Schwarzstrafen

MODERNE FORMEN VON HIERARCHIE: FÜHRUNG IN HIERARCHIEKRITISCHEN GRUPPEN

Bewegungsagenturen und -kraken


1. Einleitung
2. Modern führen: Methoden für versteckte Dominanz
3. Assimilieren - die sanfte Übernahme
4. Herrschen, ohne dass es jemand merkt: Instrumentalisierung
5. Kontrolle der Außenvertretung
6. Geschichtsschreibung als Herrschaft
7. Bewegungsagenturen und -kraken
8. Aufstehen!
9. Von Staat und Bewegungsoligarchen gefürchtet: Unberechenbarer Protest
10. Links zu Alternativen ...

Emma Goldmann:
Wie sehr grinsen sich die politischen Kulissenschieber eins, wenn sie den Andrang der Menschen auf die neueste Attraktion in der politischen Kino-Show beobachten.

Politische Aktion wird in Hauptamtlichenapparaten, meist aus jung-dynamischen Ex-AktivistInnen zusammengesetzt, vorbereitet. Das Mitmachniveau wird immer niedriger gesetzt: Protestmails werden einschließlich der AdressatInnen vorgefertigt, Busse und Winkelemente für Demos bereitgestellt, Betreuung auf der Anfahrt und vor Ort sichergestellt. Mensch muss eigentlich nur noch überweisen und während der Teilnahme das Atmen nicht vergessen.

Aus einem Interview mit Wolfgang Hertle (u.a. Gründer der Kurve Wustrow), in: Forschungsjournal Soziale Bewegungen, 4/2013 (S. 81)
Was mir jetzt in letzter Zeit relativ oft begegnet, ist das Epertentum und die zunehmende Professionalisierung in den Bewegungen bzw. den NGOs, die sich daraus entwiceklten. Mit dieser Entwicklung geht einher, dass manche "Protest-Profis" keine Lust auf die unverzichtbare und notwendige Knochenarbeit der Auseinandersetzung mit "normalen Menschen" haben. Also die eine Seite ist die Professionalisierung der letzten Jahre, ausgefeilte Techniken, wie man große Menschenmengen dazu bringen kann, zusammen zu finden udn gemeinsam Aktionen durchzuführen, die es der Polizei schwerer machen, damit umzugehen. Die andere Seite der Medaille ist, dass eine stärkere Verbreitung oft auch mit einer Verflachung von Inhalten und Einstellungen verbunden ist.

Aus dem Digitalcourage-Newsletter vom 8. September 2016
Italienischer „L'Espresso“ berichtet: Wie Change.org unsere E-Mails verkauft
Die italienische Zeitung „L'Espresso“ hat herausgefunden, wie die Plattform Change.org Daten von Menschen verkauft, die an Online-Petitionen teilnehmen. Im April 2016 haben wir der Kampagnenplattform change.org einen BigBrotherAward verliehen. Den Negativpreis bekam das Unternehmen für sein Geschäftsmodell, personenbezogene Daten von Unterzeichner.innen zusammen mit deren politischen Meinungsäußerungen zu vermarkten. Jetzt hat die italienische Zeitung „L'Espresso“ eine Recherche aufgenommen und unter anderem die von change.org verlangten Preise für persönliche Daten ermittelt.
Wie Change.org unsere E-Mails verkauft ++ BigBrotherAward für change.org ++ Video der Verleihung


Die geistigen Grundlagen: Befürwortung von Hierarchie und Führung
Weltverbesserungs-Kapitalismus: Peter Singer und sein effektiver Altruismus
Aus einem Interview im Spiegel 32/2015 (S. 118ff)
Wenn Bill Gates 30 Milliarden Dollar in seine Bill & Melinda Gates Foundation steckt, fast die Hälfte seines Vermögens, und so die größte Privatstiftung der Welt gründet, wenn dieses Geld klug für globale Entwicklung, Gesundheit und Bildung ausgegeben wird, was wie ich glaube, der Fall ist, dann spende ich Beifall und hoffe auf Nachahmer. ...
Erhält derjenige, der es übers Meer an den Strand schafft, das Aufenthaltsrecht vor jenen, die in den Lagern Jordaniens oder des Libanon warten? Ist es ethisch zu vertreten diese Ankömmlinge zu privilegieren, nur weil sie nun einmal da sind und die Überfahrt bezahlen konnten? Ich habe es eher für gerechtfertigt, sie zurückzuweisen und stattdessen Flüchtlinge nach objektiv durchdachten Kriterien direkt aus den Lagern zu holen.


Am Ende immer das Ziel: Dominanz und Geld
Motiv all der Strategien, Hegemonie zu erreichen, andere zu Vereinnahmen und Kritik auszugrenzen, sind Dominanz (vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung) und Geld. Oft wird alles auf letzteres reduziert.


Geld, Geld, Geld ... über alles - hier der Bewegungsagentur .ausgestrahlt

Bewegung 2.0: Klicktivism, Vereinnahmung, PR

Extraseiten mit genaueren Beispielen

Aus "Die Grenzen der Schrumpfung", in: konkret3/16 (S. 36ff)
Soziale Bewegungen werden dann mächtig, wenn ihre Träger nicht aus Subkulturen kommen, sondern aus allen gesellschaftlichen Gruppen. Eine Politik für eine nachhaltige Moderne wird also nur dann erfolgreich, wenn es überall Avantgarden gibt, die eine neue Geschichte erzählen: Es müssen drei bis fünf Prozent der Unternehmer und Vorstände sein, die sich in diese Geschichte einschreiben, drei bis fünf Prozent der Unterhändler auf den internationalen Klimaverhandlungen, drei bis fünf Prozent der Staatschefs, drei bis fünf Prozent der Professorenschaft, der Lehrer, der Polizistinnen, der Anwälte, der Journalisten, der Schauspielerinnen, der Hausmeister, der Arbeitslosen usw.« – man beachte die Reihenfolge!

Vereinnahmung lohnte sich: Umwelt-NGOs gewinnen Mitglieder wegen "Hambi" - obwohl sie sich die Jahre davor immer wieder distanziert hatten
Aus "„Hambach-Effekt“ beschert Umweltverbänden Mitgliederrekord", in: Welt am 11.3.2019
Der öffentlichkeitswirksame Kampf für den Hambacher Forst und Sorgen wegen des Hitzesommers haben den Umweltverbänden in Nordrhein-Westfalen einen Mitgliederboom gebracht. 3640 Neumitglieder verzeichnete der BUND 2018 – fast dreimal so viel Zuwachs wie im Schnitt der vergangenen Jahre.
„Darin ist sicherlich der Hambach-Effekt enthalten“, sagte ein BUND-Sprecher. Der Umweltschutzverband hatte sich unter dem Motto „Hambi bleibt“ besonders für den Erhalt des Waldes im Braunkohletagebau-Gebiet engagiert und damit viele naturverbundene Menschen mobilisiert. Insgesamt zählt der BUND nun 34.204 Mitglieder.
Erhebliche Zuwächse gab es auch bei der größten NRW-Naturschutzorganisation Nabu. Allein 2018 kamen landesweit mehr als 6000 neue Mitglieder dazu.


Bewegungsstiftung
Tür an Tür mit Campact residiert die Bewegungsstiftung ebenfalls in der norddeutschen Kleinstadt Verden. Die Konzeption stammt aus den gleichen Köpfen und trägt die gleichen Ideen: Finanzgrundlagen sichern durch Hegenomie in der Protestbewegung. Stiftung und Campact ergänzen sich dabei gut. Campact bedient die spontanen Proteste und sammelt unauffällig Spenden und Adressen unter dem Deckmantel bunter Aktion oder vorgekauter Protestschreiben. Allerdings ist die Bewegungsstiftung älter und quasi der zurückhaltender agierende, strategische Kern des Verdener hegemonialen Zentrum smarter Steuerung von NGOs, Netzwerken und Kampagnen. Die Bewegungsstiftung hingegen besetzt zentrale organisatorische Positionen. Ganz offen bemühen sie sich darum, zentrale Personen in verschiedenen Teilen politischer Bewegung in ihre Finanzförderungen zu bekommen. Die müssen sich zwar dann selbst um die Einnahmen kümmern, sammeln die aber nicht direkt, sondern per Stiftung, so dass sie - wie einE ArbeitnehmerIn - geldabhängig von der Stiftung werden. Hinzu kommen Förderungen für Initiativen - grundsätzlich keine schlechte Sache, aber im Gesamtpaket doch eine bemerkenswerte Ballung von Steuerungsmitteln. Selbst zu großen, viel länger aktiven NGOs schickt die Bewegungsstiftung ihre Funktionär_innen und macht Beratungen für eine Neuausrichtung der Organisationsstrukturen. Davon berichtete z.B. die Robin-Wood-Zeitung in ihrer Ausgabe 3/2011 ganz offen. Und sie nannte auch die zwei Personen, die Robin Wood auf Kurs brachten - darunter ein Stifter. Das bedeutet politischen Einfluss per Geld statt Kompetenz - eine zusätzliche Annäherung an den kapitalistischen Normalzustand immer größerer Teile politischer Bewegung.
Ausnutzen müssen die BewegungsmanagerInnen um Campact und Bewegungsstiftung ihre Macht gar nicht. Die Schwäche selbstorganisierten Protestes hat den Hauptteil aller Unzufriedenen längst zu antriebslosen MitläuferInnen gemacht, die geradezu darauf hoffen, dass von irgendwo her Protestmöglichkeiten angeboten werden, die möglichst einfach sind - vom Mausklick bis zur organisierten Busfahrt zwecks Händchenhalten auf irgendwelchen Deichen. Das für Protest heute regelmäßig Geld zu zahlen ist wie für den Gang ins Kino, vollendet die Ähnlichkeit solcher Vorgänge.

Aus einem Text von Wiebke Jahanning, Pressesprecherin der Bewegungsstiftung, in: FR, 16.11.2010
Protestbewegungen sind ein gutes Zeichen für unsere Demokratie. ...
Es kommt darauf an, zwischen solchen Klientel-Protesten und Bewegungen, die sich für das Wohl aller einsetzen, zu unterscheiden. ...
Bewegungsstiftung ... Gegründet wurde sie von Menschen, die selbst in Bewegungen aktiv waren - und erlebt haben, was diese erreichen können. Sie haben aber auch erlebt, dass Bewegungen scheitern können, wenn Geld oder eine klare Strategie fehlen. Hier setzt die Stiftung an und fördert Kampagnen finanziell und mit Beratung. Ziel ist es, Bewegungen zu mehr Stabilität zu verhelten und ihnen auch über Flauten hinwegzuhelfen. In solchen Phasen sind Vollzeitaktivisten wichtig. Sie bilden das Rückgrat von Bewegungen und verfügen über eine Menge Erfahrung.


  • Mediale Dominanz: Film über 4 AktivistInnen - alle in der Bewegungsstiftung dabei (taz, 16.2.2013, S. 13)
  • Absurd: Einer der vier ist Dieter Lehmkuhl, Stifter bei der Bewegungsstiftung. Er gab kurz danach (21.2.2013) in der FR ein Interview. Überschrift: "Stiftungen haben zu viel Macht" ... aber da meinte er wohl nur die anderen ...

Aus der Anfangszeit
Die Bewegungsstiftung ist aus dem gleichen Umfeld wie der NGO "attac" entstanden. Die Ziele der Vereinnahmung von Bewegung sind auch hier sichtbar. Sehr offensiv wird mit Plakaten vor allem von Basisgruppen geworben, während das Konzept der "BewegungsarbeiterInnen" eher die Eliten in den politischen Gruppen stärkt und von den Zusammenhängen um Bewegungsstiftung, Attac und das Ökozentrum Verden abhängig macht.

Das Gründungsgeld stammt vor allem aus der AllerWohnen Genossenschaft, einer Firma im ethischen Geldanlagebereich. Partner ist zudem die versiko AG, die als eine der profit- und marktorientiertesten Geld- und Versicherungsmaklerfirmen im Ökobereich gilt. Im ersten Jahr (2001) gab die Bewegungsstiftung aus:
  • 11.700 DM an Förderungen
  • 35.000 DM für die Organisation und Werbung für die Stiftung

Die Gelder waren Ende 2001 wie folgt festgelegt: 40.000 DM als Festgeld bei der Umweltbank. 150.000 DM als Festgeld bei der Bank für kleine und mittelständische Unternehmen (BkmU), 175.000 DM als Aktien im Ökovisions-Fonds und 150.000 DM als Aktien der Sonne und Wind AG (versiko).

Die StifterInnen können Projekte verhindern, Geld ist Macht.

Zu BewegungsarbeiterInnen
Durch ihr langjähriges Engagement verfügen sie über herausragendes Wissen und Erfahrung, damit verbunden aber potentiell auch über großen Einfluss und Dominanz. ... Unser Wissen um die Probleme ändert nichts an unserer grundsätzlichen Überzeugung, dass VollzeitaktivistInnen - wir nennen sie BewegungsarbeiterInnen - wichtig für den Erfolg sozialer Bewegungen sind. Wir denken vielmehr, daß das es das Problem ist, dass es so wenige von ihnen gibt.

Orientierung auf Geld als Machtmittel
... scheiterte eine Volksabstimmung über die EXPO nur knapp mit 48% zu 52%, weil die GegnerInnen der EXPO nicht in der Lage waren, eine systematische Öffentlichkeitskampagne zu organisieren. ... Nur einige zehntausend Mark haben damals gefehlt, um die EXPO 2000 zu verhindern. Für uns war es im letzten Jahr frustrierend mitanzusehen, dass zehn Jahre später viele AktivistInnen ihre Energie aufgewendet haben, gegen ein Ereignis zu protestieren, das mit Hilfe einer Bewegungsstiftung hätte verhindert werden können.
Anmerkungen dazu: Dieser Absatz zeigt, wie eindeutig Bewegung instrumentalisiert wurde. Die Kreise, die die Bewegungsstiftung (und auch Attac) initiierten, haben am Widerstand gegen die Expo 2000 nicht mitgewirkt. Vielmehr haben sie eine Nähe zu solchen NGOs und Gruppen, die auf der Expo mitwirkten. Zudem war es gar keine Volksabstimmung, sondern wurde von der rotgrünen Koalition zu einer unverbindlichen Volksbefragung heruntergestuft. DAS war der Hauptgrund für Schwächen bei der Mobilisierung - und ein Zeichen, daß Widerstand, nicht aber Wirken im System sinnvoll sind. Rotgrün sind aber zu nahe an der Bewegungsstiftung als daß diese deren taktische Winkelzüge als Grund für das Scheitern der Abstimmung benennen würden ...

Macht durch Geld
Die StifterInnen können ein Votum zu den Vorlagen des Stiftungsrats abgeben und die Förderung eines Projektes oder einer Kampagne durch ihr Veto verhindern.

Quelle: www.bewegungsstiftung.de

Im Original: Vorstellung und Kritik in der Contraste
Texte in der Contraste Oktober 2003
Die Bewegungsstiftung - Anstöße für soziale Bewegungen

Soziale Bewegungen wie die Friedens-, Anti-Atom- und globalisierungskritische Bewegung haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung und öffentlicher Wahrnehmung gewonnen. Die Kampagnen und Projekte sozialer Bewegungen bleiben jedoch häufig hinter ihren Möglichkeiten zurück. Dies liegt einerseits an schwierigen politischen Rahmenbedingungen und der Macht ihrer Gegenspieler in Wirtschaft und Politik. Fehlende finanzielle Ressourcen und unzureichend Know-how etwa in den Bereichen Strategießentwicklung und Evaluation, Öffentlichkeitsarbeit oder Fundraising verhindern zudem ein effektives und nachhaltiges politisches Engagement - gerade in der Entstehungsphase. Den Aktiven mangelt es allzu oft an einem differenzierten Verständnis der Mechanismen sozialen Wandels. Die Bewegungsstiftung will einen Beitrag zur Überwindung dieser Probleme leisten.
Ein Artikel von Christoph Bautz
Der 15.2.2003 ist zum Synonym für das Entstehen einer globalen Friedensbewegung geworden. 500.000 Menschen unterschiedlichster gesellschaftlicher Herkunft und politischer Weltanschauung gehen in Berlin auf die Straßen; mindestens 15 Millionen sind es weltweit. Viele Medienberichte konstatieren, die US-Regierung habe wieder einen globalen Gegenspieler bekommen - die Weltöffentlichkeit. Gleichzeitig spricht sich der UN-Sicherheitsrat gegen eine militärische Intervention im Irak aus. Bush und Blair sind für Tage in die Defensive gedrängt. Doch nach diesem fulminanten Erfolg kann die Friedensbewegung besonders in Deutschland nicht mehr richtig nachlegen. Die unzähligen dezentralen Aktionen, festigen zwar die kriegskritische Stimmung. Sie erreichen jedoch bei weitem nicht mehr die Durchschlagskraft und öffentliche Wahrnehmung des 15. Februar.
Sicher hätte es Möglichkeiten gegeben, den Konflikt mit bedachten und gut koordinierten Schritten öffentlich weiter zu eskalieren. Als nächstes an vier Orten bundesweit Grossdemonstrationen zu organisieren und die Millionengrenze zu nehmen. Wenig später mit 10.000 Menschen die US-Airbase Rhein-Main zu blockieren. Wieso ist dies der deutschen Friedensbewegung nicht gelungen? Es fehlte eine klare Strategie und eine effektive Koordination, um die lokalen, bundes- und weltweiten Aktivitäten aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus sind Großaktionen mit einem erheblichen finanziellen Risiko verbunden, und es ist gut nachvollziehbar, dass viele davor zurückschrecken oder nicht in der Lage sind, dieses Risiko zu tragen.

Cash und Köpfchen sind gefragt
Die Friedensbewegung ist mit ihren Schwächen kein Einzelfall. Das Fehlen einer durchdachten Strategie sowie Geldmangel sind hauptverantwortlich für das Scheitern vieler sozialer Bewegungen. Genau an dieser Stelle setzt die im März 2002 gegründete Bewegungsstiftung mit ihrer Arbeit an. Sie fördert insbesondere Projekte und Kampagnen, die sich durch neue Methoden oder Inhalte auszeichnen und Lösungsansätze für bestehende Defizite sozialer Bewegungen aufzeigen. Außerdem unterstützt die Bewegungsstiftung Kampagnen zumeist in deren Startphase, denn viele innovative Ansätze scheitern in einer Situation, in der die öffentliche Wahrnehmung für das Kampagnenthema noch gering ist. Hat die Kampagne die erste kritische Durststrecke hinter sich gelassen, so ist es mit Hilfe einer professionellen Spendenwerbung möglich, für die entsprechende Finanzierung zu sorgen. Mit der "Movement Action Success Strategy" (MASS) gibt die Bewegungsstiftung Kampagnen das Know-How an die Hand, die Wirkungsweise sozialer Bewegungen zu ergründen und erfolgreiche Kampagnenstrategien zu entwickeln. In MASS sind wichtige Erkenntnisse der Bewegungsforschung der letzten Jahrzehnte eingeflossen. Als anwendungsorientiertes Konzept stellt es eine Schnittstelle von Wissenschaft und konkretem politischem Handeln dar.

Das erfolgreiche Förderprojekt: resist
Ein sehr erfolgreiches Förderprojekt ist die Kampagne "resist", die Sitzblockaden mit mehreren tausend Menschen gegen den Irak-Krieg organisierte. Die Realisierung von "Resist" wäre ohne die Unterstützung durch einige StifterInnen der Bewegungsstiftung viel schwerer gewesen. Mit einem Darlehen mit Ausfallbürgschaft in Höhe von 20.000 € griffen die SifterInnen der Kampagne in ihrer Startphase finanziell unter die Arme. Erklärtes Ziel von "resist" war es, massenhaften Zivilen Ungehorsam als eine erfolgreiche Methode wieder in der Friedensbewegung zu etablieren. Diesem gewaltfreien aber konfrontativen Mittel kommt besonders in einer Phase große Bedeutung zu, in der es gilt, die Öffentlichkeit für ein Problem zu sensibilisieren oder den nötigen öffentlichen Druck zu erzeugen, um ein bestimmtes Politikergebnis zu erzielen. Ziviler Ungehorsam ist aber nur dann zu legitimieren, wenn er die bestehende Rechtsordnung akzeptiert und nur eingesetzt wird, wenn massive Verstöße gegen das Völkerrecht oder die Menschenrechte vorliegen.
Außerdem wollte resist politischen Druck erzeugen, bevor die politischen Entscheidungen gefallen waren. Damit orientierte sich die Kampagne an den in "MASS" diagnostizierten Defiziten der Friedensbewegung und versuchte diese Fehler zu vermeiden - mit Erfolg. "Resist" demonstrierte die Wirksamkeit und Effektivität von massenhaften Zivilen Ungehorsams und forcierte dadurch das erfolgreiche Comeback dieses seit den 80er Jahren in der Friedensbewegung nicht mehr eingesetzten Protestmittels.
"Resist" war ein Erfolg auf ganzer Linie: Lange bevor die übrige Friedensbewegung öffentliche Aufmerksamkeit erlangte, hatte resist schon mehrere tausend Selbstverpflichtungen von Menschen gesammelt, die sich an Aktionen Zivilen Ungehorsams beteiligen wollten. Mit diesen Absichtserklärungen trat die Kampagne in Pressekonferenzen und mit Aktionen an die Öffentlichkeit und unterstützte so die Mobilisierung der Friedensbewegung. Während der Hauptmobilisierungsphase der Friedensbewegung wurde aus der Ankündigung Wirklichkeit. Jeweils mehrere tausend Menschen beteiligten sich an gewaltfreien Sitzblockaden von resist vor der US-Airbase Rhein/Main und an verschiedenen anderen Militärstandorten. Die Medienresonanz war überwältigend. Und auch finanziell ging die Rechnung auf. Das Darlehen der StifterInnen konnte in vollem Umfang zurückgezahlt werden und steht nun zur Finanzierung weiterer Aktionen Zivilen Ungehorsams zur Verfügung.

Anstiften - die StifterInnnen
Die Handlungsfähigkeit jeder Stiftung ist stark abhängig vom Umfang ihres Kapitalstocks. Die Bewegungsstiftung hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Nach fünf Jahren soll ihr Kapitalstock stolze fünf Millionen Euro umfassen. Ein Jahr nach Gründung sind die ersten Schritte schon getan: Fast 50 StifterInnen haben insgesamt 700.000 € in das Stiftungskapital eingebracht. StifterInnen werden Menschen verschiedener Generationen, Lebenssituationen und Weltanschauungen. Junge Erben, von einem unerwarteten Geldsegen verunsichert, treffen zusammen mit Immobilienmaklern, die noch der 68er Generation verhaftet sind. Kinderlose Ehepaare auf der Suche nach der sinnvollen Verwendung ihres Ersparten lernen Erben kennen, die zu ihrer vermögenden Identität stehen und sie im Sinne ihrer politischen Ideale einsetzen. Sie alle sind froh, progressiv denkende Menschen in vermögender Lebenssituation treffen und austauschen zu können. Viele der StifterInnen gehen gleich noch einen Schritt weiter und beteiligen sich aktiv am Aufbau der Stiftung.

Geldanlage nicht nur mit grünem Anstrich - ethisches Investment durch die Stiftung
Viele Stiftung haben in ihrer Konzeption einen blinden Fleck: Sie legen großen Wert darauf, möglichst hohe Renditen zur Förderung ihrer jeweiligen Ziele zu erreichen. Doch ihre Kapitalanlage steht diesen Zielen häufig diametral entgegen. Wenn die Bewegungsstiftung etwa mit Renditen aus einer Geldanlage bei der Deutschen Bank indigenen Völkern beim Widerstand gegen ein von dieser Bank finanziertes Staudammprojekt in Amazonien unterstützen würde, dann bisse sich hier die Katze in den Schwanz. Stattdessen sieht die Bewegungsstiftung ihr investiertes Kapital als ein ebenso wichtiges Mittel an, um politischen Wandel zu erzielen, wie die ausgeschütteten Renditen. Die Kapitalanlage der Stiftung ist daher an strengen sozialen und ökologischen Kriterien ausgerichtet. Gleichzeitig hinterfragt die Bewegungsstiftung die jeweiligen Veränderungspotentiale von ethischem Investment. Offensichtlich erbringt eine Investition in einen ethischen Sektor, in dem ein Überangebot anlagesuchenden Kapitals vorhanden ist, wenig politischen Wandel. So legen in der Regenerative-Energien-Branche mittlerweile konventionelle Investoren ohne jegliche ethische Motivation ihr Kapital an, da relativ hohe Renditen locken. Die Bewegungsstiftung will daher besonders alternativen Projekten Kapital zur Verfügung stellen, die auf niedrig verzinste Kredite angewiesen sind, beispielsweise das Mietshäusersyndikat in Freiburg, die Bremer Stadtkommune Alla Hopp und das Hamburger Hotel Schanzenstern. Trotzdem muss die Bewegungsstiftung auf einigermaßen hohe Rendite achten, wenn die Stiftung ihre finanzielle Leistungsfähigkeit bewahren und gleichzeitig noch Fördergelder ausschütten will. Die Stiftung verfolgt deshalb eine breit gestreute Anlagepolitik. Das Portfolio besteht aus niedrig verzinsten Anlagen bei Alternativprojekten und aus "konventionellem" ethischen Investment in der regenerativen Energien-Branche und in ethischen Fonds.

Fulltime für politischen Wandel - BewegungsarbeiterInnen
Um einzelne direkt und unbürokratisch in ihrem sozialen, politischen oder ökologischen Engagement effektiv zu unterstützen, hat die Bewegungsstiftung ein spezielles Förderinstrument entwickelt - ein Patenschaftsprojekt für einzelne AktivistInnen. Sogenannte "BewegungsarbeiterInnen" erhalten finanzielle Mittel von der Bewegungsstiftung, um sich voll und ganz ihrem Kampf für einen gesellschaftlichen Wandel widmen zu können. Gleichzeitig soll so ein zentrales Problem sozialer Bewegungen überwunden werden: die hohe Fluktuation der Bewegungsaktiven. Für viele Menschen ist Aktivität in einer sozialen Bewegung lediglich auf einen bestimmten Lebensabschnitt begrenzt. Familiäre Zwänge, Berufssuche und Auseinanderbrechen des sozialen Umfeldes lassen langfristiges politisches Engagement als kostspieligen Luxus erscheinen. Kompetente und erfahrene Personen verlassen so immer wieder die sozialen Bewegungen, in denen sie jahrelang aktiv waren. Die BewegungsarbeiterInnen werben mit dem Qualitätssiegel der Bewegungsstiftung PatInnen, die monatlich mit einem bestimmten Betrag eine/n BewegungsarbeiterIn unterstützen. Zu den derzeit sieben BewegungsarbeiterInnen zählen die Anti-Atom-Aktivisten Jochen Stay und Holger Isabelle Jänicke, die türkische Antimilitaristin Ferda Ülker, der Attac-Aktivist Sven Giegold und Jürgen Heiser, der sich für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzt (siehe Interview).

Die Struktur der Stiftung
Die Bewegungsstiftung betritt mit ihrer demokratischen Struktur in der bundesdeutschen Stiftungslandschaft Neuland. Sie bricht mit der in anderen Stiftungen häufig omnipotenten Stellung der StifterInnen im Stiftungsrat als dem zentralen Entscheidungsorgan. Zum einen erhalten die geförderten Projekte im Stiftungsrat eine Stimme. Hierdurch soll den Bedürfnissen der geförderten Projekte mehr Gehör geschenkt werden. Gegenwärtig sind diese durch den Anti-Atom-Aktivisten Jochen Stay vertreten. Zum zweiten hat auch der wissenschaftliche Blickwinkel auf soziale Bewegungen eine Stimme im Stiftungsrat. Der Bewegungsforscher und Soziologe Prof. Dieter Rucht ist derzeit für diese Position nominiert. In Zukunft soll eine Person von einem Fachbeirat delegiert werden. Über den Rat der StifterInnen können alle StifterInnen auf die Entscheidungen des Stiftungsrates Einfluss nehmen. Sie haben derzeit Susann Haltermann in den Stiftungsrat delegiert. Des weiteren sind zwei Personen des öffentlichen Lebens in den Stiftungsrat berufen - der Journalist Mathias Greffrath und die Feministin und Soziologin Dr. Gisela Notz.
Es ist das Hauptanliegen der Bewegungsstiftung, häufig festzustellende Defizite sozialer Bewegungen zu überwinden - einerseits eine fehlende oder lediglich rudimentär entwickelte Strategie, andererseits ihr permanenter Geldmangel. Der Weg, der zu einer erfolgreichen und effizienten Arbeit sozialer Bewegungen führt ist lang. Die Bewegungsstiftung hat in den letzten Monaten begonnen, erste Schritte dieses Weges zu gehen.. Die bisherigen Ergebnisse des sozialen Engagements sind vielversprechend. Kampagnen wie "resist" belohnen Aktive und Stifter gleichermaßen. Vor allem aber führen sie dazu, dass schnell und unbürokratisch gehandelt wird, wo Handeln nötig ist.


Kritischer Kommentar zur Bewegungsstiftung
Organisierung von unten statt immer neue Eliten
Wer fördert wie wen mit welchen Zielen und Wirkungen? Diese Frage müssen sich alle Strukturen stellen, die sich zur Aufgabe setzen, andere zu unterstützen: Verbände, Stiftungen, autonome Zentren, Netzwerke, Medien usw. In einer emanzipatorischen politischen Bewegung (das zu sein, behaupten fast alle politischen Gruppen) müßte als Ziel immer auch gelten, die Möglichkeiten von Menschen zur freien Entfaltung und zum gleichberechtigten Zugang zu Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Hier setzt die grundsätzliche Kritik an der Bewegungsstiftung an. Mit ihren Förderstrategien stärkt sie genau nicht die "Organisierung von unten", also die Verbesserung von Handlungsmöglichkeiten und Know-How zur selbstorganisierten Aktion, sondern sie fördert und schafft gezielt Eliten, verbessert deren Handlungsmöglichkeiten und schafft einen Rahmen für eine Steigerung der Unterschiedlichkeit im Zugang zu Ressourcen. Das prägnanteste Beispiel ist die Idee der "BewegungsarbeiterInnen". Hier werden Menschen zusätzlich gestärkt, die ohnehin schon deutlich überdurchschnittlich engagiert sind, die deutlich überdurchschnittliche Handlungsmöglichkeiten, Zugang zu technischer Infrastruktur, zu Wissen und zu Informationen haben, die über deutlich überdurchschnittlich entwickelte Beziehungen zu anderen wichtigen AkteurInnen in politischer Bewegung, aber auch in staatlichen Stellen (EntscheidungsträgerInnen, Fördertöpfe usw.), zu Stiftungen und anderen haben.
Auch die sonstige Förderpraxis passt dazu. So werden vor allem große Kampagnen, die ohnehin z.B. von den großen bürgerlich-liberalen Zeitungen (von der euro-militaristischen FR über taz, Spiegel und Zeit bis zur "Saddam Hussein muß bleiben"-Junge Welt) ständig zu den Führungsprojekten gemacht werden, zusätzlich noch mit Geld ausgestattet. Was das bewirkt, macht das Beispiel "resist" sehr deutlich. Es erscheint mir keineswegs positiv, dass hier ein Label in kürzester Zeit zum Vorzeigeprojekt gehypt wurde - wie ein "Nike" der Friedensbewegung. Das schmälert nicht das Engagement vieler Aktiver, aber an wichtigen Schaltstellen von "resist" ging es um etwas ganz anderes: Binnen kürzester Zeit sollte ein Label geschaffen werden, das Menschen einbindet, Spenden einbringt und Publicity schafft. Der Aufbau einer handlungsfähigen sog. Friedensbewegung war dabei schlicht egal: Es wurde nicht auf die Unterstützung vieler eigenständig handlungsfähiger Basisgruppen gesetzt, sondern die Menschen und Gruppen sollten das Projekt "resist" unterstützen, wie es von den VordenkerInnen durchgeplant und vorgegeben war. Auch die sog Friedensbewegung ist alles andere als ein Erfolg, die es ohnehin so nur in den Medien und bei den Eliten politischer Bewegung gibt, die gern im Namen der von ihnen herbeigeredeten, einheitlichen Masse sprechen. Dass zu einem Konsum-Event wie der Demo am 15.2. viele Menschen kommen, ansonsten aber sehr wenig und nur immer dasselbe läuft, ist eher ein betrübliches Zeichen denn ein Grund zum Jubeln. Das Problem ist auch nicht, wie von der Bewegungsstiftung behauptet, dass weitere Massenveranstaltungen gefehlt haben, sondern das der selbstorganisierte Protest nicht stattfindet. Hinzu kommt eine beunruhigende inhaltliche Peinlichkeit, die sich in den Reden und Transparenten vom 15.2. ebenso wie an vielen anderen Stellen niederschlug. Zitat Schorlemmer: "Wir sollten uns wünschen, dass Joschka Fischer seine Arbeit im Auftrage dieser Regierung gut und besonnen macht" (Riesenjubel). Das Gerede von Völkern, das Lob der deutschen Position zum Irakkrieg und vieles mehr zeigen, dass politische Analyse ausfällt zugunsten von platten Mobilisierungen, Massenevents und Einschaltquoten.
"Resist" ist dabei nur ein Beispiel. Die Bewegungsstiftung ist Teil einer durchdachten Strategie, politische Bewegung einheitlicher zu formen - als Kanalisierung zugunsten bestimmter, politisch sehr zurückhaltender Ziele, und aus Eigennutz. Es ist wichtig für das Verständnis der Bewegungsstiftung, zu bemerken, dass hier ein sehr kleiner Kreis von Menschen unter verschiedenen Gruppennamen versucht, politisches Engagement für bestimmte Ziele und für sich selbst zu benutzen. Resist, die Pressesprecher bei Castorprotesten, Attac, die Bewegungsstiftung, die Bewegungsakademie und einige mehr bestehen im Kern aus den gleichen Personen. Ihre Methodik ist immer gleich: War nicht Attac das gelungene Projekt, einen bunten, breiten, widerständigen, aber (noch) orientierungslosen Haufen von protestierenden Menschen und Gruppen in eine einheitliche Form zu gießen, die plötzlich nicht mehr gegen den Kapitalismus, sondern für die Tobin Tax eintrat? Wo auf Massenevents den Eliten dieser kanalisierten Bewegung zugejubelt wird und nicht einmal mehr auffällt, wenn Superstars wie Sven Giegold in Interviews sich mit Peinlichkeiten ständig selbst übertreffen (z.B. seinen Aussagen, dass er den amerikanischen Kapitalismus schlecht findet und mehr auf den dänischen steht, oder dass er es eine andere Welt findet, wenn ein paar Länder die Schulden gestrichen bekommen und die Tobin Tax eingeführt wird; umfangreiche Zitatesammlungen unter go.to/tobin-tax).
Die Eliten, die hinter den verschiedenen Gruppen stehen, fördern sich über dieses Geflecht gegenseitig. Die BewegungsarbeiterInnen der Bewegungsstiftung sind oft FunktionärInnen der anderen Gruppen und Kampagnen. In den Beiräten sitzen mit Leuten wie Rucht, Richter, Altvater und anderen immer wieder dieselben, inzwischen penetrant langweilenden Redenhalter, deren frühere Verdienste ich nicht schmälern, deren langweilige Stereotypen ich aber als Top-Redebeiträge auf Kongressen und Demos nicht mehr ausstehen kann. Da ist dann nur noch das I-Tüpfelchen auf dem Filz, dass kaum bekannt ist, dass fast überall als formale Struktur ein ganz kleiner Verein aus der Verdener Hochburg dieser modernen Bewegungskanalisierung steht namens Share e.V.
Ich meine, wir brauchen nicht die strategische Steigerung von Elitenstrukturen, sondern die Entwicklung einer breiten, unabhängigen und handlungsfähigen Bewegung. Eine, die gar keine VorturnerInnen mehr braucht, die ihre Themen und Kampagnen als Kooperation zwischen handlungsfähigen und gleichberechtigten Gruppen und Projekten entwickelt. Die Bewegungsstiftung steht für die strategische Modernisierung des Typus "Greenpeace": Die Massen haben als willfährige Schafe darauf zu warten, was ihre Eliten an Ideen und Aktionsformen vorgeben - ob nun mit einer formalen Hierarchie (wie in den alten NGOs) oder mit den modernen Mitteln der Kommunikations- und der Finanzsteuerung. Die Massen werden zu Events und zu örtlichen Unterstützungsaktionen aufgerufen. Sie dürfen Fahnen und Wimpel schwingen, spenden und Unterschriften sammeln - aber es ist nicht ihr Ziel, selbstorganisiert aktiv zu sein. Warum eigentlich wundert das niemand, dass dem ewigen Gerede von den erfolgreichen Organisierungen wie Attac, Resist usw. überhaupt keine spürbare Entwicklung von örtlichen Protesten entgegensteht? Wo ist die Bewegung eigentlich - außer auf den platten Massenevents wie der 14.9.2002 in Köln oder der 15.2. in Berlin?
Darum halte ich die Bewegungsstiftung nicht für einen Fortschritt. Ich werde sie akzeptieren als einen Ansatz, der der Überzeugung einiger Menschen entspricht. Die bürgerlichen NGOs oder die meisten linksradikalen Zusammenhänge sind kein Stück besser. Überall sichern Eliten ihren Abstand zu den anderen - durch Geld, Passwörter, Schlüssel, Hausrecht, Informationsmonopolisierung, intransparente Planungen und Treffen. Ich will etwas anderes und werde an etwas anderes mitwirken: Der "Organisierung von unten", wo das Ziel ist, dass viele (am besten alle) einen guten und gleichberechtigten Zugang zu Handlungsmöglichkeiten, Infrastruktur und Ressourcen haben. Ich bin auch nicht durch den Satz "Wir wollen doch alle dasselbe" von dieser Kritik abzubringen. Dieser Satz gehört zu dem modernen Kommunikationsmitteln der Eliten. Sie leben davon, dass Kritik an ihnen nicht aufkommt.
Jörg Bergstedt, Red. Umweltschutz von unten


Gekauft?
Die Bewegungsstiftung nimmt Eliten aus verschiedenen Bewegungsteilen als "BewegungsarbeiterInnen" in ein Lohnverhältnis. Dabei werden solche Personen bevorzugt, die in den Bewegungen die politischen und strukturellen Ziele der Verdener JungmanagerInnen-Clique und ihrem Umfeld absichern. Besonders auffälliges Beispiel ist Jochen Stay, der gern als gewaltfreier Anarchist auftritt, aber seit Jahren für Attac und NGOs die Werbetrommel rührt. Er sitzt im Stiftungsrat der Bewegungsstiftung und wird von dieser seit Jahren als Bewegungsarbeiter finanziert. Hier folgen Jubeltexte ders"Eingekauften":

Im Original: Jubel bei Jochen Stay (stiftungs-finanziert)
Die Renaissance der Protestbewegungen von Jochen Stay
2003 war ein Jahr der Massenproteste und des neuen Selbstbewusstseins politischer Basis-AktivistInnen
Galten Straßenproteste und Bürgerinitiativen lange als Relikt der 60er bis 80er Jahre, so hat sich inzwischen eine muntere und mutige neue Protestgeneration auf den Weg gemacht, die etablierte Politik aufzumischen.
Zwei Wochen im November 2003: Großdemonstration gegen den Sozialabbau in Berlin, anhaltende Proteste gegen Castor-Transporte nach Gorleben und die globalisierungskritische Bewegung trifft sich zum Europäischen Sozialforum in Paris. So geht ein Jahr zu Ende, das bereits mit einer Massenbewegung begonnen hatte: Von Januar bis März waren bundesweit Hunderttausende fast jedes Wochenende mit bunten PACE-Fahnen gegen den Irak-Krieg unterwegs, mit dem Höhepunkt der größten Demonstration in der Geschichte der Bundesrepublik - am 15. Februar waren in Berlin 500.000 Menschen auf der Straße.
Was da in den letzten Jahren entstanden ist, lässt sich mit "Generation Attac" umschreiben, ohne diese Generation damit auf die Organisation Attac zu beschränken. Diese Protestgeneration besteht einerseits aus vielen jungen Menschen, aber auch aus erstaunlich vielen, die nach Jahren der Resignation neu aktiv geworden sind - im Osten wie im Westen der Republik. Diese Generation ist über die Grenzen von Staaten und auch über die Grenzen unterschiedlicher politischer Milieus und Kulturen hinweg kooperativer als alles, was es in den Jahrzehnten davor gegeben hat.
Und diese "Generation Attac" überwindet auch mühelos die thematischen Grenzen traditioneller Protestbewegungen. Sie wendet sich gegen Krieg, Umweltzerstörung, globale Ungerechtigkeit und Sozialabbau, ist immer dort aktiv, wo es gerade am Nötigsten ist. Die Zeit der Ein-Punkt-Bewegungen ist vorbei - zumindest was die aktive Basis angeht.
Noch nie war die Teilnahme an einer Protestveranstaltung so normal wie heute. War das Demonstrieren in der "alten" Bundesrepublik noch ein Ausdruck von Gegenkultur zum herrschenden Mainstream und führte vielerorts zu heftigen Familienkonflikten, so werden heute viele Jugendliche von ihren Eltern geradezu ermuntert, auf die Straße zu gehen. Das verbessert einerseits die Situation von Protestbewegungen, nimmt ihnen aber auch einen Teil ihrer Wirkung. Wer nicht mehr provoziert, wird auch in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen.
Fünf Jahre nach dem Regierungseintritt der einstigen "Bewegungspartei" Bündnis 90/Die Grünen haben sich die sozialen Bewegungen davon erholt, dass ihnen vormals wichtige MitstreiterInnen abhanden gekommen sind. Längst wurde aus dem Jammern über grünes Umfallen in der Militär-, Atom- oder Sozialpolitik ein neues Selbstbewusstsein. In vielen Politikfeldern sind die Aktionsgruppen, Initiativen und NGOs wieder zu einer Art außerparlamentarischer Opposition geworden. Das muss kein Nachteil sein und so wird diese Rolle von vielen AktivistInnen offensiv angenommen. Sie sind dabei zu lernen, wie sich trotzdem politische Erfolge erzielen lassen, spielen immer öfter professionell auf der Klaviatur zwischen Lobbying, Massenprotest und Zivilem Ungehorsam.
Die erstaunlichste Entwicklung der letzten Jahre ist, dass sich die Protestbewegungen wieder zutrauen, dicke Bretter zu bohren. Zwar existiert bei vielen Aktiven von heute im Gegensatz zur früheren westdeutschen Bewegungs-Linken kein anderer Gesellschaftsentwurf mehr im Hintergrund. Aber wenn beispielsweise Attac heute mit dem einerseits diffusen aber andererseits ehrgeizigen Slogan "Eine andere Welt ist möglich" agiert, dann zeigt dies schon, das man bereit ist, sich mit den Mächtigen in Wirtschaft und Regierungen anzulegen, auch wenn ein kurzfristiger Erfolg nicht in Reichweite ist.
Dass gerade auch junge AktivistInnen bereit sind, sich trotz revolutionärer Ungeduld auf den langwierigen Weg des Ringens um wirkliche Veränderungen zu machen, ist eine der ermutigenden Eigenschaften aktueller Bewegungen. Noch vor Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass in unzähligen deutschen Städten bunte Aktionen gegen einen Vertrag der Welthandelsorganisation (WTO) zur Liberalisierung von Dienstleistungen (GATS) stattfinden.
Neben der Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft "Wir kleinen Leute können ja doch nichts ändern" gibt es immer mehr Menschen, die bereit sind, für Veränderungen einzutreten, nach dem Motto: Besser ich mache den Versuch, etwas zu bewegen, als einen schlechten Zustand unwidersprochen hinzunehmen. Sprengkraft könnte diese Tendenz dann entwickeln, wenn ein relevanter Teil der Betroffenen des aktuellen Sozialabbaus sich dieser Haltung anschließt.
Jochen Stay, ist Anti-Atom- und Friedensaktivist, Bewegungsarbeiter und im Stiftungsrat der Bewegungsstiftung. Der Beitrag erscheint am kommenden Freitag, den 14.11. in einer Beilage zur taz, die die Bewegungsstiftung herausgibt.

(Quelle: www.bewegungssstiftung.de)

Aus dem Text "Generation attac" aus (ganzer Text hier ..., Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/2005, S. 455 ff.)
Vor fünf Jahren wurde Attac Deutschland gegründet. Gleichzeitig erleben wir in den letzten Jahren so etwas wie die Renaissance der Protestbewegungen ... Die "Generation attac" ist eigentlich eine Mischung unterschiedlicher Protestgenerationen. Sie besteht einerseits aus vielen jungen Menschen, aber auch aus erstaunlich vielen Älteren, die nach Jahren der Resignation neu aktiv geworden sind - übrigens im Osten wie im Westen der Republik. Dadurch entsteht ein brisanter Mix aus jugendlichem Elan und vielfältiger Protest-Erfahrung. ... Die Zeit der Ein-Punkt-Bewegungen ist vorbei ... Ideologisches Klein-Klein und Abgrenzungsrituale gehören vorerst der Vergangenheit an. War es bisher eine treffende Karikatur linken Sektierertums, wie im Kinofilm "Das Leben des Brian" die "Judäische Volksfront“ und die "Volksfront von Judäa" gegeneinander arbeiten, so haben diese nun zueinander gefunden und arbeiten mit vielen anderen Organisationen und aktiven Menschen in einem lockeren Netzwerk gemeinsam für eine gerechtere und friedlichere Welt. ... War früher die Gruppe für viele die Keimzelle oder die Verheißung einer neuen Gesellschaft, oder doch zumindest eine effektive Arbeitsform, so bestimmen heute vor allem emotionale Werte den Zusammenhalt auch einer politischen Gruppe. Da geht es um den Erlebniswert, manchmal auch den Kuschelfaktor - also die Frage, wie nahe mir die anderen Gruppenmitglieder emotional stehen. Macht es Spaß, mit denen zusammenzuarbeiten? Manchmal geht es auch ganz direkt um die Möglichkeit der Partnerwahl. ... Den Rekordteilnehmerzahlen bei Demos und Aktionen stehen teilweise schwache organisatorische Kerne vor Ort gegenüber. Zwei Jahre nach der größten Demo in der Geschichte der Bundesrepublik - gegen den Irakkrieg im Februar 2003 - gibt es erschreckend wenig aktive lokale Friedensinitiativen. Und auch die Zahl der halbwegs vorbereiteten Bezugsgruppen, die sich an den Blockaden der Castor-Transporte beteiligen, nimmt stetig ab, obwohl sich gleichzeitig seit einem Tiefpunkt im Herbst 2001 jedes Jahr mehr Menschen auf die Straße vor Gorleben setzen.

Im Text erwähnt er zwei Beispiele zum Mitmachen: www.campact.de und www.bewegungsstiftung.de. Beides Projekte aus der Gruppe von JungmanagerInnen, die auch den medialen Hype von Attac organisiert haben und Politik als Marketingprojekt sehen.

Alle Zitate aus Broschüren und Faltblättern der Bewegungsstiftung, u.a. erster Rundbrief Dez. 2001 und "Das Konzept" (Jan. 2002).


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