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Ö-PUNKTE 4/2000

Freiwirtschaft - eine Alternative?

Das ganze Heft und seine Texte: 4/00: Netzwerke 8,9 MB (Textdateien im .zip)

Leider gibt es von der Ausgabe 4/2000 nur diesen einen Text aus der Redaktion "Wirtschaft" online.

Siehe auch: LeserInnenbriefe zum Text +++ Zitate zur Freiwirtschaft

Als "dritten Weg" (u.a. Titel der Zeitung der Freisozialen Union) verkauft sich die Freiwirtschaft. Sie begründet sich auf die Wirtschaftstheorien von Silvio Gesell. Der hatte ein umfassendes Wirtschaftskonzept geschrieben, in dem die Abschaffung des Zinses, der festgeschriebene Wertverlust des Geldes ("Schwund") sowie eine Umverteilung von Eigentum, gleichzeitig aber auch eine Befreiung der Wirtschaft von allen Reglementierungen gefordert wird. Schon diese Theorien sind alles andere als eine Alternative zum Kapitalismus. Zudem lohnt auch ein Blick auf weitere Schriften von Gesell und aktuellen Umtrieben vieler FreiwirtschaftlerInnen - rassistische und rechte Positionen vielerorts.

Gesell - einer der ersten Neoliberalen
Schon der Name "Freiwirtschaft" täuscht nicht. Wirtschaft muß frei sein, fordert Gesell. Und "Umsatz, Umsatz, Umsatz". Wirtschaftswachstum ist denn auch eines der wichtigsten Argumente, die Gesell für seine Vorschläge einbringt. Das würde auch heute noch gelten. Anders als die Annahme der FreiwirtschaftlerInnen, bei einem Wegfall des Zinses würde das schädliche Wirtschaftswachstum unterbleiben, ist eher das Gegenteil zu erwarten - und Gesell selbst wußte und wollte das auch. Das ständige Ringen um Profit ist nicht primär durch den Zinsdruck, sondern durch das Streben nach Mehrung des Kapitals und der Macht hervorgerufen. Die Logik von Verwertung kann nicht durch Detailmaßnahmen am Geldverkehr behoben werden!

Freiwirtschaft - Eingangstür für rechte Ideologie
Fast überall in Freiwirtschaftskreisen finden sich persönliche Kontakte und inhaltliche Bezüge zu rechten Kreisen, z.B. zum Collegium Humanum, zum Weltbund zum Schutze des Lebens usw. In ihren verschiedenen Zeitschriften kommt das unterschiedlich stark rüber. Von der softeren Fraktion der Christen für eine gerechte Wirtschaftsordnung (CGW), dem Verlag und der Zeitschrift für Sozialökonomie (von Werner Onken) bis zur deutlichen rechten Freisozialen Union (FSU) mit ihrer Zeitung "Der Dritte Weg" reichen inhaltliche und personelle Schnittstellen. Die Chefideologen sind überall zu finden - Vielreferent Helmut Creutz oder der rechte Ideologe ("Nationalrevolutionär") Günter Bartsch. Eingang finden FreiwirtschaftlerInnen vor allem in der Debatte um alternative Ökonomie, zum einen als Referenten bei den entpolitisierten Umweltorganisationen oder bei der ÖDP (Gesell-Fan Hermann Benjes ist dort Spitzen-Funktionär), zum anderen in verschiedenen Tauschringen sowie neuerdings massiv bei "Mehr Demokratie". Offen für rechte, rassistische und biologistische Positionen war schon Gesell selbst - Distanzierungen von diesen Positionen sind Mangelware:
"Wie bei allen Lebewesen, so hängt auch das Gedeihen des Menschen in erster Linie davon ab, daß die Auslese nach den Naturgesetzen sich vollzieht ... auch kann in dieser amerikanischen Rassenpolitik der schwarze Bestandteil, können die Neger eines Tages die Oberhand gewinnen ... So kämen die Frauen wieder zu ihrem Wahlrecht, und zwar nicht zum wesenlosen politischen Wahlrecht, sondern zum großen Zuchtwahlrecht." (Auszüge aus "Die natürliche Wirtschaftsordnung").

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