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REGIONALES AUS BERLIN

Berliner Initiative "Energie von unten"


1. Berliner Initiative "Energie von unten"
2. Protokoll des Treffens der AG Organisationsformen am 14.2.2001
3. WORKSHOP "Lokale Energieversorgung selbst organisieren"
4. Bericht

Bericht zum Workshop und zum Projekt "Energieversorgung von unten"
Vergangen: Einladung zum Workshop (2.-4.2.2001)
Vergilbt: Info-Veranstaltungsreihe zu Energie von unten (Herbst 2001)

1. Zum Hintergrund
In dem Workshop "Lokale Energieversorgung selbst organisieren - Ökostrom von unten" fand die im November/Dezember 2000 vom Baobab e.V. initiierte "Veranstaltungsreihe Energie" ihre praktische Fort- und Umsetzung. Bereits im Vorfeld war erkennbar, dass die letzte Veranstaltung aus der Reihe "NordAlternativen: Ökostrom von unten" mit Jörg Bergstedt (Institut für Ökologie) die Dringlichkeit und Notwendigkeit zu lokaler Organisierung "von unten" hinreichend deutlich gemacht hatte und konkrete Ideen und Beteiligung mobilisieren konnte.
Die Grundidee der bundesweiten Kampagne "Ökostrom von unten", gegen die unter den Bedingungen des weltweit liberalisierten Strommarkts zunehmende Brutalität und Anonymität der Stromproduktion eigene Netzwerke zu bilden, in denen StromproduzentInnen und -konsumentInnen gemeinsam über die Bedingungen der Erzeugung entscheiden und hiermit die Global Players der Energiepolitik entmachten, erfuhr bereits im Umfeld der Veranstaltung eine auf Berliner Verhältnisse zugeschnittene Weiterentwicklung. Zentrale Idee ist hierbei, die relativ hohe Dichte an genossenschaftlich bzw. selbstverwaltet organisierten Strukturen im baulichen Bereich zur Basis dieses Berliner Netzwerkes zu machen. Zwischen selbstverwalteten Hausgemeinschaften, die sich zusammentun und ihren Strom direkt handeln - bzw. nicht mehr handeln -, könnten perspektivisch Markt und Staat weitestgehend ausgeschaltet werden.
Während verschiedener Treffen wurde von einem kleinen Kreis Interessierter die Nachfrage nach einer Vertiefung und Konkretisierung dieser Idee im Rahmen eines Seminars artikuliert. Zusätzlich konnten mithilfe der Unterstützung des AKS e.V.[www.aks-ev.de] sowie einzelner Interessierter eine beachtliche Anzahl der unterschiedlichst motivierten TeilnehmerInnen gewonnen werden.
Bereits in der Vorbereitungsphase wurde deutlich, dass es eine hohe Bereitschaft in dem Spektrum der angesprochenen (Häuser-) Projekte gibt, an der Umsetzung einer solchen Idee mitzuarbeiten. Viele hatten sogar bereits selbst ähnliche Ideen gehabt, aber es fehlten die Infrastruktur, die Zeit, das nötige Know-how und die breite Unterstützung, um sie voranzutreiben. Die Rückmeldung der BHKW-betreibenden Projekte machte den konkreten Bedarf nach einer Lösung ihrer von Unrentabilität und Frustration gekennzeichneten Situation deutlich. Ihre Verhandlungsposition auf dem liberalisierten Markt, insbesondere gegenüber der Bewag, ist in den letzten Jahren zunehmend geschwächt worden, sodass viele Betreiber diese sich durch hohen Wirkungsgrad und somit hohe ökologische Qualität auszeichnende Stromproduktionsweise trotz hoher Investitionskosten und damit verbundener Ideale brachliegen lassen müssen. Eine garantierte Abnahme der Überschüsse von an dezentral erzeugtem Strom interessierten Projekten wäre hier eine gute Möglichkeit, die Situation der BHKWs zu entlasten und deren Kapazitäten maximal auszunutzen - und damit "Marktanteile" der Multis zu schwächen.
Hinzu kam das Interesse einiger u.a. durch Roland Schnell vom Biogas-Fachverband[www.graskraft.de] vertretenen Biogas-Produzenten aus der Region Berlin-Brandenburg, sich an einer solchen Berliner EVG unter der Zielsetzung des Stadt-Land-Verbunds zu beteiligen. Als Fernziel wurde geäußert, die ökologische Qualität des in BHKWs erzeugten Stroms dadurch zu erhöhen, dass in den BHKWs nicht fossile, sondern regenerative Energie, in diesem Fall Biogas, in Strom umgewandelt würde. Dies wäre gleichzeitig ein Beitrag zur regionalen Entwicklung.

2. Konzeption des Seminars
Das Seminar bildete auf diesem Hintergrund erstmals den Raum, in dem alle an der Idee Beteiligten und Interessierten aufeinandertrafen. Bereits in der Vorstellungsrunde am Freitagabend wurden die sehr konkreten Erwartungen der TeilnehmerInnen deutlich, mit denen sie zu der Veranstaltung gekommen waren: die Idee sollte auf Umsetzung geprüft und möglichst schnell konkretisiert werden. Bei den betroffenenen Häusern existiert ein direkter Handlungsbedarf - sowohl auf der Erzeuger- als auch auf Abnehmer-Seite. Das Thema "Ökostrom" wird von allen als sehr unübersichtlich empfunden - niemand machte sich bisher die Mühe, sich durch den Dschungel der diversen Ökostrom-Anbieter und deren nationale und internationale Konzern-Verflechtungen zu quälen - und niemand hat bisher "umgestellt".
Insofern konnten die Referate am Freitagabend weiterführende Informationen einbringen. Es gelang, den komplexen Zusammenhang zwischen internationalen Kapitalstrategien (Jens Herrmann: "Entwicklungspolitische Aspekte einer regionalen Energieversorgung"), Handlungsnormen einzelner Konzerne (Jörg Bergstedt: Ökostromanbieter im Testverfahren), Zielen einer Organisierung von unten (Kristina Bayer: Strom-EVG gegen Atomlobby) sowie möglichen Handlungsformen außerhalb durchkapitalisierter Öko-Strategien (Roland Schnell: Ökologische Aspekte einer regionalen, selbstbestimmten Energieversorgung") zu verdeutlichen.
Die für Samstag vorgesehene Arbeit der AG's wurde kurzfristig als Planspiel [Infos unter: k.bayer@berlin.de ] konzipiert. Die TeinehmerInnen konnten sich in zwei mehrstündigen Spielphasen über ihre Interessen in der zukünftigen EVG klar werden und gleichzeitig ihre Vorstellungen von Organisations- bzw. Kooperationsformen ausarbeiten. In einem Runden Tisch am Samstagabend traten sich die verschiedenen Interessengruppen (ProduzentInnen von BHKW-Strom, KonsumentInnen, BiogasherstellerInnen, eine Bürgerinitiative, die Bewag, diverse ExpertInnen) gegenüber und diskutierten das Gründungsvorhaben "Berliner Strom-EVG". Als besonders hilfreich für die Bildung klarer Argumentionen und Strategien erwiesen sich hierbei die "Bremser-Gruppen", wie z.B. die Bewag.
Trotz heftiger Diskussionen stand am Ende des Runden Tisches eine erste Präambel der EVG mit der wichtigsten Leitlinie: Der Versorgungsprozess mit langfristig 100 % regenerativer und 0 % fossiler Energie soll im Stadt-Land-Verbund ("vom Kuhstall zum Kühlschrank") selbst unternehmerisch gestaltet werden. Konsens bestand weiterhin darüber, daß die endgültige Rechts- und Gesellschaftsform sich nach den entsprechenden Inhalt zu richten haben und etwas von den realen Organisations- und Kooperationsformen Getrenntes darstellen wird. Als gemeinsames Ziel wurde auch formuliert, innerhalb der Organisation einen "Interessensausgleich" anzustreben, d.h. das unternehmerische Risiko zu streuen und im Laufe der Zeit von einem "Ihr" zum "Wir" zu kommen. Bezüglich der Forderung "100% regenerative Energie - 0 % fossile Energie" schien es realistisch, zwischen Nah- und Fernzielen zu unterscheiden (z.B. macht es vermutlich Sinn, zunächst auch BHKWs in den Verbund einzubeziehen, die mit fossiler Energie arbeiten - was unter gegenwärtigen Bedingungen alle sind).
Weiterer Klärungsbedarf besteht hinsichtlich der Fragen "Chef-Betriebe" - ja oder nein? Konsensfähig schien die Aussage zu sein, daß die Organisation der EVG möglichst hierarchiearm gestaltet werden soll, andererseits ist klar, daß die Beteiligten unterschiedliche Kompetenzen haben werden und auch haben müssen und die Arbeitsorganisation entsprechend gestaltet werden wird. Ein weiterer "Grundsatz-Dauerbrenner" der EVG wird sicherlich das Spannungsverhältnis zwischen "Ethik und Effizienz" sein, also die Frage, wie der politisch-ökologische bzw. antikapitalistische Grundansatz mit der Notwendigkeit einer Rechts- und Gesellschaftsform bzw. der Notwendigkeit unternehmerischen Handelns vereinbart werden kann.
Diese und andere Fragen sollen in den im Rahmen des Abschlussplenums am Sonntag gebildeten AGs
  • Stadt-Land-Vernetzung
  • Bedarfserhebung
  • Organisationsform
  • Ethik und Effizienz
bearbeitet werden und die "Initiative Energie von unten" die nächsten Monate über beschäftigen.

3. Auswertung
Insgesamt gelang es, während des Workshops eine angenehm gelöste, produktive Arbeitsatmosphäre herzustellen. Die Methode des Planspiels ermöglichte den TeilnehmerInnen einerseits eine zunehmende Identifizierung mit der Projekt-Idee, andererseits wurden die Anforderungen an ihr eigenes Handeln sinnlich erfahrbar und konnten sofort in Lernprozesse umgesetzt werden. Wichtige Prozesse der Projektentwicklung - Interessenskonflikte, Unstimmigkeiten, offene Fragen, aber auch Gemeinsamkeiten - konnten sozusagen im Zeitraffer abgebildet werden. Hierdurch entstand das befriedigende und motivierende Gefühl, viel geschafft zu haben und gut voranzukommen. Gleichzeitig konnte das Fachwissen jedes einzelnen maximal eingebracht werden, wodurch einerseits die Organisationsentwicklung vorangetrieben wurde, gleichzeitig aber auch ein Klima von Wertschätzung des einzelnen und guter Kooperation entstand - Grundvoraussetzungen für einen positiven Selbstorganisationsprozess.

Treffpunkt der Initiative:
Baobab e.V. Infoladen Eine Welt
Christburger Str. 38
10405 Berlin
Tel.: 030 / 442 61 74
Fax: 030 / 44 35 90 66
e-mail: info@baobab-infoladen.de

Nächster Termin: 2. März 2001, 18 Uhr

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