Polizeidoku Gießen

STREICHELZOO FÜR GVO IN ÜPLINGEN: WO MON810 NOCH STAND, ALS ER VERBOTEN WAR!

Schaugarten in Üplingen (Betreiber: BioTechFarm)


1. Vom Ende der Agrogentechnik-Ausbringung ...
2. Was war 2012 zu erwarten - und was wurde draus?
3. Hintergrundtexte
4. Schaugarten in Üplingen (Betreiber: BioTechFarm)
5. Who is who im Schaugarten?
6. Landesfilz: Börde&Sachsen-Anhalt im Zentrum deutscher Agro-Gentechnik
7. Rückblick auf Aktionen
8. Links und Materialien

Über den Schaugarten Üplingen findet sich ein
Text ab Seite 15 in der Broschüre "Organisierte
Unverantwortlichkeit" (Infoseite ++ PDF)

Der dritte und neueste, deutsche BioPark, gemeinsam organisiert aus den Seilschaften der Länder Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, entstand im Westen Sachsen-Anhalts, 50 km westlich von Magdeburg: Eröffnet im Juli 2008, dient die Üplinger BioTechFarm nach eigener Darstellung der Beeinflussung von Meinungen über Gentechnik. Zudem entwickelte sich der Ort schnell zum wichtigen Baustein im unübersichtlichen Gewirr von Firmen, das schon an IPK und AgroBioTechnikum wirkten. Von den dortigen und weiteren BetreiberInnen vor allem der staatlich hoch geförderten Forschungsfelder wurden Zweitflächen von Versuchsfeldern angemeldet, die am AgroBioTechnikum oder auf Firmengelände liegen. Ständig kommen neue Versuche hinzu. Hier wirkten sich einerseits die guten Kontakte zu Forschungsinstituten und Firmen aus, andererseits drängen diese nach Üplingen, weil ihnen andernorts der Wind des Protestes immer stärker ins Gesicht weht. Am 7.9.2009 schlossen IPK-Gentechnikfirmen und BioTechFarm-MacherInnen einen Vertrag über die Verlagerung der Freisetzungen von Gatersleben nach Üplingen. Damit dürfte sich die BioTechFarm zum wichtigsten Mehrfachversuchsstandort in Deutschland entwickeln. Sollte das AgroBioTechnikum weiter unter Druck geraten, könnte es schnell auch der einzige sein.
2009 wurden im „Schaugarten Üplingen“, wie er auch heißt und von den PR-Strategen von TransGen vermarktet wird, Versuchsflächen von Pioneer (Mais), BASF (Kartoffeln), Monsanto (Mais), der Uni Rostock (Weizen und Kartoffeln) und KWS (Round-up-Ready-Rüben) angemeldet. Dreist organisierten sich die BetreiberInnen eine Freisetzungsgenehmigung für den MON810-Mais. Was LandwirtInnen in Deutschland verboten ist, darf hier zu reinen Propagandazwecken in die Landschaft gebracht werden!
Die Geschichte der BioTechFarm wirft ein bizarres Licht auf die Kaltblütigkeit der Gentechnik-Seilschaften und auf die Schwäche aktueller Umweltschutzstrategien. Ausgangspunkt der Entwicklung war nämlich eine PR-Kampagne für Nachhaltigkeit. Das Dorf Üplingen wurde zum Aushängeschild für eine nachhaltige Entwicklung der Welt. Der Titel des UN-Dekadeprojektes: „Das Dorf Üplingen als Agenda 21 Siedlung und Motor der nachhaltigen Entwicklung im ländlichen Raum - Üplingen 2049“.72 Als eines der Projekte wurden Renovierung und Ausbau des Stiftsgutes Üplingen vorangetrieben. Das alles sollte ein „Leitprojekt des Bördekreises für die integrierte ländliche Entwicklung“ ergeben (Faltblatt aus 2005).73 Anfangs war sogar das in Nachhaltigkeitsfragen renommierte Wuppertal-Institut als Projektpartner beteiligt. Auf der Internetseite zur UN-Dekade wird das Projekt auch noch ganz harmlos, allerdings von Anfang an verschwommen wie bei Nachhaltigkeitsprojekten üblich, beschrieben:



Zwei Jahre später plätscherte das Nachhaltigkeitsprojekt gemächlich, aber noch in der ursprünglichen Form vor sich hin. Im Mittelpunkt stand die Renovierung des Stiftsgutes. Eigentümerin war und ist die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz. Verpachtungen liefen über die niedersächsische Landesverwaltung (GLL).74 Das Geld aber kam vor allem von Karl-Heinz Lichtschläger und dessen Saatgutwirtschaft S.G.L. in Erftstadt (bei Köln). Er pachtete das Stiftsgut, wurde zum reichen Mäzen aus dem Westen und dominierte die Abläufe im 100-EinwohnerInnendorf Üplingen und in der für die Aktivitäten gegründeten ARGE Üplingen.75 Als Vorsitzender des Bundesverbandes der Vermehrungsorganisationen mit Saatgut (BVO) verfügte er über gute Kontakte bundesweit, u.a. zur Gentechnik-Lobbygruppe Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP).
Mitte 2007 wurde ein Papier mit vier Zielen für das Nachhaltigkeits- und UN-Dekaden-Projekt verfasst. Eine geplante Biogasanlage wurde als neues Projekt eingebunden. Ihre Restwärmenutzung sollte zu diesem Zeitpunkt aber noch dem Umweltschutz dienen. Die Titel der vier „Einzelmaßnahmen“ im Papier:

1. Nutzung der Restwärme der Biogasanlage in Üplingen: ...
2. Einrichtung eines Büros für die Forschung, Betreuung und Entwicklung von regenerativen Energiesystemen: ...
3. Tagungs- und Weiterbildungszentrum erneuerbare Energien: ...
4. Transnationale Zusammenarbeit: ...76


Doch im Laufe der Jahre 2007 (zunächst verdeckt77) und 2008 griffen die Gentechnik-Seilschaften zu: Uwe Schrader, Vorsitzender von InnoPlanta, Macher aus dem Filz am Gaterslebener IPK und FDP-Politiker im Land, gründete die BioTechFarm und traf sich schon vorab im typischen Geflecht mit Konzernvertretern und den zuständigen Landesbehörden. Nichts und niemand stellte sich ihm in den Weg.

Zudem organisierte Uwe Schrader Gelder und zog die Fäden über den Mäzen des ehemaligen Nachhaltigkeitsprojektes, Lichtschläger. Die Idee eines Schaugartens und Zentrums für gentechnische Pflanzenzüchtung entstand - mit Uwe Schrader als erstem Geschäftsführer. Im April 2008 gab er diesen Posten an die Überall-Geschäftsführerin Kerstin Schmidt weiter, blieb aber „Beirat“ der Farm. Die sachsen-anhaltinischen und mecklenburgischen Seilschaften brauchten neue Flächen. Das AgroBioTechnikum schwächelte, war wenig ausgelastet und kommunalpolitisch zunehmend umstritten. Im IPK zerstörten AktivistInnen das letzte Genfeld,78 das Projekt in Gatersleben war zudem im Laufe der Jahre mehr und mehr in die Kritik geraten. Interner Druck auf die verstrickten Funktionäre der beteiligten Kirche ließen die Gentechniklobbyisten neues Land suchen. Sollte nun in Üplingen das neue El Dorado für Gentechnik und Geldwäsche entstehen? Die im Zuge des Nachhaltigkeitsprojektes entstandene Infrastruktur wurde handstreichartig übernommen. Innerhalb eines Jahres wandelte sich die Zielsetzung - geschickt und kaum merklich. Wendepunkt: Das Symposium 2008 zur Nachhaltigkeit. Dort trat Uwe Schrader erstmals öffentlich auf. Er ist selbst nicht in der Gentechnik tätig, sondern organisiert Infrastruktur und Fördermillionen für ForscherInnen und Firmen. Als ehemaliger Referent im Wirtschaftsministerium verfügt er über ausreichend Kontakte. Sein Auftritt in Üplingen wurde auf der Internetseite zum Symposium dokumentiert.79



Zudem wurde die Studie "Wirtschaftliche Zukunftsfelder in Ostdeutschland" vorgestellt, die offensiv für die Gentechnik warb: "Die Biotechnologie hat sich innerhalb weniger Jahre in Deutschland zu einer Boom-Branche entwickelt, was sich an der wachsenden Zahl innovativer Firmengründungen ablesen lässt. In keinem anderen europäischen Land gibt es derzeit vergleichbar viele Standorte, an denen sich Biotechnologie-Unternehmen angesiedelt haben, wie in Deutschland. Die Gründe liegen ähnlich wie in anderen europäischen Regionen u.a. in der staatlichen Förderung, mit der finanzielle Schwierigkeiten in der Anfangsphase der Unternehmen abgefangen werden können. Positiv hat sich ferner ausgewirkt, dass die Lücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und wirtschaftlicher Anwendung spürbar verkleinert werden konnte." (S. 124) Die Arbeit stammte aus der Universität Rostock stammte, die von der benannten staatlichen Förderung der Gentechnik profitiert.

Der Deal mit den Versuchsfeldern war auch mit - wieder einmal willfährigen - staatlichen Stellen geklärt. Schon am 15.1.2008 trafen sich Uwe Schrader, Monsanto und die Überwachungsbehörden in Üplingen. Das Planungspapier aus dem Jahr 2007 wurde umgeschrieben.


Auszug einer Begehung - aus den Akten bei der Überwachungsbehörde in Sachsen-Anhalt


Das oben zitierte Planungspapier aus 2007 wurde umgeschrieben. Der Punkt vier des Projektplanes wurde ausgetauscht, „Transnationale Zusammenarbeit“ mutierte zum „Zentrum für Pflanzenzüchtung“. Die Biogasanlage erhielt eine neue Bestimmung als Kraftwerk für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen. Plötzlich las sich die Liste so:

Aus den Zielen im überarbeiteten Projektpapier vom Mai 2008:
1. Nutzung der Restwärme der Biogasanlage in Üplingen: ...
2. Einrichtung eines Büros für die Forschung, Betreuung und Entwicklung von regenerativen Energiesystemen: ...
3. Tagungs- und Weiterbildungszentrum erneuerbare Energien: ...
4. Zentrum für Pflanzenzüchtung: ...


Ein unscheinbarer, aber weit reichender Austausch. In einem Rundbrief, dem der veränderte Text als Ergebnis einer Besprechung angefügt war, behaupteten die Autoren dreist: „Im Ergebnis wurden die bereits definierten Entwicklungsziele bestätigt ...80 Die Übernahme des Nachhaltigkeitsprojektes durch die wichtigsten Seilschaften deutscher Gentechnik wurde so weitgehend vertuscht. Aus einem - politisch schwächlichen - Nachhaltigkeitsprojekt81 wurde geräusch- und übergangslos das aggressivste und vielleicht demnächst auch für Forschungsgeldflüsse wichtigste Agro-Gentechnikprojekt in Deutschland. Der gesamte Text des neuen, letzten Absatzes:

4. Zentrum für Pflanzenzüchtung
Es soll ein Zentrum für Pflanzenzüchtung nach einem modularen System entstehen. Als erster Schritt soll eine Verbindung von Pflanzenzüchtung und Öffentlichkeitsarbeit realisiert werden. Auf einer Ackerfläche neben dem Gutshof erfolgt im Rahmen eines wissenschaftlichen Züchtungsprojektes der Freilandanbau gentechnisch veränderter Pflanzen, der ein Bestandteil des nach Bundesrecht durchzuführenden Zulassungsverfahren ist.
Auf einer zweiten Fläche entsteht ein Schaugarten, in dem innovative Pflanzen für den Energiebereich präsentiert werden. Dieser kann während der Vegetationsperiode besichtigt werden. Im Schaugarten werden sowohl herkömmlich gezüchtete Pflanzen als auch gentechnisch veränderte angebaut, für die eine entsprechende Genehmigung der zuständigen Bundesbehörde vorliegt.80


BefürworterInnen einer auf Profitmaximierung zielenden Gentechnik, die auf Gemeinderat und NachbarInnen wenig Rücksicht nehmen, bestimmten nun den Ort. Entstanden war ein Wolf im Schafspelz, ein Ort der Gehirnwäsche für Gentechnik unter dem Banner der Nachhaltigkeit. BesucherInnen von Bildungsveranstaltungen zur Nachhaltigkeit im Stiftsgut Üplingen werden durch Gentechnik-Pflanzungen geführt. Das gutgemeinte (aber von Beginn an schlecht gemachte) Engagement für Nachhaltigkeit wird der Gentechnik geopfert. Die absurde Verbindung wird im Prospekt des Gentechnik-Schaugartens82 sogar offen benannt: „Der Ort Üplingen wurde von der UNESCO und dem Deutschen Nationalkomitee 2005 im Rahmen der UN-Dekade ,Bildung für nachhaltige Entwicklung' ausgezeichnet. Damit ergeben sich für die Schaufarm zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Fortentwicklung dynamischer Bildungsprojekte.“ Wie das praktisch aussieht, ließ sich im September 2008 bestaunen.

Das 6. Symposium ,Bildung für nachhaltige Entwicklung' am 27.09.2008 im Stiftsgut Üplingen, als Beitrag zum ,Tag der Regionen' und zu den ,Aktionstagen Bildung für nachhaltige Entwicklung' der Deutschen UNESCO-Kommission/Nationalkomitee ... Geplante Programmpunkte sind: ... Darstellung des ,Schaugartens Üplingen' mit den ,Pflanzen der Zukunft'.83

Im Original: Bilder einer Machtübernahme ...

Aus dem Agenda-21-Dorf wird eine Gentechnik-Hochburg. Oben das Ortsschild und im Hintergrund der Schaugarten.
Unten: Das halbe Dorf ist für die Öffentlichkeit gesperrt. Im Hintergrund eine Schautafel, die nicht mehr zugänglich ist.


Im Konflikt mit BesetzerInnen des Schaugartens im März 2009 beanspruchte Kerstin Schmidt mit der Firma das Hausrecht über das gesamte Gelände des Hofgutes und einigen Teilen des Dorfes. Gerichte bestätigten die Betretungsverbote, ebenso die Versammlungsbehörde bei Anmeldung gentechnikkritischer Demonstrationen. Die Machtübernahme der Gentechnikseilschaften zeigt sich deutlich.

Auszug (oben) und Anlage (unten) aus dem Schreiben der BioTechFarm GmbH vom 17.3.2009


Foto: Durchgang von der Neustadt (eine von zwei Straßen in Üplingen) zum Dorfpark. Das Schild lädt zum Betreten ein, der Park soll auch nach Beschlusslage der Kommune öffentlich bleiben. Doch GentechnikgegnerInnen erhielten Strafanzeigen und wurden entsprechend von der Polizei behandelt, als sie durch den Park spazierten (das Foto entstand bei diesem Spaziergang).


Der Skandal um die Umwidmung des Hofgutes aber ging weiter. 2011 organisierte die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz den Bau des Tagungszentrums für die Gentechnikseilschaften. Das Ganze wurde als dörfliches Begegungszentrum getarnt und aus EU- und Landesmitteln bezuschusst. In einer Anfrage der Grünen im Landtags wurde das hinterfragt. Die Landesregierung antwortete:


Doch das war gelogen. Am 21.3.2012 fragten gentechnikkritische Gruppen wegen einer Veranstaltung an. Diese wurde verboten - genau von der BioTechFarm GmbH. Auszug aus deren Brief:



Genehmigungsrechtlich sind die Genversuchsfelder in Üplingen ein Sonderfall: Die Felder sind überwiegend Zweitstandorte – ihre Hauptflächen liegen am AgroBioTechnikum oder, wie bei der KWS, auf Firmenflächen. Die Verbindung ist kein Zufall, sondern Ergebnis der Verbindung zwischen den Seilschaften in der Gentechnik: Kerstin Schmidt ist auch Geschäftsführerin des AgroBioTechnikums, Firmen wie BASF und KWS sind über Lobbyverbände der Gentechnik wie InnoPlanta ebenfalls überall mit dabei. Biovativ, die als Auftragsfirma für Universitäten und Firmen schon am AgroBioTechnik die Felder anlegte, ist auch hier als Dienstleistungsunternehmen tätig. Seit 2009 weht auch im Hof des Schaugartens Üplingen die Firmenfahne.
Doch eines ist ganz einmalig: In Üplingen stand 2009 und 2010 der Bt-Mais MON810. Der war im übrigen Bundesgebiet verboten - weil gefährlich. Aber hier stand er. Die Welt schrieb in einem Jubelartikel am 22.9.2009 von MON810 auf der Farm. Im Tageblatt stand am 25.8.2009: „Der Bt-Mais MON 810 wiegt sich im Wind - genauso wie die Hybridzüchtungen nebenan. Den kleinen Unterschied erkennen Laien nicht. Lediglich die Schilder "Pflanzen sind nicht zum Verzehr bestimmt. Betreten für Unbefugte verboten", Vogelschutznetze und Turm erinnern die Besucher, dass es kein Garten wie jeder andere ist. Eine Mantelsaat soll verhindern, dass Genmais-Pollen zu weit fliegen.“ Auf der Internetseite des Schaugartens hieß es dann 2010 selbst: "Die im Schaugarten gezeigten Bt-Maissorten sind vor allem Sorten des in der EU für den Anbau zugelassenen Bt-Maises MON810." Und in der Tat: Es lag eine Einzelgenehmigung des BVL vor. Was kein Bauer durfte: Für die SeilschafterInnen machten die staatlichen Kontrolleure den Weg frei - für ein reines Werbeprojekt! Damit der verbotene Mais auch überzeugt, gab es gleich den Vergleich daneben: "Zum Vergleich wachsen auf den Nachbarparzellen die jeweiligen konventionellen Vergleichssorten mit gleichen Anbaueigenschaften." Besonders schwer ist es dann ja nicht, dafür zu sorgen, dass sie um einiges jämmerlicher aussehen.

Im Original: Gentech-Felder in Üplingen
Felder 2009: Versuchsflächen folgender Firmen und Universitäten waren beantragt:
  • Pioneer: Mais
  • BASF: Kartoffeln
  • Monsanto: Mais (2x), darunter der in Deutschland verbotene MON810 (mit BVL-Extragenehmigung)
  • KWS: Zuckerrüben (Roundup-Ready-System von Monsanto) ++ Presseinfo der KWS dazu
  • Uni Rostock (Versuchsleitung: Prof. Broer): Weizen, Kartoffeln
Übersicht neu angemeldeter Versuche laut Mitteilung des Landesverwaltungsamtes vom 14.1.2009 (noch ohne KWS)



Oben: Aus dem Standortregister für 2009
Unten: Eintrag im Freisetzungsregister von MON810


Felder 2010

Oben: Aus dem Standortregister für 2010
Unten: Aus dem Prospekt "Schaugarten Üplingen" mit Beschreibung der einzelnen gv-Pflanzen

Der Text zur Zuckerrübe zeigte sich im Verlauf des Jahres dann überholt. Die Roundup-Ready-Rübe H7-1 von KWS wurde im September 2010 in den USA verboten. In Üplingen blieb sie stehen.


Ausschnitte aus der Schaugartenbroschüre "Feldführer 2010"


Üplingen aber ist mehr als Gentech-Felder. Gebäude und Flächen sind der wichtigste Treffpunkt der Seilschaften. Das bisher größte Treffen war das InnoPlanta-Forum am 7.9.2009, als 100 dicke Limousinen auf die von Polizei und Wachschutz abgeschirmten Parkplätze der BioTechFarm fuhren. Eingeladen hatte der Gentechnik-Lobbyverband InnoPlanta und bot ein Tagungsprogramm mit illustren Gästen aus Medien und Politik. Das fachliches Niveau wurde von unabhängigen BesucherInnen als "peinlich" bis "unterirdisch" bezeichnet. Dafür traten klangvolle Namen aus Politik und Gesellschaft auf. Das Geschehen spaltete die Anwesenden in vier Gruppen: Die Seilschaften der Gentechnik drinnen, per Arbeitsauftrag zu ihrer Unterstützung eingesetzte willige VollstreckerInnen in Uniform, die Proteste weniger unabhängiger AktivistInnen, die ganztags vor dem Stiftsgut gegen die Gentechnik-Geflechte demonstrierten, und das merkwürdige Fehlen von Umweltgruppen, Öko- und anderen BäuerInnen.
Ein Jahr später hatte das InnoPlanta-Forum an Glanz verloren. Statt Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement trat die seit Jahren in den Seilschaften agierenden, also quasi 'hauseigene' FDP-Abgeordnete Christel Happach-Kasan als FestrednerIn auf. Die TeilnehmerInnenzahlen aus den großen Konzernen halbierte sich, viele bekannte Personen fehlten ganz. Die GesamtbesucherInnenzahl wurde nur gehalten, weil fast fünfzig GentechnikkritikerInnen im Saal weilten.

Nicht nur InnoPlanta unterstützt den Schaugarten. Direkt verbandelt sind auch die Gentechnik-PR-Agenturen aus Aachen rund um den ehemaligen Umweltverbands-Funktionär Spelsberg und GentechnikerInnen der RWTH Aachen, die auch für das Forum Bio- und Gentechnologie die Werbung organisieren. Der Webgestalter im Impressum der Internetseiten von Schaugarten, TransGen und dem Aachener Forum ist immer der gleiche. Der Leiter des Mais-Versuchsfeldes der RWTH Aachen, Stefan Rauschen, erhielt 2010 den InnoPlanta-Preis für seine Verdienste in der Propaganda für diese Technik



Schwacher Widerstand
Am 12. März 2009 wurde der Schaugarten von GentechnikgegnerInnen besetzt. Im Konflikt beanspruchte Kerstin Schmidt mit ihrer Firma das Hausrecht über das gesamte Gelände und das halbe Dorf.84 Die Notwendigkeit verstärkten Widerstandes begründet sich darin, dass Firmem vom IPK-Gelände in Gatersleben, Agrarkonzerne und das nahegelegene JKI mit Hauptsitz in Quedlinburg verstärkt die Üplinger Flächen nutzen könnten und - siehe den Vertragsabschluss am 7.9.2009 - auch wollen. Schon 2009 waren insgesamt neun Freisetzungsversuche angemeldet - Rekord in Deutschland.85 Die Ausdehnung der Versuchsfelder steht bevor. Die Tagungen auf dem Hofgut gehören zu den Hauptvernetzungstreffen der Gentechnik-Seilschaften. Viel Anlass zum Handeln also. Doch von Umweltverbänden oder einschlägigen Parteien ist in Üplingen wenig oder nichts sehen - wenn sie nicht sogar, wie die grüne Bundestagsabgeordnete beim InnoPlanta-Forum 2009 auf der anderen Seite mitmischten.

Im Original: Protest von NGOs, Grünen und anderen
Oscherslebener Erklärung vom 12.3.2008 (BUND Sachsen-Anhalt, NABU Sachsen-Anhalt, Verbund Ökohöfe Wanzleben,
Bürger der Gemeinde Ausleben und Warsleben und Kreisverband Börde BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mammendorf)
Wegen der zu erwartenden möglichen Gefahren und Benachteiligungen fordern die Bürgerinnen und Bürger die Wirtschaftsbeteiligten im Landkreis Börde auf, in den nächsten fünf Jahren im Landkreis Börde keinen Anbau von Genveränderten Organismen (GVO) durchzuführen. Vielmehr erscheint den Bürgerinnen und Bürgern eine Stärkung der konventionellen, umweltschutz-orientierten und ökologischen Produktion für die langfristige Naturstabilität und für die Wirtschaftlichkeit der ansässigen Unternehmen als der richtige Weg. Die Unterzeichner der Erklärung empfehlen allen Landeigentümern, landwirtschaftliche Fläche nur an Landwirte zu verpachten, die im Pachtvertrag zusichern, GVO-frei zu wirtschaften. Die Unterzeichner erachten die möglichen langfristigen ökologischen und gesundheitlichen Folgen eines breiten langjährigen GVO-Anbaus als nicht ausreichend geklärt. Der Kreistag wird aufgefordert, die Oscherslebener Erklärung überparteilich per Beschlussfassung zu unterstützen.
Den Anbau von Gen-Pflanzen halten die Unterzeichner aus folgenden Gründen für problematisch:

  • Die überwiegende Mehrheit der Konsumenten will Lebensmittel, die ohne GVO produziert worden sind. Die überwiegende Mehrheit der Landwirte lehnt den GVO-Anbau ab.
  • Ein möglicher GVO-Anbau gefährdet das entstandene, sehr gute Image der Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft in der Magdeburger Börde.
  • Ökolandwirte und Imker werden bei GVO-Anbau in der Region in ihrer Existenz bedroht.
  • Gentechnik im Freiland kommerziell angebaut führt nach einer bestimmten Zeit zu einer GVO-Grundkontamination ähnlich wie bei Pestiziden – anders als bei Pestiziden ist aber eine Selbstvermehrung bei GVO möglich. Eine Rückholbarkeit ist nicht gegeben.
  • Eine Trennung von GVO-freien und GVO-Produkten in der Landwirtschaft ist nur mit immensem bürokratischen und finanziellen Aufwand möglich. Die Hauptlast tragen nach jetziger Gesetzeslage die GVO-frei wirtschaftenden Landwirte, Verarbeiter und Händler. Dies ist ungerecht, denn derjenige der kontaminiert, müsste auch den Trennungsaufwand tragen.
Kritik von Imkern
Stellungnahme des Sprechers der Buckfastimker Sachsen- Anhalt, Bodo Baron v. Schilling (Fehler im Original)
Als Sprecher des Landesverbands der Buckfastimker Sachsen-Anhalt, sind wir gegen die Freilandversuche mit genveränderten Weizen im Landkreis Börde. Wir Imker zeigen schon seit Jahrhunderten, wie man Zucht und Forschung betreibt. Um reine Linien zu halten oder um neue Eigenschaften zu züchten, gehen wir auf verschiedene Inseln, wo Einflüsse von Außen ausgeschlossen werden können und um die vorhandene Flora und Fauna nicht zu beeinflussen. Die Forschung an genveränderten Getreide müsste auch in Gebieten stattfinden, wo die vorhandene Pflanzenwelt nicht erheblich angegriffen werden könnte und sich nicht unkontrolliert ausbreiten kann. Als Landesverband der Buckfastimker Sachsen-Anhalt werden wir alles tun um den Anbau von genveränderten Weizen zu unterbinden. Vor rechtlichen Schritten gegen die Anbauer schrecken wir nicht zurück. Wir fordern alle Bewohner des Landkreises Börde dazu auf, sich gegen diese geplanten Anbauversuche mit uns zur Wehr zu setzen. Wir sind für eine gesunde Zukunft für unsere Kinder und nicht für die Zukunft einzelner Unternehmer.

Einwendungen gegen die konkreten Versuchsfelder, z.B. zu einer gv-Kartoffel
Untersuchungszwecke sind die Freisetzungspflanzen in Üplingen offensichtlich nicht gedacht. Denn Angaben zu dem Transport der Pflanzen wurden in dem Antrag nicht gemacht. Es scheint auch unverhältnismäßig Pflanzen über 200 km zu transportieren und damit ein weiteres Risiko der ungewollten Verbreitung zu eröffnen.
Aus dem Antrag ergibt sich keine Erklärung warum die Freisetzung dieser Pflanzen in Üplingen erfolgen soll.
Zusammenfassung ... Für den Standort Üplingen ist eine Genehmigung unter allen Umständen ausgeschlossen.


Gegen direkte Aktionen hat der Schaugarten ein aufwendiges Sicherheitskonzept entwickelt - und wirbt als Dienstleistungsangebot mit seinen Fähigkeiten, Feldbewachungen zu organisieren. Die Pflanzen sind vor den Menschen also gut geschützt. Umgekehrt gilt das weniger ...


Stellenangebot im Juni 2010


Das Ganze ist auf Expansion ausgelegt. Von 2009 zu 2010 dehnte sich die Fläche vor allem von gv-Maisfeldern erheblich aus. Der Vertragsabschluss mit dem IPK samt dort angesiedelter Firmen vom 7.9.2009 könnte weitere Versuchsflächen auf die Äcker im Norden Üplingens bringen. Andere phantasieren von GVO-Schaugärten auch anderswo: "Wie die Vertreter von Innoplanta e.V. berichten, gibt es bereits Expansionspläne. Die Bundesministerien für Landwirtschaft, Forschung und Wirtschaft hätten bereits signalisiert, einen solchen Garten in jedem Bundesland einzurichten. Die Debatte um die Chancen und Risiken der Agro-Gentechnik wird weitergehen. Im Streichelzoo für GVO." (Aus einem Besuchsbericht, in: GID, Oktober 2008, S. 24 f.)


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