Verkehrswende im Wiesecktal

ZUR KAMPAGNE "EXPO NO!" ZUR EXPO 2000 IN HANNOVER

Teil 5: Linke Medien & EXPO-Widerstand


1. Teil 1: Einleitung, Hintergrund
2. Teil 2: Die Anti-EXPO-Mobilisierungskampagne
3. Teil 3: Auswertung der Aktionswoche in Hannover
4. Teil 4: Perspektiven des Anti-EXPO-Widerstandes nach der Aktionswoche
5. Teil 5: Linke Medien & EXPO-Widerstand
6. Berliner Auswertung, Teil A: Zur Aktionswoche
7. Berliner Auswertung, Teil B: Zur Berliner Anti-Expo-Arbeit
8. Teil 8: Längerfristige Konsequenzen

Die Schärfe der Kritik zur Rolle linker Medien hat mich überrascht. Es ist gut, daß Ursachen für das Desaster der Medienberichterstattung recheriert und dargestellt wurde (Bsp. Junge Welt in RB 14, S.14/15). Das der Anti-EXPO-Widerstand gezielt unterdrückt und ignoriert wurde kann ich anhand der folgenden weiteren Rechereche zur Berichterstattung Berliner linke bis bürgerliche Zeitungen bestätigen:
  • Das Umweltmagazin Grünstift 5-6/2000, Hrsg. Stiftung Naturschutz enthält auf mehreren Seiten eine EXPO-Schwerpunktberichterstattung, die Anti-EXPO-Protestaktivitäten zur Aktionswoche Hannover und die Berliner Veranstaltungsreihe kommen sowohl in den Berichten als auch im Terminkalender garnicht vor. Die Kritik an der EXPO wird in Artikel S.1 und S.10-11 im wesentlichen auf die Frage der "Beteiligung von Umweltprganisationen und -verbände" auf der EXPO reduziert.
  • Die Umweltzeitung Rabe Ralf, Hrsg. Grüne Liga Berlin berichtet seit Jahren kritisch zur EXPO. Die Mai- und Juniausgabe enthalten mehrere Artikel, die Schilderaktion, Berliner Veranstaltungsreihe, die Aktionswoche in Hannover wird auch hier nur einmal in klein angekündigt.
  • Die Umweltjugendzeitung Juckreiz enthält in der Juniausgabe eine 10seitige EXPO-Schwerpunktberichterstattung, die Aktionen in Hannover werden angekündigt, die Berliner Veranstaltungsreihe fehlt.
  • Die HU-AStA-Zeitung HUCH enthält in der Juniausgabe nur einen kritischen Artikel zur EXPO-Frauenuni in Hannover. Sämtliche anderen EXPO-Inhalte und Protestaktivitäten sind Fehlanzeige.
  • Das gleiche in der TU-AStA-Zeitung "Bel" (unregelmäßige Erscheinungsweise). Die erste Ausgabe im Sommersemester 2000 erschien am 29.6., in der ein Artikel zur EXPO-Frauenuni und eine AStA-Gegenveranstaltungsankündigung (am 4.7.) die einzigen Informationen zur EXPO sind.
  • Obwohl seitens der Berliner Anti-EXPO-Vernetzung der AStA TU mehrfach für einen Anti-EXPO-Zeitungsartikel angefragt wurde, der AStA Finanzanträge einzelner Anti-EXPO-Aktivitäten unterstützt hatte (zuletzt Ende Juni), signalisierte der AStA: "Wir geben in diesem Semester keine Zeitung heraus". Ohne Information und Einbeziehung der interessierten Protestgruppen der Stadt erstellte der AStA dann doch Ende Juni die genannte Ausgabe ohne irgendwelche Anti-EXPO-Themen (außer Frauenuni) und Protestaktivitäten, als gäbe es den Anti-EXPO-Widerstand garnicht. Und das obwohl der AStA auf der Titelseite zur Solidarität für den schon am 18.4. (erst nach über 2 Monaten reagiert der AStA erstmals per Zeitung die Uniöffentlichkeit) festgenommenen Leiter des TU-Auslandsamtes Matthias Bergmann aufruft. Ich meine, wer Solidarität von anderen erwartet, sollte erstmal selbst solidarisch zu anderen sein und von deren Aktivitäten (z.B. Anti-EXPO-Netzwerk) in seiner Zeitung Bericht erstatten, d.h. sein Zeitungsorgan entsprechen zur Unterstützung linker Bewegungen wie früher auch zukünftig nutzen.
  • Im Berliner Stadtmagazin Zitty (ca. 300 Seiten vierzehntägig) reduziert sich die Berichterstattung auf die Vorstellung der offiziellen EXPO und zweier Berliner EXPO-Projekte (Ausg. 12/2000, S.22-24). Unter den EXPO-Adressen sind auch Hinweise zur Aktionswoche enthalten ohne eine weitergehende Darstellung zum EXPO-Widerstand.
  • Im Grünenmagazin Stachelige Argumente, Ausg. 2/2000 erschien ein kritischer Artikel von mir zu Leitbild der EXPO und Vorstellung von Anti-EXPO-Adressen und Aktionstermine April-Juli.
  • Im Bundesgrünenmagazin Schrägstrich, Ausg. 3-4/2000 sind gleich 2 ganzseitige EXPO-Anzeigen geschaltet (Eine der Bundesregierung zum größten umgesetztem Agendaprojekt), neben einem einseitigen Artikel zur EXPO-Kritik überwiegend zu EXPO-Finanzen und Vorstellung von greenoffice, www.xposition. In der folgenden Ausgabe 5-6/2000 ist wieder eine ganzseitige EXPO-Anzeige geschaltet und eine Artikel von mir abgelehnt. Statt den EXPO-Widerstand zu unterstützen glänzen die Grünen mit Rezzo Schlauchs Sommertheater für einen radikalen Positionswechsel hin zu einer meoliberalen autofreundlichen Partei - ganz im Sinne der EXPO-Macher!
  • Die Zeitung für den Atomausstieg, 4. Ausgabe, Hrsg. Ärzte für den Atomkrieg in Berlin, enthält keinerlei kritische EXPO-Informationen. Auch im Artikel für den Siemens-Boykott, S.8 wird weder der EXPO-Siemenstag noch die Siemens-Atomtechnik auf der EXPO erwähnt.
  • Die Stadtteilzeitung Steinschlag für die Innenstadtbezirke, Ausgabe 6/2000 ist ebenfals ohne jegliche EXPO-Informationen.
  • Die Tiergartener bezirkliche Stadtteilzeitung Blickwinkel, Ausg. Juli 2000, Hrsg. Stadtteilverein Moabiter Ratschlag (wird vom Bezirksamt Tiergarten u.a. für Organisation von Bürgerbeteiligung finanziert) weigerte sich trotz rechtzeitiger vorheriger Ankündigung und Abgabe einen Artikel zum einzigen Tiergartener EXPO-Projekt "Infobox" am Potsdamer Platz abzudrucken. Zeigt der Vorgang wie selbst in (ehemals) kritischen stadtplanerischen Kiezzeitungen Anti-EXPO-Informationen unterdrückt werden. Jetzt soll (noch nicht bestätigt) der Artikel in der Herbstausgabe erscheinen.
  • Die Stadtteilzeitung "de Zentrale" Ausg. Juni 2000, Hrsg. Stadtteilverein Tiergarten-Süd, Nähe Potsdamer Platz ist ebenfals ohne jegliche EXPO-Berichterstattung.
  • Die Berliner Briefe lehnten in der Juni-Ausg. einen Artikel von mir zum EXPO-Leitbild, Aktzeptanzbeschaffung und Vorstellung der Aktionswoche und Anti-EXPO Veranstaltungen ab, aber mit dem Hinweis, daß es im Juli eine Schwerpunktausgabe zur EXPO gäbe. Da zum 1. Juli die Aktionswoche und die Berliner Veranstaltungsreihe bereits gelaufen war habe ich dann um aktueller zum EXPO-Geschehen in Berlin zu sein, den auf S. 15 abgedruckten Artikel zum EXPO-Projekt "Agendawerkstatt" und EXPO-Auftaktveranstaltung am 8.6. geschrieben. Dieser Artikel wurde um 1/3 des Textes zur Atomtechnik und Agenda 21-Leitbild der EXPO gekürzt. Immerhin wurde mit dem Artikel in den Berliner Briefen erstmals "der gescheiterte Berliner Agenda-Prozeß" und der "Appell für ein Neuanfang" an sämtliche Akteure zum Thema.
  • Die INTERIM-Berichterstattung ist im Anti-EXPO-RB 14 bereits Thema. Meine wichtigen Anmerkungen:
    • Schwerpunktausgabe Nr. 503, Herausgabedatum 25.5. um 1 bis 2 Wochen zu spät
    • Berichterstattung zu Berliner EXPO-Projekten fehlt
    • Im Artikel "Expo, Biopolitik und Herrschaft" von Hans Hansen, Ausg. Nr. 503, S.19-23 wird erstmals auch in der Interim über die Zusammenhänge Kapitalismus, Herrschaft, Agenda 21 und Nachhaltigkeit berichtet.
  • Die Taz vom 27.5. enthält eine EXPO-Beilage u.a. auch mit Kurzankündigungen der wichtigsten Ereignisse zur Aktionswoche. Ein ausführliches Pressegespräch mit der Berliner Anti-EXPO-Vernetzung führte unter Vorlage sämtlicher Anti-EXPO-Informationen zum Artikel von H. Philipp Gessler am 24.5. zur berits genannten Kritik in Teil 3. Auch eine kritische Darstellung zum Berliner EXPO-Geschehen und Berliner Aktivitäten fehlt. Am 4.7. berichtete die Taz dann ausführlicher zur Kritik und Kostenexplosion am EXPO-Projekt "Agendawerkstatt". Hintergrundinformationen zum bisher gescheiterten Berliner Agenda-Prozeß werden von G. Fröhlich nicht gebracht.
  • Junge Welt: Siehe Anti-EXPO RB 14
  • Weitere bürgerliche Zeitungen: Siehe auch Pressespiegel zur Aktionswoche (Berliner Morgenpost berichtete am 2.6. zum 1.6. am ausführlichsten). EXPO-Ankündigung (mehrseitig) in Hannover Ende Mai wie in anderen Zeitungen. Kritikberichterstattung ab 4.6., als Besucherzahl abstürzte. Teilweise ähnliche offizielle Vorstellungen Berliner EXPO-Projekte wie in Zitty.
  • 3. Fernsehen, Abendschau: Kein Bericht zur EXPO-Agendawerkstatteröffnung am 5.6.. Andere EXPO-Projekte wurden in der Abendschau in Kurzbeiträgen angekündigt.

FAZIT: Die Vielzahl der Beispiele verdeutlichen die genannte Schwierigkeit einer notwendigen ausführlichen und vollständigen Berichterstattung selbst in linken Medien für einen neue komplexe Thematik!

Wie bereits im Anti-EXPO RB 14 auf S. 15 dargestellt, führen viele linke Medien ein Inseldasein, eine Recherche und Berichterstattung auf niedrigem Niveau (vom Schreibtisch aus und nicht vor Ort). Wie wollen diese Medien ihre Leser/Kunden begeistern, wenn sie sich einer seriösen, aktuellen, spritzigen umfangreichen Berichterstattung verschließen, in eine Art Beamtenmentalität ihre Kunden abwimmeln und sich nicht selbst als eine Akteur für die Bewegung (die zu unterstützen ist) verstehen. Für die einzelnen Protestgruppen dürfte es ein nicht zu leistender Arbeitsaufwand sein, nach den selbst organisierten und durchgeführten Protestaktionen auch noch den Kampf durch die Redaktionen für eine bessere Berichterstattung zu führen, zumal die Protestgruppen keinerlei Mittel dafür besitzen, die die Medien für ihre Berichterstattung verfügen.


Live-Bericht im Internet ... quasi die erste Form interaktiver Aktionsbegleitung - noch bevor es Indymedia und ähnliche Formate gab!

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