Polizeidoku Gießen

BUNTER.NACHRICHTEN.DIENST: UNTERDRÜCKTE NACHRICHTEN AUS GIESSEN UND UMGEBUNG

b.n.d. vom 1.10.2004


1. 2005: Die letzten Texte und Infos ...
2. Ab März 2006 für einige Zeit: Rote Laterne
3. Ab 2004: Alle b.n.d.-Ausgaben als .pdf
4. b.n.d. vom 14.3.2005
5. b.n.d. irgendwann Anfang 2005
6. b.n.d. vom 15.11.2004
7. b.n.d. vom 1.10.2004
8. b.n.d. vom 30.8.2004
9. b.n.d. vom 6.7.2004
10. b.n.d. vom 9.6.2004
11. b.n.d. vom 15.5.2004
12. b.n.d. vom 18.3.2004
13. b.n.d. vom 11.3.2004
14. b.n.d. vom 8.3.2004
15. bnd vom 17.2.2004
16. bnd vom 5.2.2004
17. Bis 2004: Der abriss ... die alten Ausgaben

Nachrichten
++ SPD bietet 1-Euro-Jobs?! ++ Wie aus der Gießener Presse zu entnehmen war, wurde in der letzten Woche ein "Desinformations"-Flugblatt (auch Fake genannt) an Haushalte rund um das Arbeitsamt verteilt. In dem Schreiben mit dem Briefkopf der SPD wurden 1-Euro-Jobs in Form von Arbeitsamts-Überwachungsschichten angeboten. In diesen Zeiten sicher ein notwendiges Unterfangen, um Menschen davon abzuhalten, ihren Zorn über den von der SPD-Regierung eingebrockten Sozialabbau an bestimmten Gebäuden auszulassen. Die SPD dementierte dies aber entrüstet: "Wir finden es ungehörig, wenn jemand auf Kosten von Menschen in Notsituationen Witze zu machen versucht."
Das findet die Redaktion auch, und wun-dert sich darüber, dass sich ausgerechnet die Ortsgruppe der SPD als Schutzpatron sozial ausgegrenzter Bürger aufspielt. Üb-rigens sucht die Redaktion zwecks Archi-vierung immer noch nach diesem Flugblatt. Wer kann helfen?
Inzwischen haben sich auch die Grünen zu diesem Thema zu Wort gemeldet, und zwar per Flugblatt in der Region, wo vorher das "Fake" verteilt wurde (schnelle Reaktion).
Sie lehnen die Bewachung des Arbeitsamtes durch ungeschulte Freiwillige ab und fordern gemäß ihrem Parteiprogramm eine Verstärkung der Sicherheitsapparate. Da weiß mensch gar nicht, was schlimmer ist: Überwachung für einen Hungerlohn oder ausgebildete Schießhunde?

++ Anzeige wg. Montagsdemo ++ Die Gießener Montagsdemonstrationen richten sich nicht nur gegen die Sozialkahlschlagpolitik, sondern auch gegen die sog. Demogebühr. Als Reaktion darauf erhielt Jörg Bergstedt jetzt für die erste Gießener Montagsdemo als einziger von inzwischen mind. 150 TeilnehmerInnen eine Anzeige. Natürlich gibt es kein Recht auf Gleichberechtigung, wenn es um Strafanzeigen gibt, aber die Selektion des Ordnungsamtes erstaunt mal wieder. Andere Teilnehmer verkündeten, sie wollten sich selbst anzeigen, wenn die Stadt dies nicht schleunigst selbst tue. Andererseits dürfte eine Verurteilung ohnehin schwerfallen, da ein sozialrassistischer Text in der Gießener Allgemeinen damals Anlass für eine Spontandemo war, die nicht anmeldepflichtig ist.

++ Rechtsstaat in Aktion ++ Die Gieße-ner Gerichte ließen sich dieser Tage nicht lumpen und hatten gleich drei Prozesse innerhalb einer Woche bei der gleichen Richterin gegen Personen angesetzt, die im letzten Jahr bei Protesten gegen die Law-and-Order-Politik beteiligt waren.

++ Ladefrist nicht eingehalten ++ Zwei der Verfahren waren sogar am gleichen Tag (15.9.) angesetzt, wovon allerdings eines gecancelt werden musste, weil die Ladung an eine falsche Adresse und somit nicht fristgerecht einging.
Vorwurf waren angebliche Verstöße gegen Auflagen sowohl beim Gießener Uto-pie-Camp 2003 als auch bei der "Inspekti-on der Licher Bereitschaftspolizei" (BePo) nach der gewaltsamen Räumung des anti-rassistischen Grenzcamps in Köln. Die Angeklagte behält sich vor, einen neuen Verhandlungstermin ansetzen zu lassen.

++ "Gemeinschaftliche" Beleidigung ++ Die ebenfalls an diesem Tag angesetzte Verhandlung, die auch tatsächlich stattfand, handelte von einer angeblichen Be-leidigung gegen einen Polizeibeamten bei besagter Lich-Demo. Die DemonstrantInnen marschierten damals vor die Kaserne der Licher Bereitschaftspolizei, um ge-gen das brutale Vorgehen der Polizei bei der Auflösung des anti-rassistischen Grenzcamps in Köln zu demonstrieren. Auf dem Vorplatz der BePos angekommen, malten die TeilnehmerInnen ihre Wut mit Kreidesprüchen auf die Straße, so auch die An-geklagte. Ein Beamter aus Grünberg (also nicht einmal Mitglied der BePo) fühlte sich durch ihr "Fuck the Police" beleidigt, und wollte seine Anzeige auch nach zweimaliger Nachfrage des skeptischen Gerichts auf keinen Fall zurücknehmen.
Obwohl die Angeklagte anhand vieler Quellen darlegte, dass "Fuck the Police" 1. ein englischer Ausspruch, also prinzipiell nicht auf deutsche PolizistInnen gemünzt, 2. ein inzwischen in Literatur und Musik gebräuchlicher Slogan und 3. auf keine/n spezielle/n Beamten/in gerichtet gewesen sei, wurde sie wegen Beleidigung zu 200 Euro Strafe verurteilt. Und zwar wegen gemeinschaftlicher Tat. Obwohl diese während der Verhandlung nie angesprochen wurde, zauberte Richterin Kaufmann diese Erkenntnis in der Urteilsverkündung quasi aus dem Talar.
Begündung: Die zu ähnlicher Zeit geschriebenen Sprüche, die "Schmeißt die Bullen in die Lahn" u.ä. lauteten, müssten in Verbindung mit dem "Fuck the Police"-Spruch gesehen werden, und deshalb sei er als persönlich aufzufassen.
Perfides Detail: Außer der Angeklagten, hat keine/r der Beteiligten eine Anzeige bekommen, obwohl andere Sprüche offensichtlich eher zu einer persönlichen Beleidigung getaugt hätten. Die Angeklagte ist jedoch schon einmal wegen Beleidigung vorbestraft, deshalb würde hier die Strafe höher ausfallen als bei Nicht-Vorbestraften. Zufall..?
Die Angeklagte trägt sich mit dem Gedanken an eine Revision wegen offensichtlicher Verfahrensfehler.

++ ACAB-Anklage eingestellt ++ Der dritte Prozess dieser Tage endete am 20.9. schon nach wenigen Minuten. Weil der ju-gendliche Angeklagte versprach, nie wieder ein ACAB-Schild bei einer Demo in die Hand zu nehmen, meinte die Richterin der pädagogische Zweck des Verfahrens sei damit schon erreicht und stellte ein. (In der links-autonomen Szene steht ACAB für den Bandnamen "All Colors are Beautiful", PolizistInnen wollen darunter allerdings "All cops are bastards" verstehen. Der Tatbestand der Beleidigung wurde kürzlich von einem Frankfurter Gericht verneint.)

++ Aufruf ++ Über die Übermittlung weite-rer solcher hanebüchenen Rechtsfälle freut sich die Projektwerkstatt (Adresse s. Treffpunkte) und KoBRA (Kooperation und Beratung zu Repressionsschutz und Anti-Repression) www.antirepression.siehe.website

++ Staatsanwalt angezeigt ++ Eine Serie von Anzeigen aus der Projektwerkstatt gegen Politik, Presse und Polizei wurde vom Gießener Staatsanwalt Vaupel ohne weitere Untersuchungen eingestellt. Deshalb stellte Jörg Bergstedt jetzt bei der Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt Anzeige gegen StA Vaupel selbst: wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt. Die Frankfurter gaben jedoch den Fall un-glaublicherweise an die Staatsanwaltschaft Gießen zurück: Soll die jetzt gegen sich selbst ermitteln..?

++ "Demogebühr" gekippt?! ++ Im Verfahren um die "Demogebühr" gab es in Gießen kürzlich die erste Entscheidung. Der Anmelder einer rechtsextremis tischen Demo in Marburg muss die Demogebühr von 200 Euro nicht zahlen, weil sie nicht verfassungskonform sei und er sich ko-operativ gegenüber den Behörden verhal-ten habe. Dieses Kriterium nannte auch schon Innenminister Bouffier als ausschlaggebend für die Verhängung einer Gebühr. Ob der schwammige Begriff der Kooperativität allerdings als allgemeingültiges Ausschlusskriterium gelten kann, ist fraglich. Außerdem gibt es schon jetzt ganz unterschiedliche Handhabungen der Gebührenverordnung: In Marburg z.B. kostet nach einem Deal mit der Stadt jede Montagsdemo 15,- Euro, obwohl die Zu-sammenarbeit ganz offensichtlich gegeben ist. Mensch darf nun gespannt sein, wie das Gießener Verwaltungsgericht mit den Klagen zweier Demo-AnmelderInnen aus der Projektwerkstatt umgeht...

++ attac und die Montagsdemos ++ Wie erstaunte attacis vor einigen Tagen aus dem Rundfunk entnehmen durften, hatte "die Organisation" alle weiteren Montagsdemos abgesagt. Weil "der Funke aus Ost-Deutschland nicht übergesprungen" sei, und die TeilnehmerInnen-Zahlen überall immer weiter ab-nähmen, wolle man nicht weiter zu De-monstrationen aufrufen.
Der Pressesprecher von attac dementierte diese Nachricht anderntags. Es sei zwar die Dynamik raus, aber attac wolle kein öffentliches Signal gegen die Anti-Hartz-Demos setzen. In der FR war zu lesen, dass attac nun zu anderen, regionalen Aktionsformen übergehe, in der Hoffnung, dass mit dem Fälligwerden des ersten ALG 2 im Januar die Wut wieder aufkoche...
Soweit so gut; gerade noch einmal die Ehre der Demonstrationen gerettet. Für die aufmerksamen LeserInnen tun sich hier allerdings mehrere Fragen auf: 1. Wer lancierte die Nachricht, dass attac aussteigen würde? Doch attac-Interne selbst oder jemand, der/die/das attac und/oder den Montagsdemos schaden wollte? 2. Selbst wenn die Mitteilung nicht aus attac-Kreisen kam, wie kommen attac-Menschen (natürlich aus der Führungsriege) überhaupt dazu, für die Menschen zu verlautbaren, ob sie weiterhin auf die Straße gehen oder sonstige Aktionen wollen? Natürlich sind Aktionen eine sinnvolle Sache (manche/r meint sogar, sinnvoller als Latsch-Demos), aber wer hat darüber entschieden?
Wieder einmal hat der attac-KO-Kreis, der Pressesprecher oder sonst jemand, der sich in der attac-Führung dazu berufen fühlte, über die Köpfe der attac-Basis eine Entscheidung getroffen. Niemand wurde vorher gefragt, es gab nicht einmal eine Ankündigung, die Montagsdemos zu the-matisieren, und es gab kein Entschei-dungsgremium, in dem sich Menschen dazu hätten äußern können. Ist das die Basisdemokratie, die attac von allen ande-ren Organisationen unterscheiden soll?
Der Vorgang ist traurig genug, noch er-staunlicher ist allerdings, dass sich nie-mand aus attac-Reihen dagegen zu weh-ren scheint. Hat es niemand bemerkt, ist solches Verhalten schon Alltag und wird toleriert oder werden hier tatächlich Men-schen gesteuert, ohne dass es ihnen be-wusst ist?
Das ist auch das Thema des ersten attac-kritischen Buches mit dem Titel "Mythos Attac", in dem die Strategien von Domi-nanz und politischer Kanalisierung durch solche Gruppen präzise aufgezeigt wer-den. Mehr hier und im Bestellbereich www.aktionsversand.siehe.website.

++ Gesucht ++ Für die offenen Projekträume in der Projektwerkstatt in Saasen werden gesucht: Aluleiter ausziehbar (ca. 2x 4-5m), Digitalkamera, Videobeamer, Isoliermaterial für Dach und Wände, große Mauersteine, leere CDs zum Brennen, Tandem, Fahrrad-Hängerkupplung, E-Gitarre und Tonabnehmer für Gitarre. Wer sowas als Sachspende hat, sollte sich melden. Spendenbescheinigung ist möglich.
Außerdem gesucht: Jemand, der schweißen kann und mit den ProjektwerkstättlerInnen zusammen einen Fahrradanhänger mit Solaranlage und Soundsystem baut.
www.projektwerkstatt.de/saasen.

Termine
www.projektwerkstatt.de/termine
Montag, 11.10. 10-16 Uhr: politisch-kritischer Empfang für Erst-SemesterInnen, Uni-Hauptgebäude, Ludwigstr. 23
Donnerstag, 21.10., 20 Uhr: Infoveranstaltung zur AntiFa-Demo am 30.10. in FfM; außerdem Infos zum vom neofaschistischen ABM geplanten "Tag der Nationalen Jugend" am 23.10. (Infoladen) www.autonome-antifa.com

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