Ende Gelände

VERSUCHSFELD MIT TRANSGENER GERSTE:
KÖNNEN DIE LANDWIRTSCHAFT?

2008: Eine Besetzung beendete den Versuch - aber nicht die Lügen!


1. Die Uni, die Stadt und das Beet
2. Die Ziele des Gerstenversuchs: Täuschung und Wahrheit
3. Sicherheitsforschung war es nicht - was aber dann? Die tatsächlichen Versuchsziele
4. Umgang mit Fördergeldern und anderen Geldbeträgen
5. Vertuschte Risiken: Lügen und Täuschungen zu Auskreuzung und Gentransfer
6. Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit
7. Stellungnahmen zum Versuch und zum Bedarf an transgener Gerste
8. Kritik an den MacherInnen des Gersten-Versuchsfeldes
9. Zusatzinfos zum Gengerstefeld
10. Wer wird da tätig? Kogel, das IFZ und sein Kollege Sonnewald
11. Der lange Weg zur Aussaat: Viele Jahre Labor, wenige Monate PR-Kampagne!
12. Einblicke in den Versuchsablauf
13. 2008: Eine Besetzung beendete den Versuch - aber nicht die Lügen!
14. Nachschlag 2009: Versuch in Groß Lüsewitz
15. Links

Das dritte Jahr. Die Uni bereitete sich intensiv vor. Jedoch nicht, um Pannen mit unkontrollierter Gerste in der Landschaft zu vermeiden oder diesmal die Sicherheitsauflagen einzuhalten, sondern um GentechnikgegnerInnen und vor allem FeldbefreierInnen abhalten zu können. Also: Noch mehr Sicherheitsaufwand! Der auffälligste Vorbote war die Obstplantage am Ostrand des Ackers. Die wurde übel ramponiert, um freien Blick in alle Richtungen zu haben.

Im Original: Sicherheitsvorkehrungen 2008
Die Obstbaumanlage am Gerstenfeld - nicht mehr viel übrig. Gentechnik dient dem Umweltschutz - sichtbar! Nachfragen bei Obstbaumexperten ergaben folgende Einschätzung (Stellungnahme am 11.2.2008):"Man kann das, denke ich, nur noch als Katastrophen-Schnitt bezeichnen. ... Die meisten Bäume werden das wohl nicht überleben."
Vergrößern der Fotos durch Klick auf die Bilder!


Doch es kam anders. In der Nacht vom 30. auf den 31. März wurde das Feld wird besetzt. Mitten in der Stadt gelang das Kunststück, unbemerkt einen 12m hohen Turm mit Ankettvorrichtung aufzubauen und eine ebenso ausgestattete 800kg Betonpyramide auf die Fläche zu schaffen. Erst nach der Morgendämmerung entdeckten Uni-Bedienstete und Polizei die Aktion. Da hingen schon die ersten Transparente im Wind ...
Die Nerven der Versuchsbetreiber lagen folgenden Morgen blank. Mitarbeiter der Versuchsstation zerstückelten mit Motorsägen das Inventar der Besetzung an. Ein wütend schnaufender Prof. Imani (Stellvertreter des Institutschefs Kogel) filmte stundenlang das Geschehen und schließlich tauchteKogel selbst auf. Er blieb im sicheren Schutz der am Feld postierten Polizei und beschimpfte die Besetzung als "Kindergarten". Dann folgten drei Wochen Besetzung - mit einer ungeahnten Nervenschlacht rund um die Frage, wer über die Besetzung und den dadurch blockierten Versuch die Deutungshoheit hatte. Vorteil Uni: Der Filz in der Stadt mit Regierenden, Polizei und vielen MedienvertreterInnen. Vorteil BesetzerInnen: Die Präsenz vor Ort, Aktionen plus eigene Veröffentlichungen in der Stadt und Einzelkontakte zur Presse. So herrschte drei Wochen ein absurdes Tauziehen. Startschuss: DieUniversität sperrte gentechnischkritische Internetseiten auf allen Rechnern der Uni. Die Sperre währte zwar nicht lange, nachdem Nachfragen von PressevertreterInnen an die Uni gingen, aber der Vorgang ist dennoch bizarr. Hier werden Recherchemöglichkeiten undkritische Blicke zensiert. Was deutsche Medien immer über China oder Russland schreiben - hier ist es längst Realität! Ein anderes kommunikatives Schlachtfeld: Kogel behauptete schnell, der Versuch sei ohnehin nicht mehr geplant gewesen in diesem Jahr und die Besetzung deshalb unsinnig. Das Feld solle stattdessen in den USA angelegt werden. Die Gießener Tagespresse druckte die Versionen des Professors unüberprüft ab. Doch gelogen war alles, wie spätere Recherchen belegten.
Dann die vermeintlich ermordeten Bienen ... tatsächlich hatte ein Anwohner, der die BesetzerInnen immer mal wieder besuchte, auf dem Uni-Gelände (außerhalb der besetztenFläche) randaliert. Das traf auch einige Bienenstöcke, die dort standen und zum Teil mit überwinternden Bienenvölkern belegt waren. Polizei, Univerwaltung und Wachschutz prüften die Lage vor Ort, kümmerten sich aber nicht um die beschädigten Bienenkästen. Das taten die BesetzerInnen. Als sie erfuhren, dass Bienenstöcke beschädigt wurden, riefen sie eine ihnen bekannte Imkerin, die sofort kam und die Bienenvölker wieder in ihren Überwinterungsplatz setzte. Schon wenige Tage danach - an den ersten warmen Tagen des Jahres - konnten die BesetzerInnen beobachten, wie die Bienen ausschwärmten. Doch vor allem die Gießener Allgemeine nutzte das Ereignis zu einer absurden Hetzjagd auf die FeldbesetzerInnen. Die ganze erste Woche versuchte die Universität, die BesetzerInnen durch immer neue Zaunreparaturen einfach von der Umgebung abzuschneiden, auszuhungern. Doch auch das gelang nicht. Am Ende war klar: Der Gengersteversuch in Gießen war Geschichte - und es war die die Besetzung der Fläche am Alten Steinbacher Weg, die dem Spuk das Ende bereitete.



Im Original: Nervenkriege rund um die Feldbesetzung 2008
Zensur unter dem Deckmantel der Wissenschaftsfreiheit: Als am 31.3.2008 das Gengerstenfeld besetzt wurde, sperrte der die Universitätgentechnikkritische Seiten an Uni-Rechnern, unter anderem www.gendreck-giessen.siehe.website und www.gendreck-weg.de.
War 2008 gar keine Aussaat geplant? Die Uni behauptete das ...

  • 30./31.3.2008: Das Gengerstenfeld wird besetzt.
  • 31.3. vormittags: Versuchsleiter Kogel verweigert jegliches Gespräch mit der Presse.
  • 31.3. nachmittags: Uni-Pressestelle und Kogel reden ... und behaupten plötzlich, es sei ohnehin keine Aussaat vorgesehen.
  • 1.4.: Kogel sagt gegenüber der Gießener Allgemeinen, der Versuch werde in den USA fortgesetzt. Das veröffentlicht die Gießener Allgemeine am Folgetag. Am gleichen Tag fragt Dr. Lühs (Uni) bei Frau Kraus (Uni) an, dass Dr. Gerlach von der Überwachungsbehörde (RP) wissen will, was es mit der Behauptung, es würde dieses Jahr nicht ausgesät werden, auf sich hat. Der RP hätte das aus der Presse erfahren. Zwei Tage später geht ein Fax von Lühs an das BVL (3.4.2008): "hiermit teile ich Ihnen im Rahmen ob. Freisetzungsvorhabens mit, dass seit dem 31.03.2008 eine Besetzung der Versuchsfeldfläche der JLU ... erfolgt ist. Im Übrigen teile ich Ihnen gemäß Nebenbestimmung II.3 des Genehmigungsbescheids (...) vom 03.04.2006 mit, dass die Universität in diesem Anbaujahr (Vegetationsperiode) nicht beabsichtigt, von der Freisetzungsgenehmigung Gebrauch zu machen."
  • 10. April: Auf der Seite der Bundesregierung zum Genforschungsprogramm www.biosicherheit.de wird ein Text veröffentlicht, in dem es heißt: "In der Saison 2008 sind keine Freisetzungsversuche mit gv-Gerste geplant. Nun wollen die Aktivisten das Feld so lang besetzt halten, bis das Forschungsprojekt vollständig eingestellt sei und auch in Zukunft auf Freilandversuche mit gv-Gerste verzichtet werde."
    Auch gegenüber der Presse heißt es nun immer: "In diesem Jahr sei nicht geplant gewesen ..." (HNA, 12.4.2008)
    Das würde bedeuten, der Versuch wird 2008 nicht ausgesät, aber möglicherweise später fortgesetzt. Dann hätte die Besetzung eine Pause erzwungen. Mit dem Eintrag im Standortregister und der bewilligten Förderung steht das allerdings nicht im Einklang.

Doch stimmte das? Die im März 2008 vorliegenden und später recherchierten Fakten sprachen eindeutig dagegen:

  • 2005: Die Universität Gießen beantragt die Genehmigung eines Gerstenversuchs für die Jahre 2006, 2007 und 2008
  • 2006: Der Versuch wird genehmigt und ins Standortregister eingetragen. Dort steht:
  • Auch die Mittelbewilligung durch das Bundesministerium für Forschung zeigt die Jahre 2006 bis 2008, für 2008 sind 122.000 Euro bewilligt:
  • 2007: Nach der Zerstörung des Gerstenfeldes kündigt Versuchsleiter Kogel mehrfach öffentlich an, den Versuch 2008 weiterführen zu wollen.
  • Anfang 2008: Die Obstplantage am Feld wird radikal beschnitten. Der Verdacht entsteht, dieses könnte einer besseren Überwachung dienen. Das Flutlicht ist weiter installiert, auch die Bauteile für den Käfig um die Parzelle liegen weiterhin auf dem Hof des Instituts. Nichts deutet darauf hin, dass der Versuch nicht weiter stattfinden soll.
  • Prof. Andreas Schier von der FH Nürtingen gibt bei Welt Online ein Interview, dass am 17.4. veröffentlicht wird. Dort jammert er, zum Abbruch seines Versuchs durch die Feldbesetzung in Oberboihingen gezwungen worden zu sein und vergleicht das mit dem Ablauf in Gießen. Zitat: "In Gießen gab es ebenfalls eine Feldbesetzung. Die Entscheidung zur Teileinstellung der Forschungsarbeiten wurde dann meines Wissens aber immerhin einvernehmlich zwischen Hochschulleitung und dem zuständigen Lehrstuhlinhaber getroffen" (Welt-online, 17.4.2008). Auch das beweist: Der Versuch in Gießen ist durch die Besetzung beendet worden.

Zur Klärung, diesich in den Akten zum Gengersteversuch bei Uni und Überwachungsbehörde fand, veröffentlichten die FeldbesetzerInnen dann später einen zusammenfassenden Text:

Feldbesetzung führte zum Aus für das Gengerstenfeld 2008 (Gießener Zeitung, 11.9.2008)
AktivistInnen von Gießener gentechnikkritischen Gruppen nahmen am vergangenen Mittwoch die nach dem Umweltinformationsgesetz mögliche Akteneinsicht in die Unterlagen zum Gießener Gengersteversuch. Dabei konnten sie feststellen, dass die Informationen der Universität Gießen falsch waren, die am 1.4.2008 in Gießener Zeitungen zu finden waren. Einen Tag nach der spektakulären Besetzung des Versuchsfeldes durch Anti-GentechnikaktivistInnen mit einem 12 Meter hohen Turm, Zelten und Betonblock zum Anketten hatte der Versuchsleiter Prof. Kogel bekannt gegeben, dass ohnehin keine Aussaat geplant gewesen sei. Aus der Akte war nun zu entnehmen, dass erst auf die wegen der Presseveröffentlichung nachfragende, irritierte Überwachungsbehörde eine offizielle Mitteilung erfolgte, dass der Versuch abgebrochen wurde. Am 3. April faxte der zuständige Sachbearbeiter an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: "Hiermit teile ich Ihnen im Rahmen ob. Freisetzungsvorhabens mit, dass seit dem 31.03.2008 eine Besetzung der Versuchsfeldfläche der JLU ... erfolgt ist. Im Übrigen teile ich Ihnen gemäß Nebenbestimmung II.3 des Genehmigungsbescheids (Az. ...) vom 03.04.2006 mit, dass die Universität in diesem Anbaujahr (Vegetationsperiode) nicht beabsichtigt, von der Freisetzungsgenehmigung Gebrauch zu machen." Damit ist klargestellt, dass es die Feldbesetzung war, die dafür sorgte, dass keine weitere Ausbringung von gentechnisch veränderten Pflanzen auf dem Stadtgebiet Gießen erfolgte.

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