Polizeidoku Gießen

WAS DIE GENTECHNIK-BEFÜRWORTER*INNEN VERSPRECHEN UND WAS DAVON ZU HALTEN IST ...

Mythos 4: Gentechnik fördert Nahrungsqualität und Gesundheit


1. Einleitung
2. Mythos 1: Gentechnik hilft gegen Hunger und Armut
3. Mythos 2: Gentechnik hilft den Landwirt_innen
4. Mythos 3: Gentechnik schützt die Umwelt
5. Mythos 4: Gentechnik fördert Nahrungsqualität und Gesundheit
6. Mythos 5: Fortschritt, Arbeitsplätze und die gerettete Nation
7. Mythos 6: Alles unter Kontrolle - noch keine Schäden oder Unfälle
8. Mythos 7: Alles normal - Gentechnik ist auch nur Züchtung
9. Schwätzer, Hetzer, Bauernfänger
10. Links und Materialien

Noch eine Propagandaidee zur Weltrettung wurde in das Werbeportefolio der Agro-Gentechnik aufgenommen: Durch gezielte Manipulation könnten Pflanzen veranlasst werden, Mangelstoffe zu produzieren, die dann die Versorgung mit Vitaminen oder Mineralien verbessern helfen. Klassiker dieser Debatte ist der ewige Fall "Golden Rice", dem dauerhafteten PR-Projekt der Branche, einem mit Provitamin A angereicherten transgenen Reis. Auch er wird auf der Syngenta-Website gepriesen, wobei der Eindruck entstehen könnte, er sei bereits verfügbar: „Durch gentechnische Veränderung können Reissorten entwickelt werden, die nicht nur gegen Krankheiten resistent sind und ungünstigen Umweltbedingungen widerstehen, sondern auch einen höheren Nährwert haben. In Asien, wo bereits heute für zwei Milliarden Menschen 60 bis 70 Prozent der täglichen Kalorienaufnahme durch Reis gedeckt werden, muss die Reisproduktion um schätzungsweise 200 Millionen Tonnen pro Jahr gesteigert werden. Der von Syngenta mitentwickelte 'Goldene Reis' trägt zur Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels bei, durch den in Entwicklungsländern jedes Jahr eine viertel- bis eine halbe Million Kinder erblinden." Doch es gibt diesen gv-Reis noch gar nicht als verfügbares Lebensmittel - aber in den Hirngespinsten der PR-Jongleure trägt er schon zur Bekämpfung von Augenkrankheiten bei (mehr in einer Studie zum Thema ++ Infoseite dazu). Ein Blick hinter die Kulissen enttarnt nicht nur Propagandalügen. Sondern zeigt, wie wichtig den Gentechniker_innen die Menschen, ihre Würde und Gesundheit tatsächlich ist. Die Nichtregierungsorganisation “Gentechfreies Wales“ (GM-Free Cymru) deckte auf, dass eine Forschergruppe der Tufts University in den USA heimlich Kinder in einem Versuch mit dem genetisch manipulierten “Goldenen Reis” missbrauchte. Die Details wurden auf der Internetseite für Klinische Studien der US-Regierung veröffentlicht. Eine klinische Studie in China musste vorzeitig beendet werden, nachdem die Regierung herausfand, dass 24 Kinder einer Grundschule in Henyang in der Hunan Provinz zwischen 6-8 Jahren als Versuchskaninchen den Goldenen Reis testen sollten. So menschenfreundlich agieren die selbsternannten Weltverbesserer also in der Praxis!
Nicht viel höher ist der Wahrheitsgehalt ihrer Behauptungen. Beispielhaft dürfte ein Dialog mit einem Genetiker (laut Selbstdarstellung) der Uni Magdeburg sein. Der stand am Rande des InnoPlanta-Forums 2010 und beschimpfte Gentechnikkritiker_innen, dass wegen ihnen schon "Zehntausende von Menschen umgekommen" wären. Daraufhin wurde er gefragt: "Wenn Sie Genetiker sind, könnten Sie doch sicherlich folgende Frage beantworten: Warum hat der Reis, den die Menschen dort essen, kein (pro)Vitamin A?". Seine Antwort: "Weil der Reis von Natur aus kein (pro)Vitamin A enthält?" Die Antwort war kurz - und falsch! Denn tatsächlich enthält Reis den lebenswichtigen Stoff, doch durch die industrielle Verarbeitung (Schälen) geht er verloren. Würden die Menschen auf ihrem Land für sich anbauen und den Reis vollständig verwerten, so gäb es das Problem gar nicht. Erst die Industrialisierung der Landwirtschaft schuf den Vitamin-A-Mangel. Diese Erklärung hörend, stammelte der tolle Wissenschaftler nur noch: "Sie haben keine Ahnung, ich habe das studiert" und ging von dannen. Genauso so läuft es ständig: Gentechnikbefürworter_innen, immer wieder auch hochkarätige Wissenschaftler_innen, belügen die Menschen in der Hoffnung, diese wüssten es nicht so genau. Treffen sie auf jemanden, der es besser weiß, so stammeln sie noch eine Beleidigung und ziehen schnell von dannen.

Im Original: Gentechnik und Nahrungsmittelqualität
Aus Klaus-Dieter Jany, "Gentechnik im Agrar- und Lebensmittelbereich. Stand und Perspektiven – Ein Beitrag zur nachhaltigen Produktion von Lebensmittel" (S. 27)
Die Gentechnik wird in einigen Bereichen dazu beitragen im Rahmen nachhaltigen Wirtschaftens noch qualitativ hochwertigere und neue gesundheitsfördernde Lebensmittel herzustellen. Die landwirtschaftliche Urproduktion erfolgt hierbei unter schonenderen ökologischen Bedingungen. Gentechnisch modifizierte Lebensmittel sind nicht a priori unsicher. Sie werden aber vor ihrem Inverkehrbringen intensiv untersucht. Erhalten sie die uneingeschränkte Zulassung, kann man davon ausgehen, ein Produkt zu konsumieren, das die Gesundheit nicht negativ beeinflussen wird.
Eine gesunde und bedarfsgerechte Ernährung ist bei uns nicht abhängig von Verarbeitungsverfahren oder Gewinnung der Lebensmitteln. Mit und ohne Gentechnik kommen sichere, gesunde und qualitativ hochwertige Lebensmittel in den Handel. Das falsche Eß- und Ernährungsverhalten - zu viel und zu fett- stellt das eigentliche Risiko dar. Die Gentechnik im Lebensmittelbereich stellt keine Bedrohung für unsere Gesundheit oder Umwelt dar. Die Chancen der Gentechnik zur Abwehr von gesundheitlichen und ökologischen Risiken sollten verantwortungsvoll genutzt werden.


Ein neuer Bericht für Food Watch zum Goldenem Reis-Projekt deckt die wild übertriebenen Behauptungen vom "Nutzen" des Goldenen Reis’ auf, sowie zweifelhafte Wissenschaft und technische Daten, die systematisch vor der Öffentlichkeit versteckt wurden.

Aus Michael Krawinkel, "Vom goldenen Reiskorn", in: taz am 25.5.2009
Als Beispiel für eine gelungene gentechnische Veränderung von Nahrungspflanzen wird immer wieder der "Golden Rice" genannt. Ich setze ihn in Gänsefüßchen, weil es sich bei dem Namen um einen bislang unbegründeten Euphemismus handelt. Die Entwicklung dieser Reissorte war eine züchtungstechnische Großtat gentechnischer Veränderung von Pflanzen; sie ist biotechnologisch beeindruckend und respektabel. Im Jahr 2000 war zwar zunächst so wenig Betakarotin, eine Vorstufe des Vitamin A, in den Körnern, dass nachgebessert werden musste, aber dann gab es den "Golden Rice 2", in dem 23-mal so viel Betakarotin vorhanden ist und in dem auf das Antibiotika-Resistenz-Gen verzichtet wurde. So weit, so gut.
Der Erfinder behauptete nun öffentlich, dass Gentechnikkritiker aus Europa die Verantwortung für Todesfälle und die Erblindung von Millionen Kindern in aller Welt zu tragen hätten. Eine These, die wissenschaftlich durch nichts belegt ist. Allerdings wurden seit 2004 und 2005 Humanstudien durchgeführt und teilweise abgeschlossen. Diese sollten nachweisen, wie gut der Körper das im "Golden Rice" vorhandene Betakarotin nutzen kann. Aber Ergebnisse zur sogenannten Bioverfügbarkeit wurden nie veröffentlicht. Selbst die Projektwebsite (www.goldenrice.org) verweist nicht auf eine entsprechende wissenschaftliche Publikation und berichtet bisher nur über die "erfolgreiche" Durchführung eines "human feeding trial" - ohne konkrete Ergebnisse zu nennen. Nun haben dreißig Wissenschaftler der Bostoner Tufts University kürzlich dagegen protestiert, dass bei diesen Studien gegen den Nürnberger Ethikcode als grundlegende Regel guter wissenschaftlicher Praxis verstoßen wurde: Kinder einer Grundschule in China wurden als Studienobjekte eingesetzt. Auf Druck der Regierung musste der Versuch abgebrochen werden.

Gentechnik macht alles teurer
Aus "Die heimlichen Kosten von Genfood", in: FR, 21.3.2009 (S. 17)
Die Agro-Gentechnik macht Lebensmittel teurer: Milch, die ohne Gentechnik hergestellt wird, ist rund fünf Cent teurer als das vergleichbare konventionelle Produkt, das Kilo Schweinefleisch kostet etwa sechs Cent mehr. Für unkontaminierten Mais, wie ihn die Lebensmittelindustrie im Sinne der Verbraucher von den Lieferanten verlangt, zahlen die Mühlen bis zu zehn Prozent mehr.
Millionen von Euro geben Hersteller in der EU aus, um ihre Lebensmittel von Gen-Partikeln frei zu halten: Eine Studie, die der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW am Freitag in Berlin veröffentlichte, spricht von 75 Millionen Euro, die Firmen in der EU und in Japan jedes Jahr zahlen, um sich vor Kontaminationen zu schützen. ...
Stefan Rother, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Tiefkühlkostfirma Frosta, nennt die Situation "skurril": "Wir beschäftigen uns mit Abwehrmaßnahmen für Dinge, die keiner will." Denn nach wie vor wollen 70 Prozent der Verbraucher keine Gentechnik auf dem Teller, weshalb der Handel, so Rother, zurecht kritisch sei. "Die verlangen dann von uns, die gesamte Produktpalette durchzuanalysieren", denn im europäischen Lebensmittelhandel ist die Gentechnik tabu. Kosten für Labor, Personal, Zertifikate, Trennung der Warenströme: Rother scheut die Rechnung, die Mehrkosten aufs Produkt herunterzubrechen, sagt aber: "Das sind beträchtliche Summen."



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