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GENTEC-FILZ IN BEHÖRDEN UND ÄMTERN
KOLLABORATION STATT KONTROLLE: BVL+ZKBS+EFSA ...

Kern im Behördenfilz: Julius-Kühn-Institut (JKI, ehemals: BBA)


1. 100*ig im Dienst der Agro-Gentechnik: BVL
2. Unheimliche Begegnung der dritten Art: BVL meets Verbraucher ... Akteneinsichts-Krampf
3. Kommissionen und Gremien rund um das BVL
4. Kern im Behördenfilz: Julius-Kühn-Institut (JKI, ehemals: BBA)
5. Weitere Bundesanstalten im Grenzbereich zwischen Anwendung und Kontrolle
6. Ministerien, Fachbehörden und Überwachungsstellen der Bundesländer
7. EU
8. Filz weltweit
9. Aufruf zum Protest an Universitäten, gegen Landesförderung und mehr
10. Aktionen gegen die verfilzten Behörden in Berlin 9.-15.9.2009)
11. Links und Materialien

Über das Julius-Kühn-Institut (JKI, vormals: Teil des BBA)
findet sich ein Text ab Seite 6 der Broschüre "Organisierte
Unverantwortlichkeit" (Infoseite ++ PDF)
Nordwestlich von Braunschweig wird eine ehemals bedeutsame Einrichtung langsam umstrukturiert und zu großen Teilen abgewickelt.25 Aus den Spaltprodukten entstehen an neuen Orten modernisierte Behörden. Die Forschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) und die Biologische Bundesanstalt (BBA) sind mittlerweile Institutionen der Vergangenheit. Aus ihnen entstanden ein Tierbereich (FLI), das Julius-Kühn-Institut (JKI) als neue Bundesfachbehörde für Pflanzenbau und das Johann Heinrich von Thünen Institut (vTI), welches die verbliebenen Flächen und übergreifende Institute der Ex-FAL verwaltet. Auf dem ehemaligen Rüstungsgelände der Nationalsozialisten an der Braunschweiger Bundesallee haben Freisetzungen und andere Versuche Tradition. Schon in den 90er-Jahren wurden hier genmanipulierte Pflanzen ausgesät. Bislang blieb das in der Region aber weitgehend unbekannt und wenig beachtet. Selbst in den angrenzenden Stadtteilen wussten nur wenige von den Genfeldern und den hinter ihnen stehenden Gentechnikseilschaften. Wahrscheinlich liegt das auch an der Größe des Gesamtgeländes, welches durch den viele Kilometer langen Zaun und den umgebenden Waldstreifen keine Einblicke von außen gewährt. Erst 2009 nahm der Protest in Folge einer spektakulären Feldbesetzung und einer mehrwöchigen Mahnwache vor dem Eingang zu. (Nr. 26)
Die mehrere Quadratkilometer große, mit eigenem Wachpersonal gesicherte Fläche beherbergt nicht nur Felder und Ställe. Hier sitzen wichtige Bundesbehörden - und in viele dieser Ämter reichen die Seilschaften der Gentechnik tief hinein. Das BVL, dessen verfilzte Gentechnikabteilung in Berlin sitzt, hat hier seine Zentrale. Prägender aber sind landwirtschaftliche Anstalten und Institutionen. Sie wurden am 1.1.2008 umstrukturiert und umbenannt. Für das Gelände und die Verwaltung ist fortan das vTI zuständig, in dem nur noch wenige Fachsparten angesiedelt sind. Eine davon ist das Institut für Biodiversität, an dem Prof. Christoph Tebbe Freisetzungsversuche in Kooperation mit Universitäten organisiert.
Wichtiger für die Agro-Gentechnik ist das aus den Pflanzenbaubereichen der BBA neu geformte JKI. Diese Behörde des Bundes berät das BVL und führt eigene Versuche durch. Hauptthema ist dabei das, was bei vielen Freisetzungsversuchen als Ziel benannt wird: Die Überprüfung der Sicherheit von Gentechnik. 2009 wollten vTI und JKI das Gelände für zwei Versuche nutzen. Doch das Verbot von MON81027 durchkreuzte die Pläne des JKI für einen Versuch zur Auskreuzung bei Bt-Mais (siehe Extra-Seite zu den bundeseigenen Forschungen). Die zweite Freisetzung, koordiniert von vTI und Rheinisch-Westfälischer Technischer Hochschule (RWTH) aus Aachen, war von dem Verbot nicht betroffen, da hierbei der Mais MON 89034 x MON 88017 ausgebracht wurde. Das JKI forscht aber nicht nur selbst, sondern ist auch sogenannte Benehmensbehörde, d.h. eine am Genehmigungsverfahren zur Agro-Gentechnik beteiligte Institution. Es nimmt Stellung zu allen Versuchen - zu denen von dritten wie zu den eigenen. Es berät dabei das BVL, jene Bundesoberbehörde, die eigentlich VerbraucherInnen schützen soll, deren Entscheidungsbefugte Beamte nur zu gerne Werbefilme für die zu kontrollierenden Konzerne drehen, auf Pro-Gentechnik-Messen mitwirken und für den Abbau von Genehmigungshürden (Deregulierung) bei der Gentechnik streiten. Da wäre es wichtig, wenn wenigstens die BeraterInnen unabhängig blieben. Doch auch hier Fehlanzeige! An der Spitze von BBA bzw. nun JKI sitzen ausgewiesene Gentechnikbefürworter. Präsident ist sei dem 2.9.2002 Georg F. Backhaus, der zwar auch keine Argumente für die Agro-Gentechnik nennen konnte, aber dazu aufrief, zu "erkennen, dass wir nicht auf einer Insel leben". Zentrale Figur der Gentechnikforschung am Institut ist Joachim Schiemann, dessen Liste an Ämtern und Verflechtungen riesig ist. Er gehört zu den Top-Seilschaftern, die gleichzeitig in allen Teilen des Gentechnikgeflechts sitzen.
In den Gremien des BBA/JKI saßen und sitzen Industrie und gentechnikfreundliche Medien - so im Wissenschaftlichen Beirat der Chef des BASF-Versuchszentrums in Limburgerhof, Jürgen Altbrod, der KWS-Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Büchting und die FAZ-Reporterin Caroline Möhring. Auch umgekehrt geht das: Im Lobbyverband InnoPlanta e.V. sitzen die GentechnikbefürworterInnen aller Richtungen zusammen. Da darf das JKI nicht fehlen: Thomas Kühne, Leiter des Instituts für Epidemiologie und Pathogendiagnostik, ist dort eingebunden. (Nr. 87) Direkt förderte das JKI das „Grüne Labor“ für Gentechnikexperimente auf dem IPK-Gelände in Gatersleben und ist mit zwei Personen im Gentechnikzentrum vertreten: Thomas Kühne sitzt im wissenschaftlichen Beirat, Prof. Frank Ordon im Genbankbeirat. Insgesamt ist das JKI die am meisten verflochteten Organisation der Agro-Gentechnik in Deutschland. Es gibt kaum einen Lobby-, Dachverband oder eine wissenschaftliche Einrichtung, bei der nicht irgendeinE JKI-FunktionärIn in einem Gremium sitzt.
Das Ergebnis ist wenig überraschend: In allen Stellungnahmen bei gentechnischen Genehmigungsverfahren stimmten BBA/JKI den Anträgen meist vorbehaltlos zu. Die dabei benutzte Sprache demaskiert die GentechnikerInnen als einseitige BefürworterInnen - die schon vorher wissen, was eigentlich erst erforscht werden soll. So findet sich in der Stellungnahme der damals noch BBA heißenden Behörde zum Gießener Gengersteversuch die Behauptung: „Die unbeabsichtigte und unkontrollierte Verbreitung von Samen in geringen Mengen aus Feldversuchen ist nicht ganz auszuschließen. Die gentechnisch veränderten Pflanzen stellen jedoch für Mensch, Tier und Umwelt kein Risiko dar. (">Nr. 28) Das aber ist harmlos gegenüber den eindeutigen Statements, die von pseudowissenschaftlichen Erklärungen bis zu platter Propaganda reichen.
Eine ganz praktische Variante der Seilschaften ist die Arbeitsgruppe „Anbaubegleitendes Monitoring gentechnisch veränderter Pflanzen im Agrarökosystem“, die Joachim Schiemann seit 1999 koordiniert. (Nr. 32) Deren Mitgliederliste zeigt den dichten Filz von Wissenschaft, Behörden und Firmen. Der Industrieverband Agrar, die großen Konzerne KWS Saat AG, Bayer CropScience, Syngenta Seeds, BASF, Pioneer Hi-Bred, Monsanto und DuPont und die wichtigen Kleinstfirmen in den Gentechnikseilschaften BioMath mit Geschäftsführerin Kerstin Schmidt und Genius sitzen dort zusammen mit Forschungsinstituten und allen wichtigen Behörden der Gentechnik. (Nr. 32) In dieser Mischung wurden unter anderem Fragebögen zum Anbaumonitoring entwickelt, d.h. die Methoden der Kontrolle von Genversuchen stammen von denen, die solche Versuche durchführen. Die Lücken dieses Fragebogens führten zum Verbot des MON810 durch das BVL vom April 2007.
Ähnlich dem BVL scheint das JKI - immerhin ja als Bundesanstalt mit dem Auftrag versehen, die Sicherheit der Agro-Gentechnik zu erforschen und zu überwachen - das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen. Nach dem Umweltinformationsgesetz muss das Institut seine Akten auf Antrag zugänglich machen. Im Februar 2009 stellten zwei BürgerInnen aus Braunschweig und Umland einen solchen Antrag für die geplanten und laufenden Freisetzungsversuche der RWTH Aachen und des JKI. Während die RWTH wie selbstverständlich dem Anliegen zustimmte, lehnte die Bundesinstitution JKI ab. Die absurde Begründung: „Die von Ihnen angesprochenen Versuche werden im Rahmen eines vom BMELV in Auftrag gegebenen und finanzierten Projektes durchgeführt, bei dem es sich um ein Forschungsvorhaben und nicht um einen behördlichen Vorgang handelt. (Nr. 34) Nachdem der Antragsteller Widerspruch einlegte, wiederholte das JKI diese Auffassung in der formalen Ablehnung am 7.4.2009: „Der Widerspruch soll zurückgewiesen werden. Die begehrte Akteneinsicht zu dem Projekt: ,Bundesforschungsprogramm zur Sicherung der Koexistenz' dürfte keine Umweltinformation im Sinne des § 2 Abs. 3 Umweltinformationsgesetz darstellen. Es handelt sich vielmehr, wie bereits in dem Bescheid vom 27.02.2009 mitgeteilt wurde, um ein Forschungsprojekt.“ Die Rechtsauffassung der Behörde war abwegig. (Nr. 35) Das UIG unterscheidet nicht in offizielle Vorgänge und Forschungsarbeit. Auch Universitäten müssen ihre Forschungen offenlegen - und tun das auch. Es ist bemerkenswert, dass sich ausgerechnet die Bundesbehörden vor Einblicken in ihre Arbeit fürchten. Allerdings passt das zu den dichten Seilschaften in der deutschen Gentechnik. JKI, BVL, ZKBS und die selbsternannten SicherheitsforscherInnen sind einerseits Handlanger der Interessen von Gentechnikkonzernen und -lobbyisten, andererseits aber auch selbst TäterInnen und Mitmachende im Gewirr von riskanten Anwendungen, Millionengeldern und undurchsichtigen Firmenstrukturen. Sie blieben lieber versteckt und beschimpfen sogar die, die nach geltendem Recht in ihre Akten schauen wollen: „Die verstehen Sie doch gar nicht!“ (Nr. 36)
  • Pressemitteilung der abgewiesenen AntragstellerInnen auf Akteneinsicht vom 16.4.2009)

Im Original: Aus dem Julius-Kühn-Institut
Präsident pro Gentechnik-Forschung (Aus der eigenen Internetseite von Georg F. Backhaus)
Weltweit ist die Gentechnik ein intensiv diskutiertes Thema. In Deutschland sind wir sehr zurückhaltend. Im Zusammenhang mit den Prozessen der Globalisierung müssen wir allerdings erkennen, dass wir nicht auf einer Insel leben. Dies zeigen uns auch die zunehmenden Probleme, die mit Schädlingen, Krankheitserregern oder invasiven Pflanzenarten nach Europa importiert werden. Deswegen ist eine gute Sicherheitsforschung auf breiter Ebene notwendig, wie wir sie in der Biologischen Bundesanstalt machen.

Nach eigenen Angaben wirkt das Institut bei Genehmigungen mit, u.a.:
  • Risikobewertung der Freisetzung und des Inverkehrbringens gentechnisch veränderter Organismen in Zusammenarbeit mit nationalen, europäischen und internationalen Behörden.
  • Mitwirkung bei der Erarbeitung und Bewertung von Risikoanalysen transgener Pflanzen auf EU- und internationaler Ebene, u.a. in Gremien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder der Internationalen Gesellschaft für Biologische Sicherheitsforschung (ISBR).
Auf einer Unterseite zur Biologischen Sicherheit steht zudem:
  • Das Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) ist stellungnehmende Behörde bei Anträgen zur Freisetzung und zum Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen in Deutschland; Anträge aus der Europäischen Union werden von ihr überprüft und kommentiert.

Die Ausrichtung des JKI auf die Agro-Gentechnik könnte in den kommenden Jahren noch zunehmen. 2008 wurde der Hauptsitz von Braunschweig nach Quedlinburg verlegt. Von dort aus sind es nur ca. 50 km Richtung Norden bis zum zum 'Schaugarten Üplingen', dem neuen Zentrum der Biotech-Seilschaften im Bördekreis - betrieben von der ,BioTechFarm', einer Initiative von biovativ-Geschäftsführerin Kerstin Schmidt und InnoPlanta-Chef Uwe Schrader. Schiemann, Kühne und die gentechnikorientierten Institute des JKI residieren in der ehemaligen Kreishauptstadt. Mehrere 100 Hektar landwirtschaftlicher Fläche an der BioTechFarm könnten in den kommenden Jahren als Versuchsfelder genutzt werden. Bereits 2009 unterzeichneten IPK und BioTechFarm einen Vertrag über die Nutzung des Geländes für die Aussaat von gv-Pflanzen. Das JKI wurde zudem jahrelang auf der Internetseite als 'Partner' des Gentechnik-Firmenverbundes BioOK geführt. (Nr. 37) Geschäftsführerin auch hier: Kerstin Schmidt. Die Nennung des JKI als Teil von BioOK bedeutet, dass eine Institution, die bei der Genehmigung von Freisetzungsversuchen mitwirkt, Teil derer ist, die am meisten Anträge auf solche Freisetzungen stellen. Wie wichtig das JKI als staatliche Fachanstalt den Firmenverbund und die Vernetzung mit Konzernen nimmt, dokumentiert die intensive Beteiligung an der EIGMO-Tagung vom 14.-16. Mai 2009 in Rostock. Fünf JKI-Bedienstete trafen dort auf Pioneer, BASF, Syngenta, das Firmengeflecht um das AgroBioTechnikum und die RWTH Aachen. Auch BVL und EFSA fehlten nicht. (Nr. 38)


Internetseite von BioOK mit den Partnern: Das JKI ist seit 2010 verschwunden (rechts).



Ämterhäufungs-Spitzenplatz für Joachim-Schiemann, dem staatlichen Ober-Grenzwertforscher
Über das Julius-Kühn-Institut (JKI, vormals: Teil des BBA) findet sich ein Text ab Seite 6 der Broschüre"Organisierte Unverantwortlichkeit" (Infoseite ++ PDF)
Die schillerndste Figur des JKI in den deutschen Gentechnikseilschaften ist Joachim Schiemann.29 Von 1976 bis 1991 arbeitete er am Vorläufer des heutigen IPK in Gatersleben. Von dort wechselte er zur BBA (später: JKI) nach Braunschweig, dann zum neuen Hauptsitz des JKI nach Quedlinburg. Obwohl vielfach als Gentechnik-Befürworter aufgetreten, ist Schiemann dort Leiter des ,Instituts für Sicherheit in der Gentechnik bei Pflanzen'. In dessen Selbstdarstellung werden deren Aufgaben und die Gentechnik voreingenommen als wichtige Zukunftsbranche bezeichnet: „Die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen ist weltweit auf dem Vormarsch - die wissenschaftliche, öffentliche und politische Auseinandersetzung mit dieser Thematik, die eine wichtige Zukunftsbranche für Forschung und Wirtschaft darstellt, ist daher nach wie vor aktuell. ... Die Aufgaben des Instituts leiten sich aus dem Gentechnikgesetz, dem Pflanzenschutzgesetz, hierzu erlassenen Rechtsverordnungen und den im Forschungsplan des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) festgeschriebenen Forschungsaufgaben ab. Sie umfassen insbesondere Fragen der Risikobewertung und des Monitoring von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) sowie der Koexistenz von Anbausystemen mit und ohne Verwendung von gentechnisch veränderten Pflanzen. Das Institut wirkt am Genehmigungsverfahren für die Freisetzung und das Inverkehrbringen von GVO mit. Im Rahmen von biologischer Sicherheitsforschung und freisetzungsbegleitenden Forschungsarbeiten mit Kulturpflanzen sowie des Monitoring werden Sicherheitsaspekte und mögliche Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen auf den Naturhaushalt und die nachhaltige Landbewirtschaftung untersucht. Das Institut berät die Bundesregierung, insbesondere das BMELV, in Fragen der Sicherheit in der Gentechnik und der Koexistenz. Es koordiniert die Forschungsarbeiten zur biologischen Sicherheit von GVO im Julius Kühn-Institut und im Forschungsbereich des BMELV.
Schiemann arbeitete bereits in mehreren Kontrollinstitutionen und Gremien von Geldgebern, u.a. von 2000 bis 2004 beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und ab 2003 „als Sachverständiger für die EFSA. Seine Risiko-Einschätzungen dienen der EU-Kommission und dem EU-Parlament als Grundlage für Entscheidungen zur Gentechnik“. (Nr. 30) Während er Gentechnikanwendungen prüfen und überwachen sollte, betätigte er sich gleichzeitig selbst als Entwickler und führt Versuche durch. Die Finanzierung eines Projektes, bei dem Schiemann markerfreie gv-Pflanzen entwickeln wollte, (Nr. 31) wurde 2004 durch das BMVEL gestoppt, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Forschung wurde anschließend durch Inge Broer (Uni Rostock) weitergeführt. Doch Schiemann mischte weiter mit - als Mitglied in der Gründungsphase des Vereins FINAB e.V., der die Versuche organisierte. (Nr. 18) Nachdem dies 2005 öffentlich wurde und für politische Diskussionen sorgte, strichen die Verantwortlichen seinen Namen von der Webseite des Vereins. Weiterhin verfasste Schiemann Veröffentlichungen gemeinsam mit den AgroBioTechnikum-MitarbeiterInnen Kerstin Schmidt und Jörg Schmidtke. 2009 schrieb er als Mitarbeiter einer am Genehmigungsverfahren beteiligten Bundesfachbehörde für eine Tagung ein Grundsatzpapier zur Sicherheitsforschung - ausgerechnet zusammen mit einer der wichtigsten Betreiberinnen solcher Forschungsfelder, Prof. Inge Broer, zu deren Versuchen Schiemann fachliche Stellungnahmen abgibt. In diesem Grundsatzpapier
fordern beide, Forschung solle „'Schwellenwerte' ermitteln, unterhalb derer mögliche negative Effekte vernachlässigbar sind oder toleriert werden können". Sicherheitsforschung mit gv-Pflanzen solle "in den Lehrplänen der Schulen" Aufnahme finden. Ganz offen treten sie zudem für den weiteren Aufbau der Gentechnik-Seilschaften ein, genauer für die "Etablierung eines Netzwerks von Universitäten und Forschungseinrichtungen zur Freisetzung von GVO, das von einer professionell organisierten gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit begleitet wird".
Schiemann ist Treuhänder des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME), das mit der Entwicklung von gv-Pflanzen, u.a. zu Pharmazwecken, Geld verdient. Schiemann lehrte an den Universitäten in Braunschweig und Lüneburg - an letzter leitete er ein Seminar mit dem Titel "Biotechnologie", welches aber mangels Anmeldungen ausfiel. 2010 war er dann an beiden Universitäten nicht mehr mit Lehrangeboten vertreten. Außerdem engagierte er sich in etlichen Lobbygruppen der grünen Gentechnik. Er ist Mitglied im Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (WGG), war Redner auf der ABIC2004, sitzt seit 2005 im Beirat des GMO Kompass und 2005 bis 2009 im Management Boards und Executive Committee des EU-Projekts CO-EXTRA. Seit 2006 koordiniert er das BIOSAFENET und ist Arbeitspaketleiter im EUPRRI-Projekt Science4BioReg. Am 6.6.2009 war er als Hauptredner zum Tag der offenen Tür des Biotech-Campus (am IPK Gatersleben) geladen. (Nr. 33) Mit seinen vielen Ämtern ist Schiemann ein weiterer prägnanter Fall der Kombination von Lobbyarbeit, Entwicklung von gv-Pflanzen, Forschungstätigkeit und Kontrollfunktion in einer Person. Zu allem Überfluss meldete Schiemann 1996 auch noch ein Patent auf genmanipulierte Pflanzen mit fluoreszierenden Proteinen an. Ziel dieser gentechnischen Veränderung war eine leichtere Identifizierung von gv-Pflanzen im Freiland. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er bereits fünf Jahre lang an der BBA. Seit dem Jahr 2000 gilt dieser Patentantrag als zurückgezogen. Wollte Schiemann den Eindruck vermeiden, dass er als Kontrolleur kommerzielle Eigeninteressen an der Weiterverbreitung der Gentechnik hat?

Im Original: Joachim Schiemann: Ämter und Positionen ...
Übersicht zu ausgewählten Ämtern von Joachim Schiemann (aus dem Vortrag "Monsanto auf Deutsch")


Joachim Schiemann fordert Schwellenwerte von "mindestens 1%" (Vortragsfolie von Schiemann aus 2002)


Schiemann als Mitbegründer der AgroBioTechnikum-Seilschaften
Aus "Leere Labore", in: Spiegel 41/2008 (S. 93 f.)
Gründungsmitglied des Lobbyvereins Finab ist der Mikrobiologe Joachim Schiemann, der auch fluoreszierende Gen-Pflanzen entwickelte. Im Hauptberuf ist der Braunschweiger Professor Abteilungsleiter bei der Biologischen Bundesanstalt – und er arbeitet als Sachverständiger für die EFSA. Seine Risiko-Einschätzungen dienen der EU-Kommission und dem EU-Parlament als Grundlage für Entscheidungen zur Gentechnik. Mit seiner Doppelrolle sei Schiemann „zu weit gegangen“, sagt Then. Schiemann sieht das anders: Er habe „keine kommerzielle Verbindung zur Gentechnikindustrie“. Zudem habe er die Finab verlassen, als der Verein sich „mehr in Richtung Gentechnik“ bewegt habe. Mit der Finab und dem Agrobiotechnikum wollten Schiemann, Broer und die darin versammelten Saatgutfirmen eigentlich für eine „New Economy“ in Mecklenburg sorgen und Arbeitsplätze schaffen.


6.6.2009: Joachim Schiemann als Hauptredner auf dem Tag der offenen Tür (IPK-Gelände) ++ Bericht


Schaubild mit sechs zentralen Personen im deutschen Gentechnikfilz, darunter Schiemann (Studie von Then/Lorch, S. 36)

Gefährliche Nachbarschaften
Der Hauptsitz des JKI ist 2008 nach Quedlinburg verlegt worden. Hier sitzen die Gentechnikmacher Kühne und Schiemann. Der Weg zum neuen deutschen Haupt-Versuchsstandort in Üplingen (Ortsteil von Ausleben, siehe Karte rechts) ist nicht weit - nur 50km weiter nördlich finden sich die Flächen der Gentechnikseilschaften um InnoPlanta-Chef Uwe Schrader und Mehrfach-Geschäftsführerin Kerstin Schmidt. Der Kontakt dorthin ist bereits Routine. Schiemann was Mitinitiator des AgroBioTechnikum, das JKI wurde lange alsTeil des Gentechnik-Firmenverbundes BioOK aufgelistet. Deren Geschäftsführerin Kerstin Schmidt sitzt in Schiemanns Monitoring-Arbeitsgruppe.

Im Original: Agro-Gentechnikzentren in der Börde

Oben links: Der Schaugarten in Üplingen (Gemeinde Ausleben)
Rechts oben: KWS-Firmenstandort und Versuchsfelder Dreileben sowie Syngentafeld Eichenbarleben
Links unten: JKI in Quedlinburg
Rechts daneben: IPK, InnoPlanta, SunGene (BASF-Tochter) und andere in Gatersleben
Darüber hinaus sind eine Reihe weiterer Firmen und Institute an der Agro-Gentechnik beteiligt. InnoPlanta-Chef Uwe Schrader wohnt in Wulferstedt (zwischen Üplingen und Quedlinburg.

  • Unverfänglicher Bericht über Quedlinburg mit den Träumereien der Gentechnik-Seilschaften (MZ-web am 3.6.2009)
  • Meldung am 24.9.2012: Ausgerechnet der hochverfilzte Joachim Schiemann soll eine europäische Überwachung und Auswertung der Sicherheitsforschung koordinieren.

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