Im Namen des Volkers

OPEN SPACE: RAHMENBEDINGUNGEN SCHAFFEN!

Beschreibung


1. Beschreibung
2. Probleme und Lösungsmöglichkeiten
3. Planspiel und Open-Space verbinden?
4. Beispiele
5. „Leitsätze“ aus der Open-Space-Literatur ...
6. Weitere Internetseiten zu Open Space

Open Space sowie die nötigen Weiterentwicklungen dieses Verfahrens sind „die“ umfassende Gestaltungsform für größere Treffen, Camps, Kongresse usw. Teil können jedoch vielfältige weitere Methoden sein, denn „Open Space“ stellt nur den Rahmen für das Gesamte. Es ist daher verbindbar mit vielen weiteren Ideen – organisiert diese aber nicht zwanghaft, sondern schafft einen Freiraum, in dem die TeilnehmerInnen ihre jeweilige selbstbestimmte Form der Informationsweitergabe, Diskussion oder Entscheidungsfindung entwickeln. Darüberhinaus sichert das Verfahren die Verknüpfung und die Transparenz.
Die Idee des Open-Space oder die “systematische Kaffeepause“ stammt nicht als sozialen oder gar emanzipatorisch-politischen Bewegungen, wo oftmals Hierarchien und zielgerichtete Treffen (wo das Ergebnis schon vorher festgelegt wurde) im Vordergrund stehen. Am schnellsten wurde sich stattdessen in der Wirtschaft entdeckt, auch um kreative Potentiale von MitarbeiterInnen abzuschöpfen. Open Space ist, wie schon daraus zu sehen ist, nicht per se "gut", d.h. der Zweck und die konkreten Abläufe können und sollten (wie jede Methode) immer kritisch betrachtet, hinterfragt und weiterentwickelt werden. Die Grundidee des Open Space aber ist überzeugend: Auf Konferenzen wurde beobachtet, dass die spannendsten und anregendsten Gespräche in den Pausen zwischen den Vorträgen stattfinden. In diesen informellen Gesprächen werden die wirklichen Wünsche und Ideen der Teilnehmenden eher und auch ehrlicher mitgeteilt – nur leider selten verwirklicht, da es meist bei einem beiläufigen Gespräch bleibt. Zudem bleiben sie intransparent, d.h. das Diskutierte bleibt in den Köpfen derer, die oft sehr zufällig beieinander standen und erreichen andere, die daran auch Interesse haben oder ähnliche Aktivitäten verfolgen, nicht. Die Wirtschaft hat aus diesen “Flurgesprächen” eine Methode entwickelt, um diese Ideen - selbstverständlich effektiv - zu “nutzen”.
Dieses Verfahren schafft in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang die Möglichkeiten der freien Entwicklung von Diskussionsprozessen und Themen. Ständig können neue Fragestellungen und Themen je nach Verlauf der Debatte aufkommen und "ausgerufen" werden (z.B. durch Anschreiben an einer zentralen Säule "Thema XY trifft sich um ... Uhr in Raum A/in der Sesselgruppe am Aquarium"). Es gibt keine festen Anfangs- und Endzeiten der Kleingruppen. Es kann ein Kommen und Gehen zwischen den Kleingruppen entstehen. Während einige zuende gehen, entstehen neue Fragestellungen. Jede und jeder kann Themen benennen und zur Debatte einladen. Beim Open Space setzen sich meist die Themen durch (Abstimmung mit den Füßen, d.h. wo Leute hingehen, da kann auch die Debatte laufen - denkbar aber sind auch Arbeitskreise allein), die aus der jeweiligen Situation heraus entstehen, wenn ein unmittelbares Interesse vorhanden ist. Das ist auch gut so, da es bisherige Dominanzgruppen und -personen auf eine gleichberechtigte Ebene bringt. Wichtig ist, daß die Ergebnisse an den Stellen der Diskussion dokumentiert werden (z.B. als Plakat oder Protokoll), um wiederum die nötige Transparenz herzustellen über die diskutierten Inhalte, ob eine Debatte weitergeht oder ob konkrete Vorschläge bzw. Aktionsideen entwickelt wurden. Ein Austausch in zwischengeschalteten und abschließenden Plena ergänzt das, fördert die Entstehung neuer Diskussionen, das Zusammenkommen sich berührender Themen usw.

Infrastruktur “Marktplatz”
1) Info-Wand (AK-Phasen – was läuft wann/gerade wo?, angedachter Zeitplan, Erklärungen zur Methode Open-Space, Prinzipien ...)
2) AK-Ankündigungs-Wand
3) AK-Ergebnis-Wand
4) Vernetzungs-Wand und andere Ankündigungen (z.B. 23. - 29. Juni Anti-AKW-Fahrradtour in ... Wer hat Lust mitzukommen? Oder: Ich suche für eine Aktion ein Soundsystem, bitte melden bei ...)

Es gibt etliche Punkte, die den Verlauf und die Ergebnisse eines Open-Space-Verfahrens beeinflussen:
  • Am Beginn muß die Methode genau erklärt werden – auch deshalb, weil sie später selbstorganisiert läuft, d.h. es nicht zur Methode paßt wenn von irgendwelchen „OrganisatorInnen“ ständig Eingriffe erfolgen. Gleichzeitig sind alle Vereinbarungen, die für den Start gelten, veränderbar aus dem Prozeß heraus.
  • Die Gruppengröße muß passen. Open Space geht nur ab einer Mindestgröße, wo Untergruppen bildbar sind und sich dynamisch verändern können, ohne daß ständig irgendwelche aufgelöst werden müssen, weil es kein Hin und Her mehr gibt, alle weg sind, Gruppenteilungen alles gefährden usw. Je nach der Gruppen und dem Willen der Personen, auch kleine Arbeitsgruppen zu akzeptieren, kann das auch schon ab 12 oder 15 Personen gelingen – allerdings wird es dann auch immer wieder nur zwei oder der Personen in einer Gruppe geben. Das muß den Verlauf aber nicht beeinträchtigen.
  • Die Beteiligten müssen verstehen und für sich entdecken , daß sie die Gestaltenden sind. Alles geschieht nur aus dem Interesse und der Selbstorganisation der Anwesenden. Es gibt keine „Zuständigen“, sondern die Handelnden sind auch die Entscheidenden.
  • Entscheidend für das Verfahren und der zentrale Unterschied zu der Zufälligkeit und Intransparent der „Kaffeepausengespräche“ auf anderen Treffen ist die Transparenz und der aktiv hergestellte Informationsfluß. Das bedeutet unter auch viel Vorbereitungszeit für die Infoflußstruktur (Marktplatz usw.), wenn nicht in Räumen gearbeitet wird, die auf solche kreativen Verfahren schon hin orientiert sind.
  • Es gilt das Gesetz der 2 Füße, d.h. wer gehen will, geht. Es soll keinen sozialen Druck geben, irgendwo zu bleiben, wie es sonst in bürgerlichen oder auch „linken“ Kreisen oft so ist – wer einfach geht, verhältlich sich unverschämt u.ä., Irritation der Dableibenden ist oft die Folge. Meist sind die Gruppen auch recht klein und offen, d.h. diskutieren nicht hinter verschlossenen Türen, so daß ein Dazukommen auch kaum stört.
  • Es wird Menschen geben, die viel herumsuchen. Bei Open-Space-Fans werden sie Hummeln genannt und sind sehr wertvoll, denn sie können zwar weniger intensiv und lange mitdiskutieren, organisieren aber einen ständigen Infoaustausch auch über den Info-Marktplatz hinaus. Sie sind also keine StörerInnen, sondern verhalten sich einfach so, wie sie das gerade für sich am besten finden.
  • Die Unterschiedlichkeit der Menschen wird zur Grundlage der Qualität. Kommt es in einer Gruppe zu unüberwindbaren Unterschieden (zwischen Personen oder bei der Frage, was genau das Thema sein soll), so können zwei gebildet werden oder ein Thema kann sich auch vertagen, da ja jede Flexilibität möglich ist.
  • Es gibt keine Normierungen - ständig herumzugucken, rein- und rauszugehen ist genauso o.k. wie tagelang nur über ein Thema reden zu wollen.
  • Open Space braucht Zeit, das Verfahren ist kaum unter Zeitdruck organisierbar. Aufgrund der steigenden Bekanntheit des Verfahrens wird Open Space oft als Lockmittel eingesetzt, z.B. eine Phase von zwei oder wenigen Stunden auf einem Kongreß. Das ist Verarschung und keine wirkliche offene Struktur.
  • Eine gute Einführung sowie ein kreativer Auftakt zum Austausch von Ideen sind bei Treffen, wo die Menschen weder sich untereinander noch die Methoden kennen, nötig zur Überwindung der anfangs üblichen "Spaltung" in CheckerInnen (die wissen, was sie vorhaben) und "KonsumentInnen" (die erst mal gucken wollen, was andere anbieten). Als Möglichkeit bieten sich die „Tuschelrunden“ an (siehe Beschreibung im Kasten Beispiele – Bundes-Ökologie-Treffen)
  • Es gibt deutlich niedrigere Anforderungen an das "Anbieten" von AKs/Treffen - weder ExpertInnentum noch eine MindestteilnehmerInnenzahl sind erforderlich. Das sollte auch schon in der Einladung und in der Einführung deutlich werden, d.h. alle Anwesenden sind aufgerufen, immer ihre eigenen Interessen in den Mittelpunkt zu stellen und von diesen ausgehend kooperativ zu handeln, d.h. die für das Zustandekommen von Treffen nötigen freien Vereinbarungen zu treffen.
  • Reine Wissensvermittlung ist schwieriger, d.h. es gibt weniger organisierte AKs, die "schulisch" ablaufen. Die Intensität von Fachwissensvermittlung kann unter dem Hin und Her leiden. Allerdings bleibt fraglich, ob diese Definition von „Fachwissen“ sinnvoll ist, da Wissen nicht auf feststehende Wissensinhalte (Wissen aus Büchern usw.) reduziert werden kann. Diese sowohl in bürgerlichen wie in „linken“ Kreisen verbreitete Auffassung von Wissen ist im Gegenteil eher zu durchbrechen. Das Wissen der Menschen aus ihrem Alltag und ihrer Beschäftigung mit den Büchern, Debatten usw. sind die Wissensmenge, die es auszutauschen und weiterzuentwickeln gilt. Es kann aber sinnvoll sein, Open Space so zu organisieren, daß es auch Elemente möglich macht, die nicht dem Wesen von Open Space entsprechen. Daher sind Weiterentwicklungen des bisherigen Open Space-Ansatzes sinnvoll.


Kurzanleitung
(zum Aushang, Verteilen ...)
Hallo,
hier soll „Open Space“ laufen ... was so fremd klingt ist nichts anderes als der Versuch, Hierarchien abzubauen und in diesem Treffen das zu verwirklichen, was die Einzelnen interessiert – also z.B. Dich! Darum gibt es kein vorgegebenes Programm, denn das hätten wieder nur die „CheckerInnen“, die die immer schon dabei waren, ausgekungelt. Sondern es kommt darauf an, daß alle ihre Wünsche und Ideen einbringen – und zwar immer wieder neu. Was hier ablaufen soll, ist ein kreatives, motivierendes und durchschaubares Chaos, ein Feuerwerk von Ideen, von Gesprächen, Projektplanungen, Diskussionen, Reflexionen usw. Es wird nicht im Vorherein ein „Programm“ abgesprochen, sondern alles ist jederzeit möglich – wie in den berühmten „Kaffeepausen“ von Kongressen, die immer wieder das Spannendste sind. Aber: Es soll transparent abgehen.
Wie das funktioniert? Hier ein paar Tipps:
  • Wer eine Idee hat, guckt, wann darüber weiter geredet werden soll (sofort, später, morgen ...): Zettel mit Ankündigung und Zeitpunkt schreiben und auf dem Pinnbrett der Gesprächsecken am Infopoint aufhängen. Die Räume und Ecken, wo was laufen kann, sind gekennzeichnet – Ihr findet am Infopoint einen Plan, zudem die Markierungen auch an den Räumen selbst sowie manchmal Wegweiser. Ansonsten: Suchen – der Wille treibt Euch schon dahin ...
  • Solche Ideen können Einzelnen kommen, in Gesprächen zwischendurch oder auch in einer Arbeitsgruppe, wenn dort ein weiteres Thema auftaucht und die Gruppe sich spaltet oder einigt, eins jetzt und das andere später zu diskutieren. Als Regel gilt nur: Nichts im Geheimen machen. Alle sollen die Möglichkeit haben, an Diskussionen teilzunehmen. Daher: Aushängen – wo und wann!
  • Ergebnisse sichtbar machen: Bitte schreibt die Ergebnisse auf ... Ihr findet Plakate an der Wand, schön wäre aber auch eine Protokollierung – zum Rundgeben, Rundmailen, für Internetseiten usw. Kontaktpersonen u.ä. angeben für alle, die Nachfragen haben. Eine Ergebnis-Pinnwand kann die Ergebnisse zusammenfügen – nehmt auch Euren Ankündigungszettel wieder ab, wenn Ihr fertig seid.
  • Guck immer an diese Pinnwand, wenn Ihr da vorbeikommt oder wissen wollt, was läuft, damit Ihr nichts Spannendes verpaßt. Wenn es hier richtig abgeht, wird da ständig was Neues zu finden sein! Wenn jemandem ein Thema richtig wichtig ist, das noch auf der „Kommt noch“-Wand hängt, schreibt Euren Namen auf den Zettel. Dann können andere interessierte Personen Euch fragen, wann es Euch paßt (aber bitte nicht überall eintragen, dann funktioniert das nicht! Niemand kann überall sein!).
  • Seid mutig, Gruppen zu verlassen, wenn es Euch nicht mehr so interessiert – sucht das, was Ihr wollt. Oder ladet selbst zu dem ein, was Euch interessiert. Oder macht was Eigenes – auch Phasen, mal allein einen Vorschlag oder eine Idee umzusetzen, können sehr kreativ und cool sein.
  • Verabschiedet Euch von dem Irrtum, irgendwie müssen viele über was geredet oder gar entschieden haben, damit es so unglaublich irgendwie total demokratisch ist – das ist ein Irrglaube und oft von denen vertreten, die selbst dominant sein wollen. Nein: In großen Runden sind Dominanzen am schlimmsten – schlimmer sind nur formale Hierarchien (Vorstände, Steuerungsgruppen, Koordinationskreise und so’n Scheiß).
  • Wenn wir das Bedürfnis haben, uns mal in großer Runde zu treffen und Infos auszutauschen, dann sollte auch dieser Vorschlag einfach so eingebracht werden. Niemand ist gezwungen, aber ein „Infoaustausch in großer Runde“ oder wie Ihr das nennt, ist nicht verboten – logisch. Dafür gibt es die größeren Räume. Ihr könnt auch Streitdebatten mit besonderen Formen, Vorführungen von Filmen, Theater, Vorträge u.ä. so einfach ankündigen. Was beliebt, ist auch erlaubt!
  • Der Infopoint in der Mitte ist wichtig. Es wäre schön, wenn Ihr den immer mit Infos spickt. Die Theke und Sitzrunde dort ist auch für alle offen, die gerade nichts vorhaben. Vielleicht könnt Ihr dann anderen helfen, die nach etwas suchen, wenn Ihr die Ohren aufhaltet, was gerade wo diskutiert wird (wer spielt nicht mal gerne „Verfassungsschutz“?) – und es anderen erzählt. Ansonsten können in dieser Runde immer wieder neue Ideen entstehen. Wenn das der Fall ist: Nicht vergessen – Thema und Raum auf Zettel und aufhängen!
  • Viel Spaß, Power, Kreativität. HierarchNIE!

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