Ende Gelände

MARTIN LUTHER IM ORIGINAL

Ganzes Kapitel "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern"


1. Einleitung
2. Christlicher Fundamentalismus: Luthers theologisches Denksystem
3. Verfolgung von Andersgläubigen, Hexen und Abweichlern
4. Gehorsam gegenüber der Obrigkeit
5. Soziale Fragen
6. Sexismus
7. Antisemitismus
8. Gottes bzw. Luther's Segen für Krieg
9. Menschen mit "Behinderung"
10. Gegen Bauern und Aufstände
11. Ganzes Kapitel "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern"

Vorweg: Auch gute Zitate sind immer nur Versatzstücke, die aus dem ursprünglichen Kontext gerissen wurden und als Quelle für weitere Nachforschungen dienen können. Um Luthers' Gedankenwelt nicht nur bruchstückhaft zu erleben, dokumentieren wir an dieser Stelle einen Originaltext, in dem der Reformator sich eindeutig auf der Seite der Obrigkeit positioniert und zur blutigen Niederschlagung der Bauernaufstände aufruft. Aber lest selbst ...
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Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern (Quelle: Martin Luther, 1525)
Im vorigen Buchlin turste ich die Bauren nicht urteilen, weil sie sich zu Recht und besser Unterrischt erboten, wie denn Christus gebeut, man solle nicht urteilen, Matth. 7. Aber ehe denn ich mich umsiehe, fahren sie furt und greifen mit der Fause drein mit Vergessen ihrs Erbietens, rauben und toben und tun wie die rasenden Hunde. Dabei man nu wohl siehet, was sie in ihrem falschen Sinn gehabt haben und daß eitel erlogen Ding sei gewesen, was sie unter dem Namen des Evangeli in den zwelf Artikeln haben furgewendet. Kurzum, eitel Teufelswerk treiben sie. Und in Sonderheit ist's der Erzteufel, der zu Möhlhusen regiert und nichts denn Raub, Mord, Blutvergießen anricht, wie denn Christus Joh. 8 von ihm sagt, daß er sei ein Morder von Anbeginn. Nu, denn sich solche Baurn und elende Leute verfuhren lassen und anders tun, denn sie geredt haben, muß ich auch anders von ihnen schreiben und erstlich ihre Sunde fur ihre Augen stellen, wie Gott Jesaja und Hesekiel befehlt, ob sich etlich erkennen wollten und darnach der weltlichen Oberkeit Gewissen, wie sie sich hierinnen halten sollen, unterrichten.
Dreierlei greuliche Sunden wider Gott und Menschen laden diese Baurn auf sich, daran sie den Tod verdienet haben an Leibe und Seele mannigfältiglich: Zum ersten, daß sie ihrer Oberkeit treu und hulde geschworen haben, untertänig und gehorsam zu sein, wie solchs Gott gebeut, da er spricht: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Und Röm. 13: Idermann sei der Oberkeit untertan etc.. Weil sie aber diesen Gehorsam brechen mutwilliglich und mit Frevel und dazu sich wider ihre Herren setzen, haben sie damit verwirkt Leib und Seel, als die treulose, meineidige, lugenhaftigen, ungehorsamen Buben und Bosewicht pflegen zu tun, darum auch St. Paulus Röm. 13 ein solch Urteil uber sie fället: Wilche der Gewalt widerstreben, die werden ein Gericht uber sich uberkommen. Wilcher Spruch auch die Baurn endlich treffen wird, es geschehe kurz oder lange, denn Gott will Treu und Pflicht gehalten haben.
Zum andern, daß sie Aufruhr anrichten, rauben und plundern mit Frevel Kloster und Schlosser, die nicht ihr sind, damit sie als die offentlichen Straßenräuber und Morder alleine wohl zwiefältig den Tod an Leib und Seele verschulden. Auch ein aufruhrischer Mensch, den man des bezeugen kann, schon in Gotts und kaiserlicher Acht ist, daß, wer am ersten kann und mag, denselben erwurgen recht und wohl tut. Denn uber einen offentlichen Aufruhrigen ist ein iglicher Mensch beide, Oberrichter und Scharfrichter, gleich, als wenn ein Feur angehet: Wer am ersten kann leschen, der ist der Best. Denn Aufruhr ist nicht ein schlechter Mord, sondern wie ein groß Feur, das ein Land anzundet und verwustet. Also bringt Aufruhr mit sich ein Land voll Mords, Blutvergießen und macht Witwen und Waisen und verstoret alles wie das allergroßest Ungluck. Drum soll hier zuschmeißen, wurgen und stechen, heimlich oder offentlich, wer da kann, und gedenken, daß nichts Giftigers, Schädlichers, Teuflischers sein kann denn ein aufruhrischer Mensch, gleich als wenn man einen tollen Hund totschlahen muß: Schlägst du nicht, so schlägt er dich und ein ganz Land mit dir.
Zum dritten, daß sie solche schreckliche, greuliche Sunde mit dem Evangelio decken, nennen sich christliche Bruder, nehmen Eid und Hulde und zwingen die Leute zu solchen Greueln mit ihnen zu halten, damit sie die allergroßten Gotteslästerer und Schänder seines heiligen Namens werden, und ehren und dienen also dem Teufel unter dem Schein des Evangelii. Daran sie wohl zehenmal den Tod verdienen an Leib und Seele, daß ich häßlicher Sunde nie gehoret habe. Und achte auch, daß der Teufel den Jungsten Tag fuhle, daß er solch unerhorte Stuck furnimmt, als sollt er sagen, es ist das letzte, darum soll es das ärgste sein, und will die Grundsuppe ruhren und den Boden gar ausstoßen, Gott wölle ihm wehren. Da siehe, wilch ein mächtiger Fürst der Teufel ist, wie er die Welt in Händen hat und ineinandermengen kann, der so bald so viel tausend Baurn fangen, verfuhren, verblenden, verstocken und empören kann und mit ihn machen, was sein allerwütigester Grimm furnimmt.
Es hilft auch die Baurn nicht, daß sie furgeben, 1. Mos. 1 und 2, seien alle Ding frei gemeine geschaffen, und daß wir alle gleich getauft sind, denn im Neuen Testament hält und gilt Moses nicht, sondern da steht unser Meister Christus und wirft uns mit Leib und Gut unter den Kaiser und weltlich Recht, da er spricht: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. So spricht auch Paulus Rom. 12 zu allen getauften Christen: Idermann sei der Gewalt untertan. Und Petrus: Seid untertan aller menschlicher Ordnung. Dieser Lehre Christi sind wir schuldig zu geleben, wie der Vater vom Himmel gebeut und sagt: Dies ist mein lieber Sohn, den höret. Denn die Taufe macht nicht Leid und Gut frei, sondern die Seelen. Auch macht das Evangeliun nicht die Güter gemein, ohn alleine, wilche solchs williglichvon ihn selbs tun wöllen, wie die Aposteln und Jünger Apostelgesch. 4 täten, wilche nicht die fremden Güter Pilatis und Herodis gemein zu sein foderten, wie unser unsinnige Bauren toben, sonder ihr eigen Güter. Aber unser Bauren wöllen der andern fremden Güter gemein haben und ihr eigen fur sich behalten. Das sind mir feine Christen! Ich mein, daß kein Teufel mehr in der Helle sei, sondern allzumal in die Baurn sind gefahren. Es ist uberaus und uber alle Maße das Wueten.
Weil denn nu die Bauren auf sich laden beide, Gott und Menschen, und so manchfältiglich schon des Tods an Leib und Seele schuldig sind und keine Rechten gestehen noch warten, sondern immerfort toben, muß ich hie die weltliche Oberkeit unterrichten, wie sie hierin mit gutem Gewissen fahren sollen. Erstlich: Der Oberkeit, so da kann und will ohn vorgehend Erbieten zum Recht und Billigkeit solche Baurn schlahen und strafen, will ich nicht wehren, ob sie gleich das Evangelion nicht leidet. Denn sie hat des gut Recht, sintemal die Baurn nu nicht mehr um das Evangelion fechten, sondern sind offentlich worden treulose, meineidige, ungehorsame, aufrührische Mörder, Räuber, Gotteslästerer, wilche auch heidenische Oberkeit zu strafen Recht und Macht hat, ja, dazu schuldig ist, solche Buben zu strafen. Denn darum trägt sie das Schwert und ist Gotts Dienerin uber den, so Ubels tut (Röm. 13).
Aber die Oberkeit, so christlich ist und das Evangelion leidet, derhalben auch die Bauren keinen Schein wider sie haben, soll hie mit Furchten handeln und zum ersten die Sachen Gott heimgeben und bekennen, daß wir solchs wohl verdienet haben, dazu besorgen, daß Gott vielleicht den Teufel also errege zu gemeiner Strafe deutschs Lands, darnach demutiglich bitten wider den Teufel um Hülfe. Denn wir fechten hie nicht alleine wider Blut noch Fleisch, sondern wider die geistlichen Bösewicht in der Luft, wilche mit Gebet mussen angriffen werden. Wenn nu das Herze so läßt walten, ob er uns wölle oder nicht wölle zu Fürsten und Herren haben, soll man sich gegen die tolle Bauren zum Uberfluß (ob sie es wohl nicht wert sind) zu Recht und Gleichem erbieten, darnach, wo das nicht helfen will, flugs zum Schwert greifen.
Denn ein Fürst und Herr muß hie denken, wie er Gottes Amtmann und seins Zorns Diener ist (Röm. 13), dem das Schwert uber solche buben befohlen ist und sich ebenso hoch fur Gott versundiget, wo er nicht straft und wehret und sein Amt nicht vollfuhret, als wenn einer mördet, dem das Schwert nicht befohlen ist. Denn wo er kann und straft nicht, es sei durch Mord oder Blutvergießen, so ist er schuldig an allem Mord und Ubel, das solche buben begehen, als der, da mutwilliglich durch Nachlassen seins göttlichen Befehls zuläßt, solchen Buben ihre Bosheit zu uben, so er's wohl wehren kann und schuldig ist. Darum ist hie nicht zu schlafen. Es gilt auch nicht hie Geduld oder Barmherzigkeit. Es ist des Schwerts und Zorns Zeit hie und nicht der Gnaden Zeit.
So soll nu die Oberkeit hie getrost fortdringen und mit gutem Gewissen dreinschlahen, solang sie eine Ader regen kann. Denn hie ist das Vorteil, daß die Bauren böse Gewissen und unrechte Sachen haben, und wilcher Baur darüber erschlagen wird, mit Leib und Seele verluren und ewig des Teufels ist. Aber die Oberkeit hat ein gut Gewissen und rechte Sachen und kann zu Gott also sagen mit aller Sicherheit des Herzens: Siehe, mein Gott, du hast mich zum Fursten oder Herren gesetzt, daran ich nicht kann zweifeln, und hast mir das Schwert befohlen uber die Ubeltäter (Röm. 13). Es ist dein Wort und mag nicht lügen, so muß ich solchs Amt bei Verlust deiner Gnaden ausrichen, so ists auch offentlich, daß diese Bauren vielfaltig fur dir und fur der Welt den Tod verdienet und mir zu strafen befohlen. Willt du nu mich durch sie lassen töten und mir die Oberkeit wieder nehmen und untergehen lassen, wohlan, so geschehe dein Wille. So sterbe ich doch und gehe unter in deinem göttlichen Befehl und Wort und werde erfunden im Gehorsam deines Befehls und meines Amts. Drum will ich strafen und schlahen, solange ich eine Ader regen kann. Du wirst's wohl richten und machen.
Also kann's denn geschehen, daß, wer auf der Oberkeit Seiten erschlagen wird, ein rechter Märterer für Gott sei, so er mit solchem Gewissen streit, wie gesagt ist, denn er geht in göttlichem Wort und Gehorsam. Wiederum, was auf der Bauren Seiten umkommt, ein ewiger Hellebrand ist, denn er fuhret das Schwert wider Gotts Wort und Gehorsam und ist ein Teufels Glied. Und ob's gleich geschehe, daß die Bauren oblegen (da Gott fur sei!), denn Gott sind alle Ding muglich, und wir nicht wissen, ob er vielleicht zum Vorlauft des Jüngsten Tags, wilcher nicht ferne sein will, wölle durch den Teufel alle Ordnung und Oberkeit zerstören und die Welt in einen wusten Haufen werfen, so sterben doch sicher und gehen zu Scheitern mit gutem Gewissen, die in ihrem Schwertamt funden werden und lassen dem Teufel das weltlich Reich und nehmen dafur das ewige Reich. Sölch wunderliche Zeiten sind itzt, daß ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann baß denn andere mit Beten.
Am Ende ist noch eine Sache, die billig soll die Oberkeit bewegen. Denn die Bauren lassen ihn nicht benugen, daß sie des Teufels sind, sondern zwingen und dringen viel frummer Leute, die es ungerne tun, zu ihrem teufelischen Bunde und machen dieselbigen also teilhaftig aller ihrer Bosheit und Verdammnis. Denn wer mit ihn' bewilliget, der fährt auch mit ihn' zum Teufel und ist schuldig aller Ubeltat, die sie begehen. Und müssen's doch tun, weil sie so schwachs Glaubens sind, daß sie nicht widerstehen. Denn hundert Töde sollt ein frummer Christ leiden, ehe er ein Haarbreit in der Bauren Sache bewilliget. Oh, viel Märterer künnten itzt werden durch die blutdürstigen Bauren und Mordpropheten. Nu solcher Gefangener unter den Baurn sollten sich die Oberkeit erbarmen. Und wenn sie sonst keine Sache hätten, das Schwert getrost wider die Bauren gehen zu lassen und selbs Leib und Gut dranzusetzen, so wäre doch diese uberig groß gnug, daß man solche Seele, die durch die Bauren zu solchem teuflischen Verbundnis gezwungen und ohn ihren Willen mit ihnen so greulich sundigen und verdammt müssen werden, errettet und hulfe. Denn solche Seelen sind recht im Fegefeur, ja, in der Hellen und Teufels Banden.
Drum, lieben Herren, loset hie, rettet hie, helft hie! Erbarmet euch der armen Leute! Steche, schlahe, würge hie, wer da kann! Bleibst du druber tot, wohl dir! Seliglichern Tod kannst du nimmermehr uberkommen, denn du stirbst in Gehorsam göttlichs Worts und Befehls (Röm. am 13.) und im Dienst der Liebe, deinen Nähisten zu retten aus der Hellen und Teufels Banden. So bitte ich nu: Fliehe von den Bauren, wer da kann, als vom Teufel selbs! Die aber nicht fliehen, bitte ich, Gott wöllte sie erleuchten und bekehren. Wilche aber nicht zu bekehren sind, da gebe Gott, daß sie kein Gluck noch Gelingen haben mussen. Hie spreche ein iglicher frummer Christ Amen. Denn das Gebet ist recht und gut und gefället Gott wohl. Das weiß ich. Dunkt das jemand zu hart, der denke, daß unträglich ist Aufruhr, und alle Stünde der Welt Verstörung zu warten sei.

Autor : Martin Luther, 1525 ++ Dieser Original-Text als .rtf-Textdokument
Quelle: www.glaubensstimme.de/reformatoren/luther/300.htm

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