurde angeleiert, bis dahin würde ich Hinhaltetaktik fahren (und wenn es zwischendurch einen Laptop als Geschenk gäbe, würde ich es annehmen. In allen Gesprächen mit politischen FreundInnen war jetzt ein Aspekt, ob ich mich durch das alles selbst gefährden würde - alles aber lag im Reich der Spekulationen. Wenn der VS Rachefeldzüge starten würde, hätte er sicher viele Mittel, gleichzeitig würde er aber auch Leute von sich in Gefahr bringen, ohne daß das was mit seinem eigentlichen Auftrag zu tun hätte.

8.
Dienstag, 13 Uhr, klingelt das Telefon. Jemand anders geht ran: "Jaaaaa, ich möchte den Herrn ...". Ich bekomme das Telefon und melde mich mit "Parlamentarische Kontrollkommission". Nach einigen Sekunden Verwirrung fragt Herr Gilden, ob wir uns gleich am Bahnhof treffen wollen. Ich lehne ab und schlage 14.15 Uhr vor - ich hätte noch etwas zu tun (tatsächlich war ich beim Zahnarzt und darf noch eine Stunde nichts essen ... und wenn ich mir das schon gebe, dann soll es wenigstens ein anständiges Mahl sein). 14.15 Uhr am Bahnhof fährt der bekannte Mercedes mit bekanntem Fahrer vor. Gilden sitzt diesmal schon vorne und bedeutet mit durchs Fenster, mich hinten hinzusetzen. Das tue ich. Begrüßung und gleich der Hinweis "Parlamentarische Kontrollkommission" heißt das aber gar nicht mehr". "Weiß ich, entgegne ich". Wenige Sekunden später: "Na, haben sie letzte Woche wieder ordentlich gesägt?" (Anspielung auf Castor-Widerstand). Undsoweiter. Unterwegs entscheiden sich die beiden Herren, zu einer anderen Gaststätte zu fahren (Autobahnraststätte ... - superteuer). Im Auto redet Gilden munter vor sich hin, vor allem über den Laptop und den geklauten Büchertisch (es sei jetzt ganz sicher, daß der Laptop nicht von Sicherheitsbehörden geklaut worden sei usw.). Und er macht eine kurze Bemerkung: Sie seien in ... gewesen. Da gäbe es ja auch eine Szene, sagt er. "So?" frage ich. Gilden: Naja, bei den Schwierigkeiten, die ihnen die Szene dort macht, gibt es sie ja wohl. Dabei bleibt es, aber es scheint ihm wichtig (Spaltung hilft dem VS ...).
In der Raste beginnt das übliche Gespräch: Viele Wort, wenig Aussagen. Gilden beginnt gleich mit der Bemerkung, daß er sich alles nochmal überlegt hätte und doch keine enge Zusammenarbeit will. Aber er würde mir gerne helfen (meint damit finanziell, Laptop usw.) und fragt mich, ob ich mir einen kleinen gemeinsamen Nenner vorstellen könnte. Ich stelle eine Gegenfrage: Es sei ja klar, warum ich machen würde, was ich tue. Aber warum tue er das? Die Antwort ist lang und besteht aus vielen Abschnitten. Zunächst berichtet Gilden von seiner konservativen Erziehung. Er sei Politologe und da gäbe es nicht viele Berufschancen (immer mit Fragen wie "Was hätten Sie gemacht, wenn ...?" gespickt). Dann versucht er lang, seine linke Gesinnung darzustellen, redet vom korrupten Staat, von Abzockern, krimineller Energie bei Politikern usw.
Irgendwann stelle ich eine weitere Frage: Ich hätte viel zu verlieren, mein gesamtes Umfeld, wenn klar würde, daß ich mit dem VS zusammenarbeite. Gilden wehrt ab mit dem Hinweis, daß VS-Leute nie auffliegen. Ich widerspreche, Gilden fordert Beispiele. Wir reden über Schlickenrieder und Steinmetz. Schlickenrieder sei kein Spitzel gewesen. Mit Steinmetz sei vereinbart gewesen, daß er auffliegt. Und auch all die ganzen Anquatschversuche seien immer nur Stories von Leuten, die sich wichtig nehmen würden. Die gäbe es nicht.
Zwischendurch kommt nochmal das Thema Laptop und Büchertisch auf. Gilden rechnet sich einen Wert von 5000 DM aus und meint, die würde er schon so bekommen und es würde auch niemand fragen, für wen und für was, aber es müßte schon in einem Zusammenhang stehen mit etwas, was zur Sache gehört. Daher schlägt er zum Ende konkreter einen kleinsten gemeinsamen Nenner vor ("er wolle mir ja helfen" sagt er immer wieder und "da können sie dann sogar was Gutes tun" usw.): Ich sollte die Jahresberichte und die nichtveröffentlichten (behördeninternen) Monatsberichte begutachten. Einmal monatlich würde Gilden sich mit mir treffen und die Texte durchgehen. Ich sollte diesen Vorschlag mal durchdenken, er würde mich dann wieder anrufen. Ich frage ein bißchen über die Berichte nach, wer die so bekommt usw. und bitte dann, mit mal einen der letzten zur Ansicht zu schicken, damit ich weiß worüber ich nachdenken soll. Gilden sagt das zu.
Wir verlassen die Raste und fahren zurück. Gilden hat noch zwei Themen. Zum einen will er sich nicht mehr mit mir in der Region treffen. Zuviele würden mich da kennen und so ein Mercedes mit Kölner Nummernschild sei sehr auffällig (hat er recht, warum die den wohl immer benutzen?). Wir müßten also etwas Neues finden (Gilden macht Probleme, daß ich nicht Auto fahre ...). Zum anderen fragt er mich, ob ich Lust hätte, mit ihm Ende April ein paar Tage nach Spanien zu fliegen. "Kennen sie Barcelona? Wunderbar dort, ein bißchen die Beine hochlegen ...". Das wars, an einer Straßenecke in ... steige ich aus.

9.
Wenige Tage nach diesem Treffen und der Klärung der Spitzelwürfe in ..., die ja der Hauptgrund waren, die Kontakte weiter zu halten, aber konkrete Vorgänge zu verzögern, kommt es zu Rückäußerungen mit sehr starker Kritik an meinem Verhalten. Mein Verhalten könnte Gräben aufreißen, die nur dem VS und anderen Herrschaftsstrukturen nützen, wenn es dazu führt, daß sich politische Gruppen entsolidarisieren oder ausgrenzen. Das war und ist nicht mein Ziel - ganz im Gegenteil. Deshalb habe ich die eigenen Zusammenhänge auch ständig sehr genau informiert. Jetzt scheint aber Schaden zu entstehen - ich hoffe das nicht, will aber keinen Schritt weiter machen, der diese Gefahr vergrößert. Und die Argumente, daß es nicht sinnvoll ist, sich überhaupt mit dem VS einzulassen, teile ich zwar nicht, halte sie aber für gewichtig. Ich möchte mich mit denen, die diese Positionen haben, nicht wegen VS-Gesprächen auseinanderbewegen. Der VS ist nichts wert, die Bewegung schon!
Darum ist hier Ende. Sollte ich die Monatsberichte noch bekommen, werde ich sie annehmen. Ansonsten gibt es keinen weiteren Kontakt. An einer Debatte über Sinn und Unsinn kreativ-frecher Auseinandersetzung auch mit dem "System" bin ich aber interessiert.

Zusatz am 9. April 2002:
An dieser Stelle endete das Protokoll. Und damit auch jeglicher Kontakt zum VS (genauer siehe in der Einleitung). Ich dachte, das wäre klar, aber offenbar hat es Zweifel gegeben, die ich meinerseits ausräumen möchte.

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