Schwarzstrafen

STAATSMACHT UND WIDERSTAND: GENLOBBY SCHÜTZEN, KRITIKERINNEN AUSSCHALTEN

Schutzhaft & Co.: Einschüchtern mit Tradition


1. Gentechnikmafia bestellte Polizeiaktionen gegen KritikerInnen
2. Weitere Prozesse gegen GentechnikgegnerInnen
3. Gerichtliche Nachspiele: Pro Polizeigewalt, gegen Protest
4. Protest behindern: Zivil- und Verwaltungsgerichte verhängen Protestverbote
5. Schutzhaft & Co.: Einschüchtern mit Tradition
6. Pressefreiheit? Fehlanzeige! Schutzhaft und Strafverfahren gegen JournalistInnen
7. Überall
8. Der Staat und seine willigen VollstreckerInnen - sichere Bank für die Gentechnik
9. Links

Dokumentation zum Gewahrsam am Gengerstenfeld 2006
Die FeldbefreierInnen vom 2. Juni 2006 wurden direkt nach der Aktion eingesperrt.

Widerspruch gegen die Gewahrsamnahmen legten die Betroffenen Widerspruch ein. Aus dem Widerspruch eines "Feldbefreiers":
Zur Behauptung von Polizei und Amtsgericht, die Inhaftierung sei nötig, weil noch Teile des Genversuchsfeldes heil sind:
Würde das Antreffen auf frischer Tat im Sinne der vorgenannten polizeirechtlichen Vorschrift ausreichen, so könnte jeder beliebige Ladendieb, der auf frischer Tat angetroffen worden ist, in Gewahrsam genommen werden. Stets könnte damit argumentiert werden, dass in den Einzelhandelsgeschäften noch genug Ware vorhanden sei, um weitere Ladendiebstähle zu begehen oder solche fortzusetzen.

Zur Frage, ob überhaupt eine rechtswidrige Handlung vorlag, oder ob nicht der Genversuch rechtswidrig war:
Das Amtsgericht konnte in seinem Beschluss vom 03.06.2006 keine Feststellungen darüber treffen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich eine Straftat begangen hat.
Dies ergibt sich auch nicht aus dem streitigen Vorbringen der Polizeibehörde.
Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer die genmanipulierten Pflanzen beschädigt bzw. zerstört hat. Darin könnte eine strafbare Sachbeschädigung gesehen werden, wenn der Beschwerdeführer rechtswidrig gehandelt hätte.
Die Rechtswidrigkeit der Handlung des Beschwerdeführers wird jedoch vorliegend durch die Tatbestandsmäßigkeit seines Handelns nicht indiziert.
Zur Frage der Rechtmäßigkeit des Anbaus der genmanipulierten Pflanzen auf dem Gelände der Justus-Liebig-Universität Gießen verhält sich der angefochtene Beschluss nicht.
Die Polizeibehörde hat zur Rechtmäßigkeit des Anbaus nichts vorgetragen. Soweit die Polizeibehörde behauptet, es handle sich um einen aus Bundesmitteln finanzierten Freisetzungsversuch der Justus-Liebig-Universität (Bl. 59 d. A.), folgt daraus nicht die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Es wird nicht einmal vorgetragen, dass für den die natürlichen Lebensgrundlagen gefährdenden Versuch die erforderliche Genehmigung vorliegt und welchen Inhalt diese ggf. hat (siehe auch Art. 20a GG).
Nach Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich um einen verfassungswidrigen und daher rechtswidrigen Eingriff, der die natürlichen Lebensgrundlagen mit unabsehbaren Folgen belastet und allein unter gewerbsmäßigen Gesichtpunkten erfolgt.
Der Beschwerdeführer beruft sich daher auf einen rechtfertigenden, jedenfalls aber entschuldigenden Notstand.
Der Anbau der manipulierten Pflanzen durch die Justus-Liebig-Universität Gießen erfolgt widerrechtlich. Beweis: Einholung eines Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen.
Der Feldversuch der Justus-Liebig-Universität Gießen, der von Herrn Dr. Karl-Heinz Kogel geleitet wird, hat unabsehbare negative Folgen für Mensch und Natur. Es ist mit einer massiven Schädigung der Lebensgrundlagen der in Mittelhessen lebenden Bevölkerung zu rechnen. Beweis: wie vor.
Dies gilt insbesondere, wenn es zu einer ungehinderten Fortpflanzung der genmanipulierten Pflanzen kommt. Beweis: wie vor.
Die von der Justus-Liebig-Universität unter Leitung von Herrn Dr. Karl-Heinz Kogel getroffenen Sicherungsmaßnahmen gegen eine unkontrollierte Fortpflanzung des genmanipulierten Pflanzenmaterials sind absolut unzureichend. Beweis: wie vor.
Unter diesen Umständen kann von einer Rechtmäßigkeit des Feldversuchs nicht die Rede sein.

Zur Frage, ob eine Inhaftierung "unerlässlich" und damit gerechtfertigt war:
Dem nunmehr noch einmal ausdrücklichen bestrittenen Vorbringen der Polizeibehörde kann nicht entnommen werden, dass die Ingewahrsamnahme des Beschwerdeführers unerlässlich war. Nicht nachvollziehbar ist auch die Feststellung des Amtsgerichtes, warum andere Möglichkeiten nicht erfolgversprechend "erschienen".
Zu dem insoweit relevanten Sachverhalt fehlt es bereits an einem konkreten Vortrag der Polizeibehörde. Feststellungen zur Unerlässlichkeit der Ingewahrsamnahme hat das Amtsgericht nicht getroffen.
Was das Amtsgericht in diesem Zusammenhang mit dem Begriff "erscheinen" gemeint hat, ist nicht nachvollziehbar. ...
Unter Zugrundelegung dieses Sachverhaltes, sind die an der Feldbefreiungsaktion betroffenen Personen einschließlich des Beschwerdeführers auf frischer Tat betroffen worden, wie sie eine vermeidliche Straftat begingen.
Es stellt sich schon die Frage, ob dieser Sachverhalt ausreichte, um die Personen vorläufig festzunehmen. Eine vorläufige Festnahme wäre zur Feststellung der Personalien der Beteiligten in Frage gekommen.
Dem Akteninhalt kann jedoch entnommen werden, dass der Beschwerdeführer der Behörde als Person bekannt ist und eine gesonderte Personalienfeststellung daher nicht erforderlich war.
Haftgründe lagen offensichtlich nicht vor.
Keinesfalls war im Übrigen die Ingewahrsamnahme des Beschwerdeführers im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit "unerlässlich". ...
Der Polizeibehörde war die geplante Feldbefreiungsaktion spätestens seit dem 23.05.2006 bekannt. Wenn die Polizeibehörde anlässlich dieser Aktion die Begehung von Straftaten befürchtete, hätte sie darauf mit milderen Maßnahmen reagieren können.
Insbesondere wäre gegenüber dem Beschwerdeführer der Ausspruch einer Platzverweisung nach § 31 HSOG in Betracht gekommen.
Davon ging die Polizeibehörde höchst selbst aus. Dies ergibt sich aus folgendem Sachverhalt, den der Unterzeichner persönlich wahrgenommen hat:
Am 03.06.2006 fand vor dem Amtsgericht Gießen die Anhörung des Beschwerdeführers statt. An diesem Anhörungstermin nahmen für die Polizeibehörde die Herren Hofmann und Lutz teil. Sie führten Handakten der Polizeibehörde mit sich. In diesen Handakten befand sich eine Verfügung nach § 31 HSOG die Verfügung datierte vom 02.06.2006. Sie ist von Herrn Pompe als Bearbeiter vorbereitet worden. Damit sollte dem Beschwerdeführer untersagt werden, sich bis zum 31.08.2008 in einem im einzelnen bezeichneten Bereich der Stadt Gießen rund um das Versuchsfeld aufzuhalten.
Beweis: 1. Zeugnis des Herrn Hofmann, zu laden über die Polizeibehörde,
2. Zeugnis des Herrn Lutz, ebenfalls zu laden über die Polizeibehörde,
3. Zeugnis des Herrn Pompe, zu laden über die Polizeibehörde,
4. Vorlage der gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfügung vom 02.06.2006 durch die Polizeibehörde.
Der Polizeibehörde war bewusst, dass mildere Maßnahmen in Betracht kamen. Beweis: wie vor.
Sie hätte zunächst den Platzverweis gegen den Beschwerdeführer erlassen können. Erst wenn der Beschwerdeführer den Platzverweis nicht beachtet hätte, hätte ggf. mit einer Ingewahrsamnahme des Beschwerdeführers reagiert werden können, sofern mildere Mittel nicht in Betracht gekommen wären.
Die Polizeibehörde hat nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein Platzverweis als milderes Mittel von vorne herein aussichtslos gewesen wäre. Solche Umstände waren der Polizeibehörde auch nicht bekannt. Beweis: wie vor.
Insbesondere hat die Polizeibehörde nicht vorgetragen, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit gegen ihn ausgesprochene Platzverweise nicht beachtet hätte. Tatsächlich war das nicht der Fall. Beweis: wie vor.
Die bekannten Umstände sprechen dafür, dass die Polizeibehörde mildere Mittel bewusst nicht ergriffen hat, um den Beschwerdeführer mit der Ingewahrsamnahme zu bestrafen.
Solche Maßnahmen werden durch die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und die dort geltende Strafprozessordnung nicht gerechtfertigt. Die vom Beschwerdeführer wegen des Protestes gegen die Gefährdung und Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen erlittene Freiheitsentziehung war daher nicht rechtsmäßig.


Polizeistellungnahme zum Widerspruch


Die Behauptung "unerlässlich" erfolgt erneut ohne Begründung. Völlig erfunden ist die Sache mit der Harke.

Frei erfunden. Die Polizeibeamten stürzten sich wortlos ins Getümmel und zertrampelten viel der Gen-Gerste (danke schön dafür!).

Wiederholung der falschen Behauptung wie vorher ... und einfach mal so dahingeschrieben "Einem Platzverweis hätte er nicht Folge geleistet". Begründung? Braucht die Gießener Polizei nicht ...


Beschluss des Landgerichtes Gießen zum Unterbindungsgewahrsam nach der Feldbefreiung (24.8.2006, Az. 7 T 241/06)




Außerdem: Zur Frage des Notstandes hatte eine Rechtsanwalt einiges vorgetragen. Das Gericht beschloss dazu Ablehnendes. Siehe hier ...

Presse-Echo zur teilweisen Feststellung der Rechtswidrigkeit (anklicken für größere Darstellung)


Weiterer Beschwerdeweg
Das Landgericht hatte nur die erste Phase des Unterbindungsgewahrsams für rechtswidrig erklärt. Für den Rest gingen die Betroffenen in die nächste Instanz - schließlich wirkt es äußerst seltsam, wenn eine rechtswidrige Haft einfach in eine rechtmäßige übergehen kann.

Das Polizeipräsidium Mittelhessen nahm dazu wiederum Stellung und bejammerte, dass sie sich doch so bemüht hätten. Es könne doch nicht sein, dass etwas rechtswidrig ist, obwohl sie sich bemüht hätten. Das macht ein bemerkenswertes Rechtsverständnis auf. Eine Inhaftierung soll demnach rechtmäßig sein, wenn sie zwar rechtswidrig (in diesem Fall sogar verfassungswidrig) ist, aber die Polizei sich bemüht hätte, es anders zu machen. Sprich: Der beste Fall für die Polizei ist, wenn ihr Handeln (mangels Erreichbarkeit von RichterInnen) gar nicht überprüft wird. Dann darf sie - so ihre eigene Rechtseinschätzung - machen, was sie will. Aus dem Schreiben:

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Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung
Nach dem Beschluss des Landgerichts hat einer der Beteiligten, dessen Gewahrsam für rechtswidrig erklärt wurde, Strafanzeige gestellt. Auszug:




Theatergruppe nervt: Festnehmen!
Lieber mal einmal mehr festnehmen als einmal weniger - nach diesem Motto handelt die Polizei auch anderswo. Die Blindheit führt aber manchmal zu offensichtlichen Pannen. So bei der großen Feldbefreiungsaktion im Oderbruch (Juli 2007). Die Polizei nahm schon vor der Attacke auf ein Maisfeld einen "Reporter" der Straßentheatergruppe Mars-TV fest. Der hatte einen Maiskolben als Mikrophon dabei. Er wurde wie die späteren FeldbefreierInnen und weitere Unbeteiligte stundenlang festgehalten und nervte die BeamtInnen durch weitere Theatereinlagen der Marke "MarsTV". Am Ende hatte die Polizei den Überblick verloren - und der Widerspruch des Betroffenen zu seiner Verhaftung machte dann die Kiste zu: Die Polizei behauptete, er sei auf dem Maisfeld verhaftet worden, hätte dort MON810-Mais zertrampelt und den Maiskolben von dort mitgebracht. Nicht dass das eine schlechte Aktion gewesen wäre - aber der Betroffene hat ein ziemlich gutes Alibi: Er war zu der fraglichen Zeit schon in Haft. Die Polizei hat nun aber ein Problem: Wenn sie so offensichtlich Beschuldigungen aus dem Bauch heraus erhebt, dürften alle anderen Anklagen auch wenig wert sein.


Aus dem Schreiben des Polizeipräsidiums Frankfurt/Oder (S. 1 oben, S. 2 unten)



Doch der Betroffene reichte Klage ein - und so musste die Polizei, die offensichtlich genau wusste, wie rechtswidrig ihr Verhalten war, Zug um Zug einräumen, dass sie falsch handelte, um eine Niederlage vor Gericht zu verhindern. Das sang- und klanglose Ende folgte am 19.2.2008 in einem Schreiben des Polizeipräsidiums Frankfurt/Oder:

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