Im Namen des Volkers

QUERFRONT: LECHTS UND RINKS?
ÜBERGREIFENDE IDEOLOGIEN

Rechts = National und sozial? Links = Staat und sozial? Mehr Unterschied nicht?


1. Rechts = National und sozial? Links = Staat und sozial? Mehr Unterschied nicht?
2. Lechts und rinks kann man nicht velwechsern!
3. Ex-"Linke" bei den Rechten: Nationale Linke, Eso-Linke und Eso-Alternative ...
4. Beispiele für Querfront-Argumentationen und Projekte
5. Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
6. Links

Eigentlich ist es klar ...
Definition Links und Rechts laut Grebing, Helga (1971): "Linksradikalismus gleich Rechtsradikalismus. Eine falsche Gleichung" (S. 8f)
Linke wollen die Erweiterung der Autonomie des einzelnen, den Fortschritt der Emanzipation sozialer Gruppen oder Klassen von rational nicht mehr legitimierbarer Herrschaft, neue erweiterte Formen der Beteiligung aller an den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen - dies alles unter Benutzung eines optimal als rational ausweisbaren Instrumentariums; Rechte wollen die Einordnung des Individuums in haltende natürliche Gemeinschaften, der Bindung der sozialen Gruppen an eine hierarchisch gestufte Ordnung der Gesellschaft, die Stabilisierung von Entscheidungsstrukturen, die durch Individuum und Gesellschaft vorgeordnete Institutionen bestimmt werden - dies alles mit einem Instrumentarium, das überrationale Bezüge in den Vordergrund zu rücken ermöglicht.

Aber ...
Das Känguru über den Unterschied zwischen Links- und Rechtsextremismus
»Ein extrem wichtiges Thema. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ob Links-oder Rechtsextremismus – da sehe ich keinen Unterschied.«
»Doch, doch«, ruft das Känguru laut dazwischen. »Es gibt einen Unterschied. Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos anzünden ist schlimmer. Denn es hätte mein Auto sein können. Ausländer besitze ich keine.«

Und schlimmer: Verwechselbarkeiten ...
Das Thema Antikapitalismus durchzieht die Protestbewegungen, unter anderem die sich immer wieder in Parteiform zusammenfindenden staatsnahen bis -fetischistischen Teile von Protestbewegung. Dann dominieren zum einen die Eliten, zum anderen verkürzen sich die thematischen Aussagen - mit Blick auf WählerInnen und kurzfristige Medienpräsenz wird der öffentliche Schlagabtausch zum platten Populismus. In dieser Zuspitzung verengen sich auch die Unterschiede zwischen rechtem und linkem Protest, denn beide zielen mit den vereinfachten Schemata der Kritik darauf ab, Unzufriedenheit in der Bevölkerung aufzugreifen und zu wandeln in ein SympathisantInnentum für die eigenen Organisationen bzw. Parteien. Im gesellschaftlich dominanten Themenbereich Wirtschaft - Standortpolitik - Sozialpolitik - (Anti-)Kapitalismus unterscheiden sich rechte und linke Kritiken nur noch sehr begrenzt. Beide analysieren starke Ungerechtigkeiten und eine Ausbeutung der ArbeiterInnen und Arbeitslosen. Die Schnittmengen der von beiden Seiten georteten VerliererInnen sind hoch.
  • VerliererInnen nach herkömmlicher rechter Wahrnehmung: Deutsche ArbeiterInnen und Arbeitslose, Familien, Jugend
  • VerliererInnen nach moderner rechter Wahrnehmung: Alle ArbeiterInnen, d.h. auch Menschen aus anderen Ländern. Diese sollen sich aber bitte nur in ihren sog. Heimatländern auflehnen - und dorthin zurück, falls sie schon geflohen sind. Die moderne Rechte entwickelt internationalistisch-solidarische Denkmodelle über nationale Grenzen hinweg gegen das böse Kapital, die bösen Regierungen usw.
  • VerliererInnen nach linker Wahrnehmung: Alle ArbeiterInnen und Arbeitslosen.
  • Einige dogmatisch marxistische, z.T. auch dogmatisch anarchistische Gruppen beschränken sich weiterhin allein auf die ArbeiterInnen als unterdrückte Klasse.

Bei der Rettung der Welt setzen alle Seiten auf eine Wiedererstarkung zentraler Gesellschaftssteuerung. Autoritäre Politik wird von beiden Seiten (ohnehin von allen politischen Lagern) gewollt - wenn auch eingesetzt gegen jeweils andere Gruppen der Gesellschaft, die diszipliniert werden sollen. Die Organisierungsform ist zwischen linken und rechten Positionen unterschiedlich, allerdings bei beiden verschwommen.
  • Herkömmliche linke Organisierungsvorstellungen: Re-Regulierung, verschärfte Kontrollen aller Wirtschaftstätigkeit (zum Teil auch darüber hinaus), Verstaatlichung (oft Vergesellschaftung genannt, was etwas anderes sein könnte, bislang aber meist nicht war) statt Privatisierung, Stärkung oder erstmalige Schaffung transnationaler Institutionen (UNO usw.).
  • Populistische oder Querfront-Linke: Behauptung, dass das Wiedererstarken am besten im nationalen Rahmen funktioniert. Zum Teil (in den 80ern stärker) wird noch die Idee des (Bio-)Regionalismus damit verbunden. Begründet wird das mit den starken Globalisierungskräften, die von außen die Menschen (das Volk) bedrohen, welches sich deshalb auf "seinem Territorium" gegen das Böse von außen wehren muss. Beispiele realer Politik sind die Sympathien für die führerorientierten, national-sozialistischen Regierungen von Venezuela, Bolivien, Cuba, Zimbabwe usw. (Anfang 21. Jahrhundert) bis hin zu nationalistischen Führern wie im Iran, Weißrussland usw.
  • Populistische oder Querfront-Rechte: Sehr ähnlich der Querfront-Linken, aber zumeist gepaart mit rassistischen Aufteilungs-Logiken, d.h. die Menschen sollen in ihren Heimatländern bleiben, in die sie angeblich besser passen (Bio-Regionalismus).
  • Herkömmliche Rechte: Befürwortung zentraler Gesellschaftssteuerung, aber ohne Konzentrierung auf explizit staatliche Strukturen - meist aber aus realpolitischen Gründen zunächst den starken Staat befürwortend. Dieser soll erobert werden, um ihn umzufunktionieren zu einem Führer- oder Einparteienstaat. Ablehnung der Stärkung internationaler Institutionen - das ist der wichtigste Unterschied zur herkömmlichen Linken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in den populistischen oder Querfrontteilen beider Strömungen kaum Unterschiede zu finden sind. Zentraler Unterschied ist insgesamt die Liebe der "Linken" zu internationalen Machtstrukturen. "Ihr" Staat darf gerne auch auf internationaler Ebene mit internationaler Handlungsmacht entstehen. Die dadurch entstehenden Probleme (wohin sollen Menschen vor einem solchen Weltstaat noch fliehen? usw.) werden in den Debatten nicht einmal erwähnt - das zeigt, wie naiv der Glaube an das Gute von oben ist.
Das gilt auch für rechte Programmatiken. Straffe Führung mutiert zu etwas per se Hoffnungsvollem.

Jürgen Elsässer (Ex-Redakteur Jungle World, heute Chefredakteur Compact) in seinem "Offenen Brief an Beate Zschäpe"
Es wird Sie vielleicht wundern, dass ich als alter Linker so um Sie und Ihr Überleben besorgt bin. Abgesehen davon, dass ich die alten Kategorien links und rechts ohnedies für überholt halte, weil keiner heute mehr genau sagen kann, ob sich auf der Achse Brüssel-Berlin ein neuer Faschismus oder eine neue UdSSR herausbildet – abgesehen davon sind Sie mir irgendwie sympathisch.

Zentrale Kategorie und gemeinsamer Bezug ist das Volk - wenn auch in nicht immer deckungsgleicher Interpretation. Identisch ist aber von rechts bis links die Behauptung einer Kollektivität, gemeinsamer Interessen, eines gemeinsamen Willens und der Fähigkeit, mit einer Stimme zu sprechen.

Schlimmer: Querfront - auch linke mit nationalen und sozialen Ideen
Es geht schlimmer. Etliche Linke treten mit der Position auf, dass nicht nur die Wiedererstarkung zentraler Gesellschaftssteuerung (Staat), sondern gerade die Verteidigung der territorialen Zugriffsebene dieser Steuerungsmacht von großer Bedeutung ist. Sie argumentieren dabei meistens über das Schlimmere, was von außen kommt - und geben sich damit explizit anti-international. Die Wiedererstarkung zentraler Gesellschaftssteuerung kann nach ihrer Meinung nur im Rahmen der abgeschotteten Nation gelingen.

Beispiele für rechte Gruppen mit "linken" Bezügen und Linke wie Elsässer, Lafontaine & Co. mit national-sozial(istischen)en Positionen:

Texte zu linken und rechten antikapitalistischen Positionen
Aus Kaindl, Christina, "Völkischer Antikapitalismus", in: Junge Welt, 25.9.2006 (S. 10 f.)
Der aktuelle Rechtsextremismus "beschwindelt" die Menschen nicht einfach, sondern er greift subjektive Erfahrungen mit gesellschaftlichen Umbrüchen auf, bietet ein Modell für ihr Verständnis und ihre Veränderung und muß dabei nicht mit den eigenen Grundlagen – völkischer Nationalismus, Rassismus und Ungleichheitsideologien sowie Ablehnung von Demokratie zugunsten strafferer Führungskonzepte – brechen.
Wenn die Erfahrungen mit den gesellschaftlichen Umbruchprozessen den Problemrohstoff bieten, der von der extremen Rechten bearbeitet wird, dann ist es notwendig, daß die Linke alternative Bearbeitungsformen und Vergesellschaftungsmöglichkeiten dieser Erfahrungen bereitstellt.


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