Im Namen des Volkers

MACHT UND HERRSCHAFT

Definitionen ...


1. Definitionen ...
2. Merkmale von "Herrschaft"
3. Formen der Macht
4. Sind Macht, Ordnung, Kontrolle ... notwendig?
5. Zur Wirkung von Macht
6. Appelle & Glaube an das Gute in der Macht
7. Herrschaft und Herrschaftsfreiheit
8. Links

... von Macht
Macht ist ...
"die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichwohl worauf diese Chance beruht" (Max Weber)
"Unter Macht ist jede Inanspruchnahme oder Einräumung von Hoheitsbefugnissen zu verstehen, durch die die Menschen in regierende und regierte Gruppen getrennt werden."
(Erich Mühsam)
"Die Macht muß als etwas analysiert werden, das zirkuliert oder vielmehr als etwas, das nur in Art einer Kette funktioniert. Sie ist niemals hier oder dort lokalisiert, niemals in den Händen einiger weniger, sie wir niemals wie ein Gut oder wie Reichtum angeeignet. Die Macht funktioniert und wird ausgeübt über eine netzförmige Organisation. Und die Individuen zirkulieren nicht nur in ihren Maschen, sondern sie sind auch stets in einer Position, in der sie Macht ausüben; sie sind niemals die unbewegliche und bewußte Zielscheibe dieser Macht, sie sind stets die Verbindungselemente."
(Michel Foucault, Dispositive der Macht, Merve 1978)

Aus Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft (S. 28)
Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichwohl worauf diese Chance beruht.

Aus: Michael Foucault, Dispositive der Macht, Merve Verlag Berlin (S. 35)
Der Grund dafür, daß die Macht herrscht, daß man sie akzeptiert, liegt ganz einfach darin, daß sie nicht nur als neinsagende Gewalt auf uns lastet, sondern in Wirklichkeit die Körper durchdringt, Dinge produziert, Lust verurscht, Wissen hervorbringt, Diskurse produziert; man muß sie als ein produktives Netz auffassen, das den ganzen sozialen Körper überzieht und nicht so sehr als negative Instanz, deren Funktion in der Unterdrückung besteht.

Aus: Erich Mühsam, Befreiung der Gesellschaft vom Staat, Kramer Verlag
Es liegt im Wesen der Macht, nicht nur ihre Erhaltung mit allen Mitteln zu verteidigen, sondern sich materiell und ideell immer stärker zu machen, ja, ihre Ausdehnung und Kräftigung als einzigen Inhalt allen ihren Handlungen zugrunde zu legen.

Kim Stanley Robinson: Blauer Mars, München 1999 (S. 15)
Aber es ist so leicht, in alte Verhaltensweisen zu fallen. Eine Hierarchie wird abgeschafft, und eine andere tritt an ihre Stelle. Wir müssen uns davor hüten; denn es wird immer Leute geben, die versuchen werden, hier eine zweite Erde zu erschaffen. Die Aerophanie wird endlos sein müssen, ein ewiger Weg. Wir werden schärfer denn je zuvor darüber nachdenken müssen, was es heißt, Marsianer zu sein.

Herrschaftsentstehung nach der Revolution
Aus Kim Stanley Robinson: Blauer Mars, München 1999 (S. 617)
... So kam spontan jene bürokratische Klasse zum Vorschein, die der Schrecken so vieler Theoretiker gewesen war. Die Experten, die die Politik kontrollierten und vermutlich nie wieder losassen würden. Aber wem sollten sie die auch hinterlassen. Wer sonst wollte sie haben? Niemand ...

Aus: autonome stadt, Entwurfsarbeit von Tomislav Knaffl im Wintersemester 2000/01 an der Uni Stuttgart
eine auf langfristige perioden entscheidungsrelevante stellvertreterstruktur in sozialer und wirtschaftlicher organisationsweise begünstigt entfremdung bei sowohl stellvertretern von sinn und aufwand des gegenstandes der organisation, als auch bei stellvertretenen.

Janet Biehl (1998): Der Libertäre Kommunalismus (S. 11 und 118)
Es ist nicht so, daß die Politiker diese Wahl träfen, weil sie "schlechte Menschen" währen; viele von ihnen beginnnen ihren Dienst am Staat aus idealistischen Motiven. Sie treffen diese Wahl, weil sie Teil eines Systems gegenseitiger Machtausübung geworden sind, dessen Gesetzen sie nun unterworfen sind. Dieses System gegenseitiger Machtausübung ist, um es deutlich zu sagen, der vom Großkapital beherrschte Staat selbst. Da sie unter den Rahmenbedingungen dieses Systems agieren, teil sie mit der Zeit sein bestreben, ein Machtmonopol für eine Elite von Berufspolitikern zu sichern sowie die Interessen der Wohlhabenden zu schützen, statt volksnahere Ziele zu verfolgen wie den Ausbau der Mitwirkungsrechte und die Umverteilung des Reichtums. ...
Einmal im Besitz staatlicher Amtsgewalt, verloren überzeugte Sozialisten, Kommunisten, ja selbst Anarchisten ihre moralische und politische Integrität. Diese "Rück-Bildung" ist wirklich die Regel; sie ist vorhersehbar und anscheinend unvermeidlich.


Aus Christoph Spehr, 1999: "Die Aliens sind unter uns", Siedler Verlag München (S. 218)
Der springende Punkt ist aber, ob man überhaupt an eine geplante Bedürfnisbefriedigung durch rationale Steuerung udn Planung glaubt, eine Materialisierung gesellschaftlicher Vernunft in Institutionen. Die neueren Befreungstheorien tun das nicht. Sie lehnen das autoritäre ja totalitäre Element ab, das mit einer solchen Politik einhergeht - nicht nur im Staat, sondern auch in der Firma, in der Familie, in Organisaitonen und Gruppen.

Aus Christoph Spehr (2003): "Gleicher als andere", Karl Dietz Verlag in Berlin (S. 21)
Typisch ist, ... dass Macht, wenn sie in Übereinstimmung mit den herrschenden gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen ausgeübt wird, auch Recht ist, und gleichzeitig, dass sie gar keine Macht ist. Dies klingt absurd, ist jedoch gang und gäbe und Herzstück demokratischer Propaganda. Eigentum, Verfügungsgewalt, physische und strukturelle Gewalt, Zugang zu den Ebenen, auf denen die Normen gesetzt und die Regeln verhandelt werden, alles, was einen alten, dicken Bär von einem kleinen Bär unterscheidet: Es ist so selbstverständlich, dass es unsichtbar wird.


Aus Weber-Schäfer, Peter, "Die Macht und die antike Philosophie" in: Gebhardt, Jürgen/Münkler, Herfried (1993), "Bürgerschaft und Herrschaft", Nomos in Baden-Baden (S. 23)
... Machtrelationen als Unterschiede der Handlungsmöglichkeiten verschiedener Menschen ...

Aus Mühsam, Erich (1933): "Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat", Nachdruck bei Syndikat A und im Internet
Macht bezeichnet somit die tatsächliche Gegebenheit, die aus jedem zentralistischen, obrigkeitlichen, gesetzgebundenen, staatlichen Verhältnis erwächst. Als sittlicher Grundlage ihrer Herrschbefugnisse bedient sie sich des den Menschen eingeimpften Glaubens an die Berechtigung und Notwendigkeit der Autorität.

Aus Bookchin, Murray (1992): "Die Neugestaltung der Gesellschaft", Trotzdem-Verlag in Grafenau (S. 18, mehr Auszüge)
Von Anbeginn der Geschichte, bis in die moderne Zeit, bestand der Trick aller herrschenden Eliten einfach darin, die eigenen, gesellschaftlich geschaffenen hierarchischen Herrschaftssysteme mit gemeinschaftlichem Leben als solchem gleichzusetzen, wobei letztlich die von Menschen erschaffenen Institutionen als von Gottes Gnaden erscheinen oder eine biologische Rechtfertigung erhalten.

... von Herrschaft
Widersprüchlich ist oft die Abgrenzung Macht und Herrschaft. Vielfach wird Herrschaft als institutionalisierte, also verregelmäßigte und über formale oder informelle Rahmenbedingungen abgesichterte Form der Macht verstanden. Macht gibt es auch in Wortspielen wie "Ich habe die Macht zu" und muß sich dabei nicht als Überlegenheit gegenüber anderen Menschen zeigen. Wer einer Sprache "mächtig" ist, herrscht damit nicht über andere.
Andere definieren die Begriffe anders, zum Teil sogar in der Tendenz andersherum, dass Herrschaft die formale Macht ist, d.h. die legitimierte, während Macht willkürlich sein kann.

Def. von "Macht" nach Meyers Taschenlexikon
Verhältnis der Über- und Unterordnung zw. Personen oder Staaten. M. bedarf im Unterschied zur Herrschaft und zur Autorität nicht der Anerkennung der von ihr Betroffenen. Nach Max Weber ist M. "die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht". ...
Grundlagen von M können sein: phys. oder psych. Überlegenheit, Wissensvorsprung, höhere Informiertheit, überlegene Organisationsfähigkeit und entsprechend höhere Effizienz, Charismaglaube und Angst bei den Unterworfenen. In allen auf Demokratie und bestimmte Grundrechte der Menschen ausgerichteten Gesellscahften besteht das Problem, wie M.verhältnisse durch Recht, Gesetz, Verfassung und öffentl. Kontrolle in institutionalisierte und damit anerkannte und kalkulierbare Herrschaft überführt werden können. Kein Gesellschaftssystem mit komplexer Sozialorganisation kann zum Schutz seiner Ordnung darauf verzichten, mit dem Staat ein "Monopol phys. Gewaltsamkeit" (Max Weber) zu errichten, um durch M.mittel staatl. Gewalt (Gerichte, Polizei, Militär, Strafanstalten), einen politisch ermittelten "Allgemeinwillen" oder die Rechte von Bürgern gegen andere Bürger durchzusetzen oder die äußere Sicherheit des polit.-sozialen Systems zu gewährleisten.
Neben den polit. M.strukturen in Staat, Wirtschaft, Gesellschaft bestimmen mannigfache M.strukturen - die Behauptung von (z.B. in Rollen von Mann, Eltern, Lehrern begründeten) M.positionen sowie der Auf- und Ausbau von M.positionen - vielfach und wesentlich die Handlungen der Menschen und die zwischenmenschl. Beziehungen in allen Lebensbereichen (Ehe, Familie, Beruf, Kirche usw.).


Def. von "Herrschaft" nach Meyers Taschenlexikon
Bez. für Ausübung von Macht über Untergebene und Abhängige durch Machtmittel; von Max Weber definiert als institutionalisierte Macht im Sinne legitimier, aber auch illegitimer Ausübung von Gewalt innerhalb eines politischen Systems. ...
H.typen können nach verschiedenen Gesichtspunkten aufgestellt werden. Die älteste Typologie ist die nach der Zahl der H.träger: Monokratie, Oligarchie (bzw. Aristokratie), Demokratie; nach den entscheidenden Machtmitteln der herrschenden Elite unterscheidet man z.B. Pluto-, Hiero-, Techno-, Büro-, Militokratie.


Aus Christoph Spehr, 1999: "Die Aliens sind unter uns", Siedler Verlag München (S. 104+136)
Herrschaft ist eine einseitig verzerrte Form sozialer Kooperation - einseitig erzwungene Aneignung fremder Arbeit und Natur; einseitige Bestimmung über den anderen, einseitige Kontrolle gesellschaftlicher Verhältnisse. Herrschaft besteht darin, daß ich gegenüber anderen meine Ziele durchsetzen kann, auch wenn diese das nicht wollen; daß ich das nciht nur einmal, sondern immer wieder kann; und daß ich dafür sorge, daß diese einseitige Kontrolle auch in Zukunft funktioniert, weil ich ihre Grundlage wiederherstellen, aufrechterhalten, vielleicht sogar ausbauen kann.
Dadurch unterscheidet sich Herrschaft von Macht. ...
Die Waffen, mit denen Herrschaft ausgeübt wird, liegen auf fünf verschiedenen Ebenen: direkte Gewalt; strukturelle Gewalt; Diskriminierung; Kontrolle der Öffentlichkeit; existentielle Abhängigkeit. Herrschaft sagt zu keinem Instrument vorschnell nein, sortiert aie aber nach WIrksamkeit und Risiko, nach Akzeptanz. Herrschaftsmodelle unterscheiden sich in der Wahl der Waffen; aber keines von ihnen ich auch nur halbwegs stabil, wenn es nicht Waffen auf allen Ebenen besitzt.


Aus Christoph Spehr (2003): "Gleicher als andere", Karl Dietz Verlag in Berlin
Im demokratischen Zeitalter, unserem Zeitalter, das in etwa mit den revolutionären Erschütterungen zu Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt und bis heute andauert, verliert Herrschaft im vordemokratischen Stil ihre Akzeptanz. In früheren Zeiten untermauerten herrschende Gruppen ihren Anspruch, das Kommando zu haben, gerade mit ihrer Andersartigkeit, ihrer Ungleichheit mit den Beherrschten. Die herrschenden Gruppen behaupteten, sie seien von Natur aus zum Herrschen bestellt. Sie seien von Natur aus dazu befähigt, Gott näher, der Vernunft näher, der Zivilisation näher oder wem auch immer. Sie seien der Kopf, die andern die Organe. Mit solchen Argumenten rechtfertigte sich in vordemokratischen Zeiten die Herrschaft von Königen und Adel über das Volk, von Männern über Frauen, von Weißen über Nicht-Weiße, von Reichen über Arme, von Wirtschaftseliten über die, welche nur ihre Arbeitskraft besaßen. Im demokratischen Zeitalter ändert sich das. Rechtfertigungen dieses Stils werden auf Dauer nicht mehr hingenommen. Damit verschwindet Herrschaft nicht, aber sie verändert sich; und sie stellt sich auch anders dar. Im demokratischen Zeitalter betonen Herrschende und Privilegierte unermüdlich, wie gleich sie den andern seien: kein gottgleicher Über-Bär, sondern Bär unter Bären. Sie prahlen nicht mehr mit ihrer Herrschaft, sondern behaupten, es gebe keine mehr. Und wenn die großen, alten Bären die kleinen zurechtstutzen, dann herrschen sie nicht, sondern setzen nur die Regeln durch, die für alle gelten.
... (S. 22)
Es ist nicht nur die Arbeit von Sklaven, was die Artefakte unserer Zivilisation schafft. Es ist auch die Haltung von Sklaven: Was geschieht, geschehen zu lassen. Die Regeln zu befolgen, die andere gemacht haben. Zu akzeptieren, dass man Regeln vielleicht auf kompliziertem Wege ändern kann, bis dahin aber unter allen Umständen befolgt. Wir trainieren das. Wir lassen es alle lernen und scheiden die aus, die es nicht lernen. Wir schützen die nicht, die Regeln brechen. Wir schützen die Regeln. Wir erzwingen die Sklavenhaltung genauso wie die Sklavenarbeit. Der Reiche lebt nicht nur von der Arbeit derer, die für ihn schwitzen, sondern auch von der Ohnmacht der Besitzlosen, ihn zu bestehlen. Er lebt auch von der Struktur, die ihm Land, Kapital, Wissen zuwirft und anderen nicht. Sein Kommando erstreckt sich nicht nur darauf, dass Menschen etwas für ihn tun, sondern auch darauf, dass Menschen etwas gegen ihn unterlassen. ... (S. 23)
Es ist die Erbsünde der demokratischen Moderne, diese Gewalt nicht prinzipiell bekämpft zu haben, sondern sich vorrangig damit zu beschäftigen, wie sie legitimiert und verregelt sein soll und wer darauf welchen Einfluss erhält. ... (S. 25)
Was ist Herrschaft? Herrschaft besteht darin, über andere verfügen zu können: ihre Arbeit, ihren Körper, ihre Person. Es spielt dafür keine Rolle, ob das in guter Absicht geschieht, oder unwillkürlich, ob es für die Beherrschten in dieser oder jener Hinsicht vielleicht "nützlich" ist. Es spielt keine Rolle, wer uns dazu ermächtigt hat, ob uns diese Herrschaft zugefallen ist, ob wir hart dafür gearbeitet haben oder ob wir sie einfach beansprucht haben. Es spielt auch keine Rolle, ob sie uns jemand durch demokratische Verfahren zugeteilt hat, ob sie durch Verträge zustandekommt, ob wir sie erkauft haben, ob die Beherrschten sie uns freiwillig geben. All dies sind wichtige Unterschiede, es ist nicht egal für das, was abläuft. Aber all dies ändert nichts daran, dass hier Herrschaft vorliegt. ... (S. 33)
Wenn wir uns also auf dem dünnen Eis eines verallgemeinerten Begriffs von Herrschaft bewegen wollen, dann können wir sagen: Herrschaft ist erzwungene soziale Kooperation. Die Kooperation ist erzwungen, weil die eine Seite sich nicht aus ihr lösen kann, weil sie nicht darüber bestimmen kann, was sie einbringt und unter welchen Bedingungen, weil sie keinen oder nur geringen Einfluss auf die Regeln der Kooperation hat. ... (S. 35)
Der Vorteil von Herrschaft ist, dass sie bequem ist und funktioniert. ... (S. 51)

Aus Weber-Schäfer, Peter, "Die Macht und die antike Philosophie" in: Gebhardt, Jürgen/Münkler, Herfried (1993), "Bürgerschaft und Herrschaft", Nomos in Baden-Baden (S. 29)
Herrschaft als institutionalisierte und auf Dauer ausgelegte Ausübung vorhandener Macht ...

Herrschaft ist sozialwissenschaftlich nach dem deutschen Soziologen Max Weber wie folgt definiert: "Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden". Im Unterschied zu seiner Definition der Macht (die er als soziologisch amorph, also formlos bezeichnet) setzt Herrschaft ein bestimmtes Maß an Dauerhaftigkeit voraus; sie ist eine institutionalisierte Form von Über- und Unterordnung (Subordination), die jedoch keinerlei hierarchische Strukturen voraussetzt. Dadurch, dass Weber ein Minimum an Gehorsam voraussetzt, widerspricht seine Definition der von Karl Marx, dessen Herrschaftsbegriff auf Macht basierte. Oppenheimer meinte mit Herrschaft die Beziehung zwischen zwei rechtsungleichen sozialen Klassen; er unterscheidet zwischen Herrschaft als - er folgte darin Otto von Gierke - vertikaler Sozialbeziehung und der Genossenschaft als horizontaler Beziehung. Herrschaft (geschichtswissenschaftlich): Ausübung der Macht über Untergeordnete und Abhängige durch Machtmittel. Im klassischen Sinne ist Herrschaft nur legitim, wenn über dem Herrscher und dem Beherrschten stehende Rechte zur Machtausübung eingehalten werden. Der Ursprung der Herrschaft ist in der germanischen HausHerrschaft (Gewalt des Hausherrn über die Hausgenossen) zu suchen, aus dieser entwickelte sich die GrundHerrschaft. Der Ausübende der Herrschaft war der Adel; die Königsherrschaft, die ihre Legitimität durch symbolische Rituale (Wahlen, Salbung, Krönung) und durch Herrschaftsinsignien repräsentierte, war nur eine Sonderform der Adelsherrschaft vgl. Lehnsherrschaft. Im Zeitalter der Stände ist die Macht des Herrschers durch erzwungene Herrschaftsverträge beschränkt. In der Neuzeit setzte sich die einheitliche Staatsgewalt durch. Die neuen Herrschaftsformen unterliegen einem fortlaufenden Prozess der Neuorientierung ihrer Legitimitätsgrundlage. ...

Formen der Herrschaft
Typen der legitimen Herrschaft nach Max Weber
Nach Weber kann der Gehorsam als konstitutives Element der Herrschaft rein affektuell, aber auch ideell (wertrational) oder materiell (zweckrational) begründet sein. Rein idelle oder rein materielle Motive des bzw. der Gehorchenden (z. B. des Verwaltungsstabes) begründen jedoch eine lediglich labile Herrschaft, zu der ein weiteres, sie stabilisierendes Element hinzukommt: der Legitimitätsglaube. Weber unterscheidet nun drei Idealtypen legitimer Herrschaft nach der Art ihrer Legitimation:
  • rationale / legale Herrschaft, die auf dem Glauben der an die Legalität gesetzter Ordnungen (zum Beispiel Gesetze) ruht, Beispiel: Bürokratie
  • traditionale Herrschaft, die auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit von jeher geltender Traditionen und der Legitimität der durch sie Berufenen ruht, Beispiel: Patriarchat, Feudalismus
  • charismatische Herrschaft, die auf der außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie geschaffenen Ordnung ruht. Sie versachlicht sich stets in eine rationale oder traditionale Herrschaft, Beispiel: Prophet Der Begriff der Herrschaft wird heute in der von Weber durchgesetzten Bedeutung des legitimierten (personalen) Machtverhältnisses verstanden. (Quelle dieses Absatzes einschl. der Links)

Aus Gordon, Uri (2010): "Hier und jetzt", Nautilus in Hamburg (S. 80 f.)
Gewalt kommt zur Anwendung, wenn A sein Ziel erreicht, obwohl B nicht bereit ist sich zu beugen, indem A B der Möglichkeit beraubt, zwischen Einwilligung und Nicht-Einwilligung zu wählen. (A will, dass B das Gebäude verlässt, also drängt er oder sie B physisch durch die Tür.)
Zwang wird ausgeübt, wenn B in Reaktion auf As glaubhafte Androhung einer Vorenthaltung (oder einer Strafe) einwilligt. Angesichts einer negativ ausfallenden Kosten/Nutzen-Abwägung, die durch die Drohung gegeben ist, beugt sich B aus eigenem unfreien Willen. (A richtet eine Waffe auf B und verlangt, dass B das Gebäude verlässt.)
Manipulation ist am Werk, wenn A bei der Mitteilung seiner Wünsche an B bewusst lügt oder Informationen unterschlägt. Dieser willigt ein, ohne den Ausgangspunkt oder die genaue Art der Aufforderung, die A an ihn stellt, zu durchschauen. (A bittet B, die Klingel an der Tür zu überprüfen, und sobald B hinausgetreten ist, schließt A ihn aus.)
Autorität wirkt, wenn B sich As Befehl beugt, weil er davon ausgeht, dass A das Recht hat zu befehlen und er selber eine entsprechende Pflicht zu gehorchen. (A ist ein Polizist, der B sagt, er solle das Gebäude verlassen, und B gehorcht.) ...
Macht-über ist also auch wirksam, wenn diese Gruppen Werte oder Institutionen schaffen oder fördern, die den Bereich der öffentlichen Wahrnehmung oder Kritik einschränken. Wie Stephen Lukes nachweist, kann "Macht-über" auch ausgeübt werden, indem selbst die ureigensten Bedürfnisse der Menschen beeinflusst, geformt, bestimmt werden und durch die Kontrolle ihrer Gedanken und Wünsche ihre Einwilligung gewonnen wird.


Links zu den Herrschafts-/Gesellschaftsformen:

Unterdrückung

Aus Iris Marion Young !1993), Das politische Gemeinwesen und die Gruppendifferenz, zitiert in: Massing, Peter/Breit, Gotthard (2002): „Demokratie-Theorien“, Wochenschau Verlag Schwalbach, Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn (S. 289)
Aber was ist Unterdrückung? Ich habe den Begriff der Unterdrückung an anderer Stelle ausführlicher analysiert. Kurz gesagt, eine Gruppe ist dann unterdrückt, wenn auf alle oder auf einen großen Anteil ihrer Mitglieder einer oder mehrere der folgenden Sachverhalte zutreffen:
1. Der Nutzen ihrer Arbeit oder Energie geht auf andere über, ohne daß diese anderen ihnen in reziproker Weise nützen (Ausbeutung).
2. Sie sindvon der Partizipation an wichtigen sozialen Tätigkeiten ausgeschlossen, womit in unserer Gesellschaft vorrangig ein Arbeitsplatz gemeint ist (Marginalisierung).
3. Sie leben und arbeiten unter der Autorität von anderen, verfügen über wenig Autonomie bei der Arbeit und haben selbst kaum Autorität über andere (Machtlosigkeit).
4. Sie werden als Gruppe stereotypisiert, und gleichzeitig bleiben ihre Erfahrungen und ihre Situation in der Gesellschaft im allgemeinen unbemerkt, zudem haben sie wenig Gelegenheit, ihrer Erfahrung und ihrer Sichtweise von sozialen Geschehnissen Ausdruck zu verleihen und finden kaum Gehör, wenn sie es tun (Kulturimperialismus).
5. Die Gruppenmitglieder erleiden willkürliche Gewalt und Schikane, die von Gruppenhaß oder -angst motiviert ist. In den Vereinigten Staaten werden heute zumindest die folgenden Gruppen auf eine oder mehrere dieser Arten unterdrückt: Frauen, Schwarze, amerikanische Indianer, Chicanos, Puertoricaner und andere spanisch sprechende Amerikaner, asiatische Amerikaner, schwule Männer, Lesben, Angehörige der Arbeiterklasse, arme Menschen und alte Menschen sowie geistig und körperlich Behinderte (282-283).


Autorität
Autorität ist im weitesten Sinne eine soziale Positionierung, die einer Institution oder Person zugeschrieben wird und dazu führt, dass sich andere Menschen in ihrem Denken und Handeln nach ihr richten. Sie entsteht (durch Vereinbarungen) in gesellschaftlichen Prozessen (Lehrer/Schüler, Vorgesetzter/Mitarbeiter), durch vorausgehende Erfahrungen von Macht, Fähigkeiten, Wissensvorsprung und/oder durch religiöse Überzeugungen. Die sprachlichen Wurzeln entstammen dem lateinischen „auctoritas“ (Einfluss, Geltung, Ansehen, Würde, Macht) bzw. dessen Verb „augere“, das soviel wie vermehren, fördern, bereichern, wachsen bedeutet. In derselben Wortfamilie gab es auch den "auctor" (Urheber, Schöpfer, Mehrer, Förderer, Autor). Das Adjektiv zu Autorität lautet "autoritativ". Das Adjektiv "autoritär", welches oft mit "Autorität" in Zusammenhang gebracht wird, stellt hingegen die negativen Seiten der Autorität, d.h. Machtmissbrauch, Unterdrückung und Gewalt dar. Neben der Verwendung als Attribut kann Autorität auch die Person oder Institution selbst bezeichnen, die Autorität auf ihrem jeweiligen Gebiet besitzt. So ist der Lehrer in der Schule eine Autorität kraft Gesetz; ein Wissenschaftler ist eine Autorität, wenn er bei den Kollegen allgemeine Anerkennung für seine Forschung genießt. Genau betrachtet, ist Autorität nicht als Eigenschaft, sondern als Beziehung zu begreifen; die Autorität bedarf der Anerkennung anderer, das Autoritätsverhältnis ist zweiseitig. Dabei kann es sich um die verschiedensten Beziehungsformen handeln, insbesondere können die Grade der Freiwilligkeit der Anerkennung viele Formen annehmen, insbesondere:
- Zutiefst freiwillige Bewunderung und Respekt. Autorität erhält hier einen Bezug zu Ehre.
- Faktisch akzeptierte Autorität in gesellschaftlichen Rollen (z.B. Eltern, Lehrer, Vorgesetzte, Polizisten, Richter, Trainer)
- Vortäuschen der Akzeptanz der Autorität nach Außen hin, um Nachteile zu vermeiden, bei gleichzeitiger innerer oder gegenüber Vertrauten dokumentierter Ablehnung
- Erzwungene Anerkennung von Autorität aufgrund körperlicher Unterlegenheit, in Situationen von Gefangenschaft oder Gefängnis- oder allgemein aufgrund von massiven Angstsituationen. Neue Ansätze im Lehrbereich, zum Beispiel in den konstruktivistischen Lehr- und Lerntheorien, gehen davon aus, dass die Lehrperson ihre Autorität nicht nur kraft des Gesetzes/der Position erlangt, sondern durch Zustimmung von den Belehrten. Autorität kann zudem geteilt oder delegiert werden, sofern die Autorität (als Person) gewillt ist, dies zu tun. Prinzipiell betrachtet, entsteht durch Autorität dennoch ein (wenn auch ein zeitlich, räumlich oder fachlich beliebig eingeschränkt vorstellbares) Machtgefälle zwischen im elementaren Fall zwei Personen. Erich Fromm bezeichnet die Autorität des Lehrers im Lehrer-Schüler-Verhältnis als Beispiel für eine rationale Autorität, gegenüber der irrationalen Autorität des Herrn in der Herr-Knecht-Beziehung. Die rationale Autoritätsbeziehung löst sich auf, je selbstständiger der Schüler wird, bis er schließlich der Schule entwachsen ist. Pädagogisch wird Autorität oft grundsätzlich als förderliche Autorität betrachtet, die auf Vertrauen gründet, aber auch missbraucht werden kann. Soziopsychoanalytisch kritisiert Gérard Mendel Autorität als "täuschende Maske der Gewalt", die im Fall unzureichenden oder verweigerten Gehorsams ihr wahres strafendes Gesicht zeigt. Der sehr schillernde Autoritätsbegriff beinhaltet weitere Differenzierungen: charismatische Autorität, funktionale Autorität, personale Autorität, anonyme Autorität, Sachautorität, Amtsautorität, Erziehungsautorität usw. Man kann nach Bocheński epistemische und deontische Autorität unterscheiden: Epistemische Autorität ist die Autorität des Wissenden, der sich in einem Fachgebiet besonders gut auskennt und auf den man deswegen bei Fragen, die dieses Fachgebiet betreffen, zu hören gewillt ist. Deontische Autorität bezeichnet die Autorität des Vorgesetzten, der von dieser seiner Position her Weisungen zum Verhalten seiner Untergebenen erteilen kann. Unter Demonstration von Autorität oder Autoritätsdemonstration wird eine Handlung verstanden, die dazu dienen soll, dass eine Autorität anerkennt wird. Wird die Demonstration von Autorität von mehreren zusammengehörig fühlenden gleichzeitig ausgeführt, tragen Effekte der Gruppendynamik in der Regel zu einer Stärkung der Intensität der Demonstration von Autorität bei. Das Milgram-Experiment zeigt, dass eine Deckung in dem Sinne, dass z.B. Vorgesetzte Handlungen zur Demonstration von Autorität allgemein oder im Einzelfall befürworten, weiterhin zur Stärkung der Intensität der Demonstration von Autorität beiträgt. Gibt es möglichst wenig Kontakt (z.B. Gelegenheiten für Mitgefühl) zwischen Demonstrierenden und Betroffenen, so ist dies ebenfalls intensitätssteigernd. Eine Demonstration von Autorität kann zum Beispiel positiv durch Nachsicht und Respekt oder durch die offensichtliche Suche nach einem gerechten Konsens in Konflikten und somit Demonstration intellektueller Überlegenheit geschehen. Es gibt aber auch negative Methoden, z.B. durch möglichst beeindruckendes Auftreten (Habitus, Kleidung, z.B. möglichst imposante Uniform, Talar, Abzeichen, Waffe, o.ä., durch Sprache, etwa entschiedener Tonfall, Schreien, auch Drohungen, ("Säbelrasseln"), oder Beleidigungen, sowie durch Gewalt, Androhen oder Zufügen von physischem oder psychischem Schmerz, Qual, Folter. Dazu gehört auch das Verbreiten von Angst und Terror, z.B. demonstrative Verletzung oder Tötung Anderer (Exempel statuieren). (Quelle dieses Absatzes einschl. der Links)

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